Zärtlicher Sturm
das leuchtend rote Mal auf ihrer Wange sah.
Einen Moment lang hielt Sharisse den Atem an und war nicht sicher, gegen wen sich sein Zorn richtete. Dann explodierte er. »Ich bringe sie um!«
»Ich bin nicht verletzt, Lucas«, versicherte ihm Sharisse.
»Warum weinst du dann so schrecklich?«
»Ich weine über das, was ich getan habe. Oh, es war einfach gräßlich!« Wieder strömten Tränen aus ihren Augen. »Ich hätte ihr nicht nachgehen sollen. Ich hätte auf dich hören sollen. Aber ich hätte nie geglaubt, daß sie handgreiflich wird.«
Er setzte sich neben sie und zog sie in seine Arme. »Fiona lebt nach anderen Vorstellungen als du, mein Schätzchen. Ich dachte, das sei dir klar.«
»Wie hätte mir das klar sein sollen? Ich bin zivilisierte Frauen gewohnt. Ich wollte nur dahinterkommen, warum sie derart auf mir herumhackt, und ich wollte ihr zu verstehen geben, daß die Grenzen meiner Toleranz erreicht sind. Aber als sie mich geschlagen hat, oh, ich weiß nicht, was über mich gekommen ist … ich habe sie auch geohrfeigt, Lucas. Es tut mir so leid.«
Er hielt sie erstaunt auf Armeslänge von sich fern. »Das war nur ein natürlicher Instinkt«, sagte er leise zu ihr. »Darüber brauchst du nicht zu weinen, und ich kann dir versichern, daß Fiona es verdient hat.«
»Aber du verstehst das nicht«, rief sie aus. »Ich glaube, ich habe ihr die Nase gebrochen!«
Er war schockiert, aber er mußte laut loslachen.
»Das ist nicht zum Lachen, Lucas Holt.«
»O Gott, doch, das ist es«, sagte er lachend. »Sie hat dich beleidigt, sie hat dich geschlagen, und du weinst, weil sie mehr abgekriegt hat, als du wolltest. Glaube mir, das ist wirklich komisch.«
»Aber eine gebrochene Nase, Lucas.«
»Hast du gehört, daß der Knochen gebrochen ist?«
»Nein, aber sie hat geblutet, und sie hat mich angesehen, als hätte ich sie gerade umgebracht.«
»Ja, klar«, sagte er. »Sie hat nicht damit gerechnet, daß das zivilisierte Mädchen sich wehrt. Du brauchst dir deshalb überhaupt keine Sorgen zu machen, Schätzchen. Wenn sie so schlimm verletzt gewesen wäre, hätte sie das gesamte Hotel zusammengeschrien.«
»Glaubst du das wirklich?« fragte sie voller Hoffnung.
»Ja, das glaube ich.«
Sharisse zog ihr Taschentuch aus ihrer Handtasche. Sie war jetzt ruhiger.
»Es tut mir leid, daß ich so abrupt verschwunden bin. Ich hoffe, du hast meine Entschuldigung weitergegeben.«
»Was Sam angeht, habe ich mehr als nur das getan. Dieser Mann sollte seine Frau besser unter Kontrolle haben«, sagte er unwillig. »Warum hat sie dir eine Ohrfeige gegeben?«
Sharisse überlegte sich noch einmal, was alles gesagt worden war, ehe es zu den Handgreiflichkeiten gekommen war, und dann spannte sie ihren Rücken an und blieb steif sitzen. Doch als sie Lucas ansah, stand Unschuld in ihr Gesicht geschrieben.
»Ich habe lediglich angedeutet, wenn sie als Mätresse so großartig gewesen sei, wie sie glaubt, dann hättest du das Verhältnis nicht abgebrochen und dich nicht nach einer Ehefrau umgesehen.«
Lucas zuckte zusammen. »Sie hat es dir also erzählt?«
»Eigentlich hat sie nur gesagt, sie hätte dich vor mir gehabt und könnte dich jederzeit wieder haben, wenn sie dich wollte. Sie ist recht … grob.«
»Hast du ihr das geglaubt?«
»Ich habe keinen Grund gesehen, eine so plumpe Behauptung in Zweifel zu ziehen.« Ihre Eisigkeit drückte sich jetzt offenkundiger in ihrem Verhalten aus.
»Ich will verdammt sein«, sagte Lucas grinsend. »Du bist eifersüchtig, stimmt's? Deshalb hast du ihr eine runtergehauen.«
»Das ist ja wohl absurd«, erklärte Sharisse glühend. »Aber du hättest mich wirklich vorwarnen können, Lucas. Dort, wo ich herkomme, zwingt ein Mann seine Verlobte nicht, mit seiner ehemaligen Mätresse zu Abend zu essen.«
»Verdammt noch mal, sie war nie meine Mätresse, Sharisse. Ich habe sie gelegentlich gesehen, nicht regelmäßig und nicht nur sie. Sie hat mir deutlich zu verstehen gegeben, daß sie zu haben ist, und wir hatten eine recht nette Zeit miteinander. Das ist alles, was gewesen ist. Als sie Newcomb geheiratet hat, war es vorbei. Wenn sie damit angibt, sie könnte mich wiederhaben, dann stimmt das nicht. Ich lasse mich nicht mit den Ehefrauen anderer Männer ein.«
»Und wenn sie nicht verheiratet wäre?«
Er lächelte. »Warum sollte ich sie wollen, wenn ich doch dich habe?«
Sharisse errötete und wandte ihre Augen ab. Doch sie sprach mit fester Stimme, als sie sich vorwagte und
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