Zärtlicher Sturm
fragte: »Wenn es so schön mit ihr war, warum hast du sie dann nicht geheiratet?«
»Wenn ein Mann jede Frau heiraten würde, mit der er sich einläßt, dann hätte er mit der Zeit einen ganzen Stall voll Ehefrauen, Schätzchen. Willst du wirklich, daß ich dir Rechenschaft über alles ablege, was ich getan habe, ehe du hierhergekommen bist?«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet, Lucas. Warum hast du sie nicht geheiratet, als du es hättest tun können?«
»Ich könnte jetzt sagen, ich hätte nicht geglaubt, daß sie eine gute Ehefrau abgibt, aber es ist ganz einfach so, daß ich damals gar keine Frau haben wollte. Ist deine Eifersucht damit beschwichtigt?«
»Ich war nicht eifersüchtig«, beharrte sie.
»Natürlich nicht«, sagte er glatt, und er kostete die Situation aus.
Sie schnappte nach Luft. »Ich könnte schreien! Bring mich nach Hause, Mr. Holt. Für heute reicht es mir von deiner anregenden Unterhaltung.«
»Ja, Ma'am.« Er kicherte und setzte die Kutsche in Bewegung.
Die Heimfahrt verlief schweigend. Als sie die Ranch erreicht hatten, übergab er Mack den Buggy und begleitete Sharisse zum Haus. Sie wartete nur, bis Lucas eine Lampe angezündet hatte, damit sie den Weg in ihr Zimmer fand.
Seine direkte Frage, als sie gerade ihr Zimmer betreten wollte, ließ sie abrupt stehenbleiben.
»Wer ist Joel?«
Sie wirbelte trotz ihrer Erstarrung zu ihm herum. »Wo hast du diesen Namen gehört?«
»Von dir.«
Ihre Gedanken überschlugen sich. »Ich rede doch nicht etwa im Schlaf, oder?«
»Nein, aber du nuschelst so einiges vor dich hin, wenn du betrunken bist.«
Seine Stimme klang überhaupt nicht belustigt, und sein Gesichtsausdruck war finster. Sie war augenblicklich auf der Hut.
»Joel ist ein Freund, Lucas. Jemand, mit dem ich gemeinsam aufgewachsen bin. Warum? Was habe ich gesagt?«
»Du hast deinem Vater gesagt, daß du ihn nicht heiraten willst. Daß Stephanie ihn liebt und nicht du.« Er ging auf sie zu, während er das sagte, und er blieb so dicht vor ihr stehen, daß sie gezwungen war, ihm in die Augen zu sehen. »Ist das der Grund, weshalb du deinem Vater davongelaufen bist, Sharisse?«
»Nein.« Fast hätte sie sich verraten, doch dann merkte sie, was eigentlich mit dieser Frage gemeint war. »Du glaubst, daß ich das Mädchen bin, von dem Mr. Buskett uns erzählt hat, oder?«
»Bist du es denn nicht?«
»Ich glaube, dieses Frage bereits am früheren Abend beantwortet zu haben«, erwiderte sie steif. »Aber ehe du noch länger an mir zweifelst, sollte ich dir vielleicht sagen, daß mein Vater John Richards heißt. Hammond war der Name meines Ehemannes.« Wie geschickt sie inzwischen geworden war. »Ich vermute, ich hätte das schon eher klarstellen sollen, aber es ist mir nicht wichtig erschienen.«
»Antoine Hammond?«
»Aber ganz bestimmt nicht! Antoine ist mir geradezu widerlich!« sagte sie heftig. Sie war aus der Fassung geraten. Dann fing sie sich wieder. »Ich vermute, Antoine habe ich auch in dieser Nacht erwähnt, in der ich zuviel getrunken habe?«
»Ja.«
»Was genau habe ich denn gesagt, wenn du daraufhin vermutet hast, er sei mein Ehemann?«
»Du hast ihn ›mein Geliebter‹ genannt.«
»Oh«, sagte sie. Wie sollte sie das jetzt bloß erklären?
»Was von beidem trifft jetzt zu, Sharisse?« fragte er mit sanfter Stimme. »Hast du Antoine geliebt oder war er dir widerlich?«
Er fuhr mit einem Finger über ihre Wange, ließ die Fingerspitze über ihren Hals und ihre Schulter gleiten und ließ seine Hand mit genau soviel Druck auf ihre Schulter fallen, daß sie sich nicht abwenden konnte. Er hatte vor, sie so festzuhalten, bis er eine Antwort bekam. Vielleicht war jetzt der rechte Zeitpunkt für die Wahrheit gekommen, oder zumindest für einen Teil der Wahrheit.
»Antoine war ein Mann, den ich vor langer Zeit kennengelernt habe, Lucas. Ich war jung und naiv, und er war weltgewandt, romantisch und unglaublich gutaussehend. Ich glaubte, ich sei verliebt, aber in Wirklichkeit war ich nur in das Alter gekommen, in dem ich mich hätte verlieben können. Daher war ich für den ersten Mann empfänglich, der sich auch nur die geringste Mühe gemacht hat, mich für sich zu gewinnen. Das ist mir heute klar, aber damals war ich zu verzaubert.« Bitterkeit schlich sich in ihre Stimme ein, und ihre Augen wurden bei dieser Erinnerung dunkler. »Antoine hat sich als ein Schurke von der übelsten Sorte erwiesen, ein Lump, ein Lügner, ein Schwindler. Er …«
Sharisse wurde
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