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Zaertliches Duell

Zaertliches Duell

Titel: Zaertliches Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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nicht allzuviel hielten, obwohl er beileibe kein schlechter Schütze war.
    Mr. Wadworth holte ihn sehr früh am Morgen in einem offenen Wagen ab. Er hielt es nicht für nötig, Steinchen an Seiner Lordschaft Fenster zu werfen, denn Seine Lordschaft hatte nicht gut geschlafen und war bereits angekleidet. Er stahl sich die Treppen hinab und verließ das Haus, Mr. Wadworth mit anerkennenswerter Gelassenheit einen guten Morgen wünschend. Mr. Wadworth nickte und warf ihm einen forschenden Blick zu. »Keine Knopflochblume angesteckt?« fragte er.
    Diese Äußerung trug nicht dazu bei, die leichte Übelkeit in Lord Saltwoods Magengrube zu lindern. Mr. Wadworth verschlimmerte sie noch, indem er seinen Freund daran erinnerte, den Kragen aufzustellen und sorgsam darauf Bedacht zu nehmen, dem Gegner ein möglichst schmales Ziel zu bieten. Lord Saltwood kletterte in den Wagen und meinte mit gekünstelter Munterkeit: »Ich darf wohl annehmen, bei einem Schützen wie Lord Rotherfield wird das keinen Unterschied machen.«
    »Nun ja –! Aber man muß sich doch nicht unnötigen Gefahren aussetzen«, meinte Mr. Wadworth etwas lahm.
    Date versandete das Gespräch. Sie kamen als erste auf dem Schauplatz an, bald aber gesellten sich Sir Francis und ein Mann zu ihnen, der einen dezent gemusterten Mantel trug und über das Wetter plauderte. Saltwood mutmaßte, daß dieser unscheinbare Mensch der Arzt war, schnitt eine Grimasse und hoffte im stillen, daß Rotherfield sich nicht verspäten würde. Es erschien ihm alles wie ein Alptraum. Ihm war kalt, er fühlte sich elend und beschämt, und trotzdem kam ihm keine Minute der Gedanke, diese unangenehme Begegnung abzuwenden, indem er Rotherfield einfach um Verzeihung bat.
    Rotherfield erschien, als die Kirchenglocken die volle Stunde schlugen. Er kutschierte ein Sportkabriolett, einen seiner Freunde neben sich, während ein anderer in einem hochsitzigen Phaeton folgte. Er schien ganz gelassen zu sein, und man konnte sehen, daß er sich mit der ihm eigenen Ackuratesse besonders sorgfältig gekleidet hatte. Die Kragenspitzen seines Hemdes ragten steif über eine raffiniert gebundene Krawatte, die dunklen Locken waren mit nachlässiger Eleganz frisiert, das schwarze Leder seiner Schaftstiefel glänzte makellos. Er sprang vom Wagen und warf seinen graubraunen Kutschiermantel auf den Sitz. Die Sekundanten traten zusammen, berieten sich und führten kurz darauf die Hauptakteure zu ihren Plätzen, wo sie ihnen die langläufigen Duellpistolen geladen und gespannt aushändigten. Über eine Rasenfläche, die unermeßlich weit zu sein schien, starrte Saltwood auf Rotherfield. Dessen kaltes, markantes Gesicht war wie aus Stein gehauen; seine Augen blickten gnadenlos, aber auch eine Spur spöttisch.
    Der Arzt wandte sich ab, Saltwood holte tief Luft und umklammerte krampfhaft seine Pistole. Einer von Rotherfields Sekundanten hielt das Taschentuch hoch. Es fiel, und Saltwood riß den Arm empor und feuerte.
    Er war so überzeugt gewesen, Rotherfield würde ihn treffen, daß es ihm auch so vorkam, als wäre er getroffen worden. Er erinnerte sich gehört zu haben, die Kugel habe eine lähmende Wirkung, und unwillkürlich sah er an sich hinab. Doch da war kein Blut zu bemerken und er stand noch immer fest auf seinen Beinen. Dann hörte er, wie jemand rief: »Großer Gott! Rotherfield!«, und als er entgeistert über den Rasen blickte, sah er, daß Mr. Mayfield mit einem Arm Rotherfield stützte, während der Doktor auf sie zueilte. Dann nahm ihm Mr. Wadworth die Pistole aus der Hand und sagte verblüfft: »Er hat danebengeschossen!«
    Als dem jungen Lord Saltwood zu Bewußtsein kam, daß er den besten Pistolenschützen der Stadt getroffen hatte und selbst unverletzt geblieben war, geriet er einen Augenblick lang in Gefahr, ohnmächtig zu werden. Doch sobald er sich erholt hatte, schob er Mr. Wadworth beiseite und schritt hastig auf die Gruppe zu, die Rotherfield umstand. Er kam gerade rechtzeitig, um die verhaßte Stimme sagen zu hören: »Der Junge schießt besser, als ich erwartete. Ach, geh zum Teufel, Ned! Es ist nichts – eine Schramme!«
    »Mylord«, stieß Saltwood hervor. »Ich möchte Ihnen Abbitte leisten für –«
    »Nicht jetzt, nicht jetzt!« unterbrach der Arzt gereizt. Saltwood wurde abgewinkt. Er versuchte noch einmal bei Rotherfield eine Entschuldigung anzubringen, wurde aber von seinen Sekundanten energisch fortgeführt.
     
    »Die merkwürdigste Geschichte, die ich je erlebte«,

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