Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
Vom Netzwerk:
macht sie
weiter.
    »Zweitens, dieser Mann übt Rache«, sagt sie. »Doch nicht an einem
einzelnen Finanzamt oder Minister oder an irgendeiner Bank. Dahinter steckt
vermutlich ein tief traumatisches Erlebnis, das lange latent vorhanden war, bis
etwas in seinem Leben passiert ist, das es ans Tageslicht gebracht hat. Er
macht zwar heute als Mörder von sich reden, doch das Ereignis, das ihn zu den
Taten antreibt, liegt sehr weit zurück.«
    »Wie haben Sie das alles innerhalb von nur vierundzwanzig Stunden
herausgefunden?«, fragt Vlassopoulos perplex.
    »Dafür haben Sie mich doch herbestellt, oder?«, entgegnet sie mit
einem bescheidenen Lächeln.
    »Wo suchen wir jetzt am besten?«, frage ich.
    »Ich würde bei den Archäologen anfangen. Sowohl der Schierling als
auch die antiken Stätten sowie die antike Waffe weisen in diese Richtung. Wenn
Sie dort nicht fündig werden, dann müssen Sie Ihre Suche auf die klassischen
Philologen ausweiten und, wenn das alles nichts nützt, auf intellektuelle
Kreise im Allgemeinen. Mir ist natürlich klar, dass Sie es dann mit einem
großen Personenkreis zu tun haben und nur schwer weiterkommen werden.«
    »Vielen Dank, Mania«, sage ich. »Sie haben uns sehr geholfen.«
    [365]  »Wenn mir in der Zwischenzeit noch etwas einfällt, melde ich mich
bei Ihnen«, sagt sie noch und verlässt mein Büro.
    »Nun?«, fragt Koula triumphierend. »Sie ist nicht auf den Kopf
gefallen, was?«
    »Absolut nicht. Sie und Gikas lagen goldrichtig mit Ihrer
Empfehlung.«
    »Soll ich das jetzt als Kompliment auffassen?« Sie lächelt
schelmisch.
    Ich nehme mir vor, Katerina zu erzählen, dass sie auf ihre
Kommilitonin und Freundin stolz sein kann. Doch das bringt mich bei meiner
Suche auch nicht weiter. Mania hat vermutlich recht, wenn sie mir rät, zuerst
in Archäologenkreisen zu suchen. Die Frage ist nur, wie ich die ganze Sache
aufziehen soll. Ich kann doch nicht sämtliche Archäologen der Reihe nach
anrufen und zur Vernehmung vorladen. Das heißt, ich muss einen anderen Weg
finden. Doch das verschiebe ich auf später und fahre zwecks Berichterstattung
zu Gikas hoch. Er weidet sich wieder an der Naturlandschaft seines
Computerbildschirms, was darauf schließen lässt, dass keine alarmierenden
Neuigkeiten vorliegen. Ich beginne meinen Rapport mit dem von Mania Lagana
erstellten Täterprofil des nationalen Steuereintreibers.
    »Dann hat sie Ihnen also weitergeholfen?«, fragt er.
    »Ja, weil ich mir dadurch ein besseres Bild des Mörders machen kann.
Zumindest weiß ich jetzt, wo ich nicht zu suchen brauche, und verliere nicht
noch mehr Zeit.«
    »Dann sehen Sie jetzt also endlich ein, wie nützlich so ein profile ist?«, frohlockt er. »Beim nächsten Mal hören Sie
gleich auf mich.«
    Ob Koula oder Gikas, jeder möchte recht haben. Nachdem [366]  ich ihm
also eine Löffelsüßigkeit à la Sissis serviert habe, zücke ich jetzt das
Rizinusöl, indem ich ihm eröffne, wer zugunsten von Karadimos’
Unbedenklichkeitsbescheinigung interveniert hat.
    »Haben Sie vor, den Vizeminister zu vernehmen?«, fragt er
vorsichtig.
    Du kannst froh sein, dass die Beförderung im Raum steht, denke ich
bei mir, sonst hätte ich ihn schon längst – und ohne lange zu fackeln –
verhört.
    »Diesbezüglich wollte ich Sie um Rat fragen«, entgegne ich
diplomatisch.
    Unmittelbar platzt es aus ihm heraus: »Sie bleiben gefälligst an
Ihrem Schreibtisch und lassen die Finger davon. Wir haben rein gar nichts in
der Hand! Auf welcher Grundlage wollen Sie einen Vizeminister zur Vernehmung
zitieren? Sollen etwa die Fernsehsender davon Wind bekommen und ihn öffentlich
hinrichten? Die haben doch auch uns im Visier, weil wir bei den Ermittlungen
nicht vorankommen. Wollen Sie, dass man uns alle der Reihe nach abschießt?« Er
holt kurz Luft und fährt etwas ruhiger fort. »Warten Sie erst mal ab, bis wir
überzeugende Indizien haben, die uns zum Täter führen. Dann können Sie ihn
unter Berufung auf Ihren Diensteid gern vernehmen.«
    »Einverstanden, das lasse ich gelten«, sage ich, wende mich zum
Gehen und lasse einen rundum zufriedengestellten Vorgesetzten zurück.

[367]  48
    Adriani hat sich seit neun Uhr morgens in der Küche
verbarrikadiert, um für Sissis gefüllte Tomaten zuzubereiten.
    »Also bitte, bis jetzt hast du die gefüllten Tomaten immer nur für
mich gemacht. Habe ich jetzt Konkurrenz bekommen?«, scherze ich.
    »Ich verbitte mir solche Rivalitäten, Kostas. Immerhin haben wir es
diesem Mann zu

Weitere Kostenlose Bücher