Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zärtlichkeit des Lebens

Zärtlichkeit des Lebens

Titel: Zärtlichkeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
blond, mit einem durchtrainierten Surferkörper in einem Boß-Anzug. Er blieb stehen und grinste Sarah an. Das Grinsen wirkte auf lässige Art sexy.
    »Sarah Lancaster, Evan Gibson. Sie sind Kollegen.«
    »Aha, das ist also die neue Architektin aus dem Osten.« Evan schüttelte ihr die Hand, wobei er sie besonders innig drückte, und musterte sie schnell von Kopf bis Fuß, so schnell, daß man es kaum wahrnahm. Sarah spürte, wie sie abgeschätzt wurde.
    Vorsicht, dachte sie und entzog ihm behutsam die Hand. Der ist nicht so harmlos, wie er ausschaut. Auf seinen Wangen zeigten sich Furchen, die in seiner frühen Jugend einmal Grübchen gewesen waren. Die Augen waren blau, aber heller als die Byrons. Als ob, kam es Sarah in den Sinn, zwei oder drei Nuancen herausgewaschen worden wären. Trotz seines tadellosen Anzugs umgab ihn eine gewisse Nachlässigkeit, eine Formlosigkeit, die sich bei Byron nicht fand. Sein Grinsen verkündete
trau mir,
während Byrons Augen
bleib mir zwei
Schritte vom Leib
forderten. Während seines Gesprächs mit Byron ließ Evan den Blick weiterhin auf Sarah ruhen. »Haben Sie mit Miß Lancaster den großen Rundgang gemacht?«
    »Den kleinen. Miß Lancaster ist nach dem Flug ein wenig erschöpft. Mit dem großen Rundgang warten wir lieber noch.«
    Sarah fand es an der Zeit, ihre Unabhängigkeit zu zeigen. Sie ließ es aus Prinzip nicht zu, daß man über ihren Kopf hinweg über sie redete. »Miß Lancaster«, meinte sie trocken, »ist am Verhungern, erstens wegen der Zeitverschiebung und zweitens wegen des ungenießbaren Frühstücks im Flugzeug. Kann ich den Herren vielleicht einen Hamburger schmackhaft machen?«
    Jetzt schauten sie beide Männer an, doch noch ehe einer von ihnen antworten konnte, öffneten sich die Türen des Privataufzugs. Der Mann, der herauskam, war groß, vielleicht knapp einen Meter neunzig. Er hatte Schultern wie ein Athlet und einen Brustkasten wie ein Zebubulle. Auf den ersten Blick strahlte Maxwell Haladay Stärke und Kraft aus. Absolute Stärke. Sein weißes, volles Haar hatte er aus der hohen Stirn zurückgekämmt und den Schnurrbart sorgfältig gestutzt. Die Augenbrauen zeichneten sich als buschige, gerade schwarze Balken ab. Von den Augen bis zu den Schläfen verliefen feine Linien, und tiefe Furchen an jeder Seite des Mundes. Seine Haut zeigte jenes gebräunte, alterslose Aussehen der wirklich reichen Leute.
    Sarah spürte, wie Evan Habachtstellung einnahm. An Byron bemerkte sie überhaupt keine Veränderung. Sie folgerte daraus, daß er sich vor niemandem duckte.
    Haladay blieb vor ihnen stehen. Er lächelte nicht und sagte kein Wort. Lediglich seine Augen verengten sich ein wenig, als er Sarah lange und sorgfältig musterte. Maxwell Haladay ging auf die Siebzig zu, aber er schaute zehn Jahre jünger aus. Die Macht stand ihm gut, dachte Sarah. Als sie seine Nase, die eine Faust vor ungefähr fünfzig Jahren krummgeschlagen hatte, und die dünne Narbe an seiner Schläfe begutachtete, kam sie zu dem Schluß, daß er sich alles selbst verdient hatte. Niemand hatte Maxwell Haladay den Erfolg auf dem Silbertablett überreicht.
    Das gefiel ihr an ihm, weil sie eine gebrochene Nase mehr als Jackettkronen achten konnte.
    »Maxwell Haladay, Sarah Lancaster.« Byron machte eine kurze Pause bei der Vorstellung und schaute dabei Haladay in die Augen. »Ihre neue Architektin.«
    Haladay wandte seine Aufmerksamkeit erneut Sarah zu.
    »Diejenige, die wir New York abspenstig gemacht haben.«
    Seine Stimme klang wie eine Kiesgrube, tief mit rauhen Kanten.
    Sarah fand sie sofort ansprechend. Lächelnd streckte sie die Hand aus.
    »Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen, Mr. Haladay.«
    Seine Hand, die sich um die ihre schloß, war kräftig und fleischig, doch die Haut fühlte sich erstaunlich trocken und glatt an.
    »Ich habe gehört, daß Sie ehrgeizig und gescheit sind.« Sein Blick schweifte kurz zu Byron hinüber. »Ich mag Leute mit Köpfchen und Ehrgeiz. Eins ohne das andere finde ich ärgerlich.
    Warum sind Sie nicht verheiratet?«
    »Soll das ein Antrag sein?« gab sie zurück und hörte, wie Evan Luft holte. Haladays Lachen dröhnte durch die ganze Halle.
    »Das Mädchen hat nicht nur Köpfchen, sondern auch Courage«, sagte er zu Byron. »Mit der kriegen Sie womöglich noch Scherereien.«
    »Zweifellos«, erwiderte Byron gut gelaunt.
    »Ich lasse Ihnen eine Woche Zeit, sich hier einzugewöhnen, Miß Lancaster. Dann erwarte ich Sie in meinem Büro. Gibson, übernehmen

Weitere Kostenlose Bücher