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Zärtlicher Sturm

Zärtlicher Sturm

Titel: Zärtlicher Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Lumpen? Meine Güte, Mr. Lucas, ich sehe gräßlich aus. Ich wollte mir vor dem Essen ein Abendkleid anziehen, aber dann hatte ich nicht mehr die Zeit dazu.«
    Lucas grinste vor sich hin. Der Mann, der sie sah, wenn sie sich besonders schön gemacht hatte, war zu bedauern. Er stellte sich hinter sie, und als ihr schwacher Duft in seine Nase stieg, kam er kaum gegen den Drang an, sie zu berühren. Doch statt dessen griff er zu einem Geschirrtuch.
    »Ich helfe dir beim Abtrocknen.«
    Dieses Angebot überraschte sie. Er wollte sie nicht übermäßig belasten, jedenfalls noch nicht. Ihr dankbares Lächeln war allein schon die Mühe wert. Sie konnte so reizend aussehen, wenn sie lächelte.
    Nach dem Abtrocknen setzten sie sich wieder an den Tisch, und Lucas, der einen weiteren Kaffee ablehnte, holte eine Flasche und ein Glas aus einem Regal, ehe er sich setzte.
    Sharisse runzelte die Stirn. »Tust du das oft?« fragte sie zögernd, während sie einen Blick auf den Whisky warf.
    »Ich kann dir absolut versichern, daß ich kein Trinker bin, wenn es das ist, was dich beschäftigt.«
    »Es tut mir leid.« Sharisse schlug die Augen nieder und war verlegen. »Es war eine aufdringliche Frage.«
    »Es ist dein Recht, das zu wissen.«
    Sie sah ihn wieder an. »Dann bist du jetzt vielleicht bereit, mir alles zu erzählen?«
    Er lehnte sich mit dem Whiskyglas in der Hand nachdenklich zurück. »Wir wurden in St. Louis geboren, mein Bruder und ich. Die Familie mütterlicherseits war eine der prominentesten der Stadt. Mutter ist gestorben, und nach ihrem Tod wollte unser Vater, Jake, nichts mehr mit ihrer Familie zu tun haben. Er ist mit uns nach Arizona gegangen. Das Gold und die Aussicht auf eigenen Reichtum haben ihn hierhergezogen.«
    »Er war Goldgräber?« Sharisse war erstaunt, obwohl sie wußte, daß es keinen Grund dafür gab. Seit den frühen fünfziger Jahren hatte das Gold Tausende von Menschen in den Westen gelockt.
    Lucas nickte. »Mein Bruder und ich saßen in einer Pension in Tucson fest, während er in den umliegenden Bergen Gold suchte. Ärgerlicherweise hat er Gold gefunden. Sogar viel davon. Das hat ihn das Leben gekostet. '66 ist es passiert.«
    »Willst du damit sagen, daß er umgebracht worden ist?«
    »Ja, wegen seiner Mine.« Er nickte.
    »Aber hätte der Claim dann nicht an seine Söhne fallen müssen?«
    »Von Rechts wegen ja, und daher mußte man sich auch unserer entledigen.«
    Sie konnte einfach nicht glauben, wie beiläufig er all das erzählte. »Was hast du getan?«
    »Ich bin schleunigst aus der Stadt abgehauen.« Lucas wandte den Blick ab und sprach dann weiter. »Sloan, der Mann, der unseren Vater erschossen hat, war uns dicht auf den Fersen, um reinen Tisch zu machen, könnte man sagen.«
    »Mein Gott! Was muß er für ein Ungeheuer gewesen sein, Jagd auf Kinder zu machen? Du kannst damals nicht älter als elf oder zwölf gewesen sein.«
    »Zehn, um es genau zu sagen«, sagte er grimmig. »Er war ein gedungener Mörder, ein Mann, der für Geld mordet, ohne nach den Gründen zu fragen. Im Westen gibt es einige von dieser wahllosen Sorte.«
    »Ihr seid ihm entkommen?«
    »Nicht direkt. Es wurden Schüsse abgefeuert, und mein Bruder ist in einen Felsspalt gefallen. Da Sloan direkt hinter mir war, konnte ich nicht umkehren und nach ihm sehen. Ich mußte weiterreiten. Aber als ich Sloan erst abgehängt hatte, hatte ich mich verirrt. Ich brauchte Tage, um den Weg zu der Stelle zu finden, an der Slade gestürzt war, und inzwischen war keine Spur mehr von ihm zu sehen. Mir blieb nichts anderes übrig, als nach St. Louis zu reiten und zu hoffen, daß er dasselbe getan hatte.«
    »Und dort hast du ihn gefunden?«
    »Er ist nie dort aufgetaucht.« Es herrschte Schweigen. »Ich bin in St. Louis bei einer Tante geblieben, in dem Glauben, Slade sei tot. Es ist noch gar nicht so lange her, seit er mich schließlich gefunden hat.«
    »Warum hat er so lange damit gewartet?«
    »Er war von einer Art Gedächtnisverlust befallen. An das meiste konnte er sich klar erinnern, aber er wußte nicht mehr, daß wir in St. Louis Familienangehörige hatten, und auch nicht, was aus mir geworden war. Er wußte nicht, ob ich tot oder am Leben war oder auch nur, wo er die Suche nach mir hätte beginnen sollen. Ein weiteres Problem war natürlich Sloan – er konnte sich in keiner Stadt zeigen, weil er fürchten mußte, Sloan könnte ihn sehen.«
    »Und was hat er getan?«
    »Er ist allein in der Wildnis geblieben. Er hat in den

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