Zärtlichkeit, die du mir Schenkst
verschwand, obwohl Rafe geschworen hätte, dass er still auf der Stelle stand. Er spreizte die Finger einer Hand und strich sich durchs Haar. Erst jetzt bemerkte er, dass er irgendwo unterwegs seinen Hut verloren hatte. Es war sein Lieblingshut gewesen; er hatte dafür in Denver drei Dollar bezahlt.
»Du versuchst nur, deine Spuren zu verwischen«, zischte Rafe.
Holt seufzte. »Emmeline hat befürchtet, dass du so denken wirst«, erwiderte er. »Verdammt, Rafe, sei kein Idiot. Vergiss deinen blöden Stolz. Reite zurück und rede mit deiner Frau, bevor du alles verlierst.« Sein Blick schweifte zu dem brennenden Bau hinter Rafe. »Hölle, du kannst dir hunderte von Häusern bauen. Aber es gibt nur eine Emmeline.«
Rafe wandte sich ruckartig von Holt ab, überwältigt von seinen Gefühlen. Er hatte zuvor schon schwere Zeiten durchlitten, doch seit dem Tod seiner Mutter hatte ihn nichts so hart getroffen wie Emmelines Geständnis. Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und kämpfte mit den widerstreitenden Gefühlen. Rafe wollte Holt glauben, wünschte sich nichts mehr, als ihm glauben zu können, und genau deshalb traute er in diesem Moment nicht seinem eigenen Urteilsvermögen.
Holt legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Lass uns zurückreiten«, drängte er ruhig.
Rafe schüttelte den Kopf, er wandte seinem Bruder weiterhin den Rücken zu. Sie standen eine Weile schweigend da, und dann zog Holt die Hand zurück und ging davon. Rafe hörte ihn nach seinem Pferd pfeifen.
Als er sich umdrehte, saß Holt im Sattel, und das geschiente Bein war nach vorn zum Kopf des Pferdes gestreckt. »Wenn ich zwei gesunde Beine hätte«, erklärte er und blickte auf Rafe hinab, »würde ich dich zur Ranch zurückbringen, so oder so, und du hättest nichts in der Sache zu sagen. Aber offenbar kann ich nichts tun, um dich davon abzuhalten, dich zum Narren zu machen. So werde ich vielleicht einfach zurücktreten und die Schau genießen.«
Rafe spürte, wie sich trotz der Hitze eisige Kälte in ihm ausbreitete. Er war schon einmal reingelegt worden; er würde es kein zweites Mal zulassen.
Er nickte zu Holts geschientem Bein hin. »Pass auf, dass du damit nicht an einem Baum hängen bleibst«, brummte er. Dann wandte er sich um und ging davon, und als er etwas später zurückblickte, war sein Bruder verschwunden.
»Es ist abgebrannt?«, fragte Emmeline Holt mit dumpfer Stimme und blinzelte in den morgendlichen Sonnenschein. »Das ganze Haus?« Ein bitterer Geschmack stieg in ihrer Kehle auf, und sie stützte sich an der Seite des Wagens ab.
In der vergangenen Nacht hatte sie nach einem emotional geführten Gespräch mit Angus, Concepcion und Kade ihre wenige Habe gepackt. Kade schirrte gerade widerstrebend ein Gespann ein, um sie zur Stadt zu fahren. Sie wollte bei Becky bleiben, bis sie sich darüber klar werden würde, was sie mit ihrem weiteren Leben anfangen sollte.
Holt nickte. »Es tut mir Leid, Emmeline.«
Sie schluckte und schüttelte den Kopf. »Ich hätte es ihm von Anfang an erzählen sollen.«
Angus kam mit einem von Concepcions Proviantkörben aus dem Haus. Seine Miene war ernst, und als er neben Emmeline stand und sie mit einem väterlichen Ausdruck in den Augen ansah, brach sie fast zusammen.
»Concepcion will sich nicht von dir verabschieden«, erklärte er ernst und mit rauer Stimme. »Sie findet, du solltest nicht wegfahren, Emmeline. Und das denke ich auch.
Du hast nur einen Fehler gemacht, und Rafe wird das verstehen, wenn er sich erst beruhigt hat.«
Emmeline biss sich auf die Unterlippe, während sie zu diesem runzligen Gesicht aufblickte, das so voller Freundlichkeit, Kraft und Charakter war. Eines Tages, nach vielen Erfahrungen im Leben, würde Rafe vermutlich so aussehen wie sein Vater jetzt. Ihr wurde das Herz schwer, weil sie mit Rafe hatte alt werden wollen, umgeben von ihren Kindern und Enkelkindern.
»Ich muss fahren«, murmelte sie und stellte sich auf die Zehenspitzen, um seine stoppelbärtige Wange zu küssen. »Solange ich noch genug Stolz habe, um den Kopf hochzuhalten. Du verstehst das, nicht wahr?«
Angus' Blick sagte das Gegenteil, doch er nickte. Er stellte den Proviantkorb unter den Sitz und überreichte Emmeline ein versiegeltes Kuvert. »Wenn du etwas brauchst«, meinte er, »irgendetwas, gehst du zu r Bank und zeigst Big Mike Jen kins diesen Kreditbrief.«
»Das könnte ich nicht«, entgegnete Emmeline.
Er drückte ihr den Umschlag in die Hand. »Du bist wie eine Tochter für
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