Zärtliches Spiel mit dem Feuer
immer die große Heldin, doch nur für andere! Für das, was du willst, machst du dich niemals stark. Nimm beispielsweise die Kleidung. Jahrelang hast du dich mit meiner Auswahl abgefunden, hast nie geklagt, und gefordert schon gar nicht."
Ungehalten winkte Charlie ab. „Kleidung! Was spielen Gewänder auf dem Lande schon für eine Rolle? Außerdem hast du schließlich das ganze Maßnehmen und Anprobieren über dich ergehen lassen, und da hattest du wohl auch jedes Recht, selbst die Auswahl zu treffen."
„Mir machten die Anproben ja auch nichts aus, und während ich damit beschäftigt war, tatest du etwas anderes, etwas, das ich nicht tun mochte, beispielsweise Ställe ausmisten."
„Nun ja, nachdem Onkel Henry die ganze Belegschaft entlassen hatte, hatte der arme Ben ja auch alle Hände voll zu tun, mit dem Ganzen allein fertig zu werden. Er benötigte Hilfe."
„Ja, das weiß ich. Doch im Gegensatz zu dir hasste ich die Arbeit in den Ställen. Deshalb hast du sie verrichtet, während ich zu den Anproben ging. Das war ein gerechter Handel, und du hättest bei der Kleidung ebenfalls mitreden sollen. Du hast nie etwas gesagt. Bis jetzt. Genau wie bei allem anderen ließest du mir meinen Willen. Bis jetzt. Du wolltest mich als Elizabeth auf den Ball gehen lassen, doch dann erklärtest du entschlossen, jetzt seist du an der Reihe."
„Schon richtig, doch hier ging es ja auch um mein Leben. Finde ich keinen Ehemann, muss ich Carland heiraten, und der wird mich umbringen. Deshalb muss ich unbedingt einen Gatten finden."
„Verstehe, also willst du damit sagen, du tust das nur, weil dein Leben dir wichtiger ist als mein Vergnügen?"
„Selbstverständlich ist mein Leben mir wichtiger als dein Vergnügen!" Charlie wunderte sich, dass ihre Schwester das überhaupt fragen musste.
Beth nickte ernst. „Dennoch ist dir dein eigenes Vergnügen weniger wichtig als meines."
„Wie kommst du darauf?"
„Das sagtest du doch. Du wolltest mir diesmal nicht meinen Willen lassen, weil deine Zukunft auf dem Spiel steht. Bei der Kleidung ließest du mir meinen Willen, weil es sich dabei nur um eine Geschmacksfrage handelte: dein Geschmack gegen meinen. Meiner war wichtiger."
„Du verdrehst ja alles."
„So? Und die Gerichte zu unserem Geburtstag?"
„Was soll das denn nun wieder?"
„Die Köchin fragte uns immer, was wir zu unserem Geburtstagsmahl haben wollten, und ich war stets für junge Ente und Blaubeertorte."
„Na und?"
„Du verabscheutest junge Ente. Blaubeeren magst du zwar, doch nicht auf Torten."
„Komm endlich zur Sache, Beth."
„Das ist doch die Sache! Wäre es gerecht zugegangen, hätten wir in einem Jahr Entenbraten und Blaubeertorte gegessen und im nächsten ein Gericht deiner Wahl. Oder wir hätten Entenbraten und einen Nachtisch deiner Wahl in einem Jahr und im nächsten dein Lieblingsmahl mit Blaubeertorte essen können. Doch nein, während der letzten Jahre bestand unser Geburtstagsessen stets aus Ente und Blaubeertorte."
„So war es immer, Charlie", fuhr Beth leise fort. „Du hast dich für jedermann eingesetzt - vom Dorfsäufer bis zu mir. Nur für dich nicht. Stets waren dir die Bedürfnisse anderer wichtiger als deine eigenen, als hieltest du alle anderen für etwas Besseres. Und hätte Onkel Henry mich mit Seguin und dich mit einem ähnlich Abstoßenden, doch Ungefährlichen verlobt, würdest du diesen alten Kahlkopf auch brav geheiratet haben."
Charlie verzog zwar das Gesicht, leugnete jedoch nicht.
„Und daran ist Onkel Henry schuld."
Darüber musste Charlie lachen.
Beth hob das Kinn. „Jawohl, weil er dich fortwährend kritisierte. Immer nannte er dich dumm und minderwertig, und ...", sie ließ die Schultern hängen, „... und alles war mein Fehler", schloss sie elendig.
Bestürzt blickte Charlie auf. „Wieso denn, um Himmels willen, dein Fehler?"
„Nun ja, jedenfalls manchmal. Wenn er wegen irgendetwas an mir herumzunörgeln begann, sprangst du für mich in die Bresche. Dann hat er seinen Ärger an dir ausgelassen, und ich hatte meine Ruhe." Sie seufzte. „Wenn ich mich wie du verhalten und dich ebenso verteidigt hätte, hätte er möglicherweise uns alle beide in Ruhe gelassen, doch ich ... ich hatte solche Angst vor seinen Ausbrüchen."
Sofort ging Charlie zu ihrer Schwester und legte ihr tröstend einen Arm um die Schultern. „Ich weiß doch. Es ist schon gut."
„Nein, ist es nicht! Ich schäme mich so. Du hattest niemals Angst."
„Natürlich hatte ich
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