Zaertliches Duell
ich auszusprechen wage, daß Ihrem Bruder eine harte Lektion ganz gut täte; schon um ihn zu lehren, daß er künftig einen Gentleman nicht mehr bezichtigt, falsche Würfel zu benützen.«
»Gewiß, ich weiß, das hätte er nicht tun dürfen, aber ein Duell mit Lord Rotherfield wird er nicht überleben!«
»Das nenne ich eine echte Tragödie!« erwiderte er belustigt. »Rotherfield wird kaum bis zum Äußersten gehen, wie Sie befürchten, mein liebes Kind.«
»Man behauptet, er verfehle niemals sein Ziel«, äußerte sie erblassend.
»Nun, dann wird er eben Saltwood so treffen, wie er es vorhat.«
»Sie dürfen und sie werden nicht aneinandergeraten«, sagte sie ernst. »Ich bin überzeugt, wenn ich Lord Rotherfield bloß alles erklären kann, wird er nicht auf diesem Duell bestehen.«
»Sie sollten lieber Ihren Bruder überreden, sich für sein Benehmen zu entschuldigen.«
»Ja«, stimmte sie traurig zu. »Das hat Bernard auch geraten. Doch gerade weil Lord Rotherfield ein so hervorragender Schütze ist, würde sich Charly niemals entschuldigen, weil jedermann glauben könnte, er habe Angst, sich mit ihm zu messen.«
»Und wer, wenn ich fragen darf, ist Bernard?«
»Mr. Wadworth. Wir kennen ihn schon eine Ewigkeit, er ist einer von Charlys Sekundanten. Er war es, der mir davon berichtete. Ich mußte ihn dazu zwingen, und Charly darf auch nicht erfahren, daß ich über alles Bescheid weiß. Was kann ich anderes tun, als mich Lord Rotherfields Gnade auszuliefern?«
»Wie Sie vielleicht wissen, kennt Lord Rotherfield keine Gnade. Außerdem würden Sie Mr. Wadworth einen schlechten Dienst erweisen, wenn Sie irgend jemandem die Ungehörigkeit seines Verhaltens verrieten.«
»Ach, du meine Güte! Um keinen Preis wollte ich ihm schaden, dem armen Bernard! Doch Ihnen habe ich bereits davon erzählt, Sir!«
»Ihr Vertrauen ist bei mir sicher aufgehoben.«
Sie lächelte ihn gewinnend an. »Ja, ich weiß. Sie sind ja so überaus gütig! Doch ich bin fest entschlossen, Lord Rotherfield aufzusuchen.«
»Und ich bin entschieden der Meinung, daß Sie nach Hause gehen sollen. Ein Besuch bei Rotherfield wäre wirklich ganz und gar unpassend. Guter Gott, wenn bekannt werden würde, was Sie vorhatten –«
Sie erhob sich und rang die Hände. »Ach, es ist zum Verzweifeln! Wenn Charly etwas passierte, wäre es Mamas Tod. Ich versichere Ihnen, was mit mir geschieht, ist völlig gleichgültig. Augusta sagt, ich renne immer blind ins Verderben und habe dann keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Nun, dann kann ich mich ja jetzt genauso ins Unglück stürzen wie später, glauben Sie nicht?«
»Bestimmt nicht«, erwiderte er lachend. »Ach, schauen Sie nicht so unglücklich drein, Sie eigensinniges Kind! Könnten Sie sich denn vorstellen, daß ich mich darum kümmere, daß Ihrem widerspenstigen Bruder kein Leid geschieht?«
Mit hoffnungsvollem Blick starrte sie ihn an. »Sie, Sir? Oh, wollen Sie wirklich Lord Rotherfield aufsuchen und ihm erklären, daß alles nur deshalb passierte, weil der arme Charly stets so verwöhnt wurde? Mein Vater starb nämlich, als er noch ein kleiner Junge war, und Mama ließ ihn nicht zur Schule gehen, erlaubte auch niemandem, ihm zu widersprechen, und nun ist er gerade erst in die Stadt gekommen und weiß nicht, wie er sein Temperament zügeln soll, und –«
Er unterbrach diesen überschäumenden Redeschwall, indem er ihre wild gestikulierende Hand ergriff und einen Kuß darauf hauchte. »Sie können sicher sein, ich werde Lord Rotherfield nicht gestatten, daß er dem armen Charly auch nur ein Haar krümmt.«
»Wird er denn auf Sie hören?« fragte sie zweifelnd. »Augustas Herzensfreundin, Miss Stanstead, sagt, er sei ein ungemein stolzer, gar nicht liebenswürdiger Mensch, der sich keinen Deut um die Meinung anderer kümmert.«
»Sehr wahr, aber es steht in meiner Macht, ihn zu zwingen, das zu tun, was ich verlange. Sie können mir völlig vertrauen.«
Sie seufzte erleichtert auf, und ein schelmisches Lächeln umspielte ihre Lippen. »O ja, das will ich tun. Welch verrückte Geschichte, denn – um die Wahrheit zu sagen – ich war schon ein wenig erschrocken, als Sie den Vorhang zurückwarfen. Sie haben mich so mißtrauisch angesehen! Doch daran war ich ja selbst schuld, und ich habe dann auch schnell gemerkt, daß es gar keinen Grund gibt, mich zu ängstigen. Sie sind doch so nett! Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.«
»Vergessen Sie, daß ich Sie so mißtrauisch
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