Zahltag
darauf aus sind, die
Daten der Steuersünder publik zu machen. Der Mörder gibt einen Namen an die
Öffentlichkeit, und nach begangener Tat vermeldet er die Liquidierung des
entsprechenden Steuersünders.«
»Stimmen die Daten, auf die er sich beruft?«, wendet sich der
Vizeminister an Spyridakis.
»Hundertprozentig, Herr Minister, sowohl die von Korassidis als auch
die von Lazaridis. Korassidis’ Töchter werden als Eigentümerinnen der Immobilie
in Ekali aufgeführt, sind jedoch als Studentinnen nicht zur Abgabe von [142] Steuererklärungen verpflichtet. Frau Lazaridi gibt das Landhaus auf Santorin
als Hauptwohnsitz an und bezahlt dafür ebenfalls keine Steuern, obwohl sie eine
Mietwohnung in Athen bewohnt. Frau Lazaridi dürfte Santorin nur als ersten
Wohnsitz angeben, wenn sie tatsächlich dauerhaft dort wohnhaft wäre.«
»Und was ist mit der Firma? Dieser Global Internet oder wie sie
heißt?«
»Sie wurde mit Hilfe eines Kredits von genau der Bank gegründet, bei
der Lazaridis’ Vater tätig war. Das Darlehen wird von der Firma bedient. Auf
die Immobilie auf Santorin hingegen wurde keine Hypothek eingetragen. Es ist zu
vermuten, dass der Kredit für das Haus von Lazaridis junior vermittelt wurde,
denn es ist unwahrscheinlich, dass die Ehefrau eines Bankangestellten eine so
hohe Summe ohne Vormerkung im Grundbuchregister erhält«, erläutert Spyridakis.
»Und wie kommt der Mörder an all diese Angaben?«, fragt der
Vizeminister.
»Zunächst hat er sich Zugang zur Steuersoftware Taxis verschafft«,
erklärt ihm Spyridakis. »Die übrigen Daten findet man dann schon heraus, wenn man
lange genug sucht. Jedenfalls recherchiert er sehr genau, was ihn bestimmt viel
Zeit kostet.«
»Sind die Anschuldigungen wegen Steuerhinterziehung denn fundiert
oder dienen sie ihm nur als Lizenz zum Töten?«, fragt ihn der Minister.
Spyridakis sucht nach einer möglichst unverfänglichen Formulierung.
»Nun, Herr Minister«, erwidert er schließlich, »die Steuergesetzgebung lässt so
viele Schlupflöcher, dass [143] jeder, der keine Steuern zahlen will, damit durchkommt,
und zwar in den meisten Fällen vollkommen ordnungsgemäß.«
»Wir leben in einem demokratischen Land, Herr Spyridakis. Wenn die
Bürger die Möglichkeiten ausschöpfen, die ihnen das Gesetz bietet, können wir
sie nicht als Steuersünder anprangern. Und noch viel weniger ermorden, versteht
sich«, entgegnet der Vizeminister mit strenger Miene.
»Wie gelingt es ihm, in die Steuersoftware Taxis einzudringen?«,
fragt der Minister.
»Herr Minister, heutzutage knacken sechzehnjährige Hacker die
Sicherheitscodes des Pentagons. Wie soll er da Probleme haben, an die Daten von
Taxis zu kommen?« Lambropoulos lacht. »Natürlich suchen auch wir vom Amt für
Steuerfahndung nach dem Leck im System, aber das ist nicht so leicht zu
entdecken.«
»Das sollten Sie mir einmal erklären, Herr Lambropoulos«, tönt der
Minister mit Nachdruck. »In den letzten Jahren haben wir Unsummen aus
Steuermitteln bereitgestellt, um das Dezernat für Computerkriminalität personell
und technisch aufzurüsten. Und jetzt erzählen Sie mir, dass der Eindringling in
die Steuersoftware nicht so leicht zu ermitteln ist?«
Zu den Unsummen aus Steuermitteln, so sage ich mir, haben Korassidis
und Lazaridis jedenfalls nichts beigetragen.
»Offenbar hat er eine Sicherheitslücke entdeckt, durch die er sich
ins System einloggt«, entgegnet Lambropoulos. »Beim Ausloggen schließt er sie,
damit wir nicht dahinterkommen. Kann sein, dass wir sie morgen aufspüren.
Vielleicht aber erst in einem Monat. Das ist reine Glückssache.«
»Tun Sie alles Menschenmögliche. Und wenn Sie Hilfe [144] vom
Griechischen Nachrichtendienst benötigen, sagen Sie Bescheid.« Letzteres wirft
er abfällig in die Runde, als erachte er uns für unfähig, die Sache allein zu
bewältigen.
»Vielen Dank, Herr Minister, für Ihr geschätztes Angebot«, sagt
Gikas, der sich ausgezeichnet darauf versteht, eine besänftigende Unterwürfigkeit
an den Tag zu legen.
»Wie weit sind Sie mit Ihren Ermittlungen, Herr Kommissar?«, fragt
mich der Minister.
Ich erstatte einen knappen, lückenlosen Bericht und komme zum
Schluss: »Wir stehen noch am Anfang und verfügen erst über unzureichende
Indizien. Wenn es uns gelingt, die E-Mail-Adressen und die Website einer bestimmten
Person zuzuordnen, sind wir einen großen Schritt weiter.«
»Doch auch das ist nicht einfach«, bemerkt Lambropoulos. »Seine
Nachrichten
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