Zärtliches Spiel mit dem Feuer
Kutsche hinüber und fasste dann ihren Ehemann beim Arm. Ein ersticktes Keuchen entrang sich ihrer Kehle.
„Was hast du?" fragte Tom beunruhigt.
„Charlie!" Beth schaute dem Wagen hinterher, der in nördlicher Richtung fuhr. „Ich sah Charlie in dieser Kutsche!" erklärte sie und blickte finster drein. „Sie wirkte sehr krank. Entsetzlich blass war sie."
Wortlos machte Radcliffe kehrt und eilte der Kutsche nach. Tomas warf noch einen Blick auf die Stallungen. „Tausche unser Gespann gegen frische Pferde ein, und lasse sie an unsere Kutsche schirren, Beth. Folge uns dann nach!" instruierte er sie, doch als er sich umdrehte, lief seine Gattin bereits hinter Radcliffe her die Landstraße entlang, wobei ihr kleiner Podex mit jedem Schritt in der Kniehose keck wackelte.
„Ich kümmere mich darum, Mylord."
„Was?" Tomas schaute Stokes erst verwirrt an und nickte dann.
„Oh ... Ja, gut. Tun Sie das. Danke." Dann lief auch er davon - seiner jungen Gemahlin hinterher.
„M'lady?"
Matt schlug Charlie die Augen auf und stellte zu ihrem Schrecken fest, dass sie wieder eingeschlafen gewesen war. Sie setzte sich auf. Wie kann ich denn nur zu dieser Tageszeit schlafen? fragte sie sich, wusste jedoch sofort die Antwort: Das kam davon, weil sie sich zwei Tage lang unausgesetzt hatte erbrechen müssen, ohne dass man ihr auch nur einen Schluck Wasser oder Nahrung gegeben hätte.
Sie warf einen Blick auf das bekümmerte Mädchen und seufzte. „Nur keine Angst, Bessie! Sobald man merkt, dass du nicht Beth bist, wird man dich freilassen."
Bessie biss sich auf die Lippe und schüttelte den Kopf. „Um mich habe ich auch keine Angst, M'lady."
Darauf wusste Charlie nichts zu erwidern. Sie wandte den Kopf und schaute zum Fenster hinaus auf den Gasthof, vor dem sie zuvor gehalten hatten. Hier werden sich bestimmt Onkel Henry und Carland befinden, dachte sie verzweifelt. Es sah langsam so aus, als müsste sie den brutalen Schurken am Ende wohl doch heiraten.
Bei dem Gedanken an die Hochzeitsnacht mit ihm schüttelte es sie jetzt schon. Sie stellte sich vor, dass Carland sie so berührte wie Radcliffe - nein, nicht wie Radcliffe. Carland war ja zur Zärtlichkeit gar nicht fähig. Er würde sie zwar an denselben Stellen, doch in einer ganz anderen Weise berühren. Vielleicht habe ich ja Glück, und er prügelt mich schon zu Anfang unserer Ehe zu Tode, dachte sie. Wegen solcher Gedanken würde sie sich geschämt haben, wenn ihr nicht so fürcherlich schlecht gewesen wäre, doch sie fühlte sich sehr elend, fast halb tot. Sie war schwach, erschöpft und völlig ausgetrocknet.
Außerdem tat sie sich selbst Leid, und dabei war sie noch gestern früh wütend gewesen, weil Radcliffe sie aus Mitleid und seines schlechten Gewissens wegen hatte heiraten wollen. Jener Morgen und ihre eigene Überheblichkeit schienen eine Ewigkeit her zu sein. Heute würde sie den Lord genommen haben, selbst wenn sie ihm dafür hätte etwas zahlen müssen.
Von draußen hörte sie laute Stimmen. Ein Mann näherte sich dem Gasthof zusammen mit einem zweiten Mann, welcher noch Abendkleidung trug. Ihn erkannte Charlie sofort wieder: Es war Symes, das „Mädchen für alles" ihres Onkels.
„Lege dir wieder den Schleier um, Bessie", flüsterte sie, als die Männer näher kamen. Sie wollte das Mädchen, solange es ging, bei sich behalten.
Charlie mochte Symes nicht besonders, denn sie hatte oft gesehen, wie er der Belegschaft kleine Grausamkeiten zugefügt hatte. Also machte sie sich jetzt auch nicht die Mühe, ihn zu begrüßen, als er durch das Kutschenfenster hereinschaute. Sein Blick glitt rasch über die verschleierte Bessie und blieb dann an Charlie hängen, deren Herrengarderobe ihn offenbar verblüffte. Als er dann ihr bleiches Gesicht und ihre tief liegenden Augen sah, zog er den Kopf wieder aus dem Fenster zurück.
„Was, zum Teufel, habt ihr mit ihr angestellt?" wollte er von den anderen Männern wissen.
„Sie hat die Reisekrankheit", antwortete einer der Leute unwirsch. „Also, wo bleibt jetzt unser Geld?"
„Darauf werdet ihr warten müssen, bis Seine Lordschaft aufgewacht ist."
„Was?"
Charlie hätte beinahe gelacht über die Mienen der Leute, als sie das hörten. Anscheinend kannten sie den Mann nicht richtig, für den sie diese Schmutzarbeit erledigt hatten. Möglicherweise arbeiteten sie auch für den Erpresser und wollten nur das Geld für die gelieferte Ware kassieren.
Natürlich, dachte sie, so wird es sein, denn
Weitere Kostenlose Bücher