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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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der
Revierleiter verabschiedet hat.
    »Eine Asiatin, die von dem Vorfall nichts mitbekommen hat.«
    Dann winke ich Dimitriou zu mir herüber. »Das Opfer ist mittlerweile
gestorben. Also haben wir es mit Mord zu tun«, verkünde ich ihm und meinen
beiden Mitarbeitern.
    »Schon wieder der nationale Steuereintreiber?«, fragt Dimitriou.
    »Diesmal ist der Tod durch einen mit Schierling vergifteten Pfeil
eingetreten, der von einem Bogenschützen abgeschossen wurde. Also ich kenne
nicht viele Mörder in Griechenland, die Schierlingsgift verwenden.«
    »Der Typ treibt uns noch zum Wahnsinn«, bemerkt Vlassopoulos.
    »Habt ihr was gefunden?«, frage ich.
    »Wir haben kurz mit der Frau gesprochen, die ihn auf der Straße
gefunden hat, mit der Befragung aber auf Sie gewartet. Darüber hinaus haben wir
einen Mann eruiert, dem ein auf der gegenüberliegenden Straßenseite geparktes
Motorrad aufgefallen ist.«
    »Habt ihr Sissimatos’ Auto sichergestellt?«, frage ich Dimitriou.
    »Ja, es ist das hier.« Er deutet auf einen BMW -Geländewagen,
der vor der Haustür steht.
    »Klappert die Straße ab, aber ich glaube kaum, dass sich daraus groß
was ergibt. Vielleicht bringt uns der Wagen mehr Glück, aber auch davon erwarte
ich mir nicht wirklich viel. Der Typ leistet saubere Arbeit und hinterlässt
keine Spuren.« Dann wende ich mich an Vlassopoulos. [293]  »Komm, wir sprechen mit
der Frau, die Sissimatos gefunden hat.«
    Eleni Kavki sitzt im Wohnzimmer eines Hauses, das ursprünglich
bestimmt einer Flüchtlingsfamilie aus Kleinasien Zuflucht bot, in der Folge
jedoch zu einem dreistöckigen Gebäude ausgebaut wurde. Sie ist an die sechzig
und hat den Schock offensichtlich noch nicht ganz überwunden.
    »Ich hoffe, Herrn Sissimatos geht es schon besser«, eröffnet sie das
Gespräch.
    »Er liegt noch im Krankenhaus«, antworte ich vage. Ich möchte ihr
noch nicht eröffnen, dass Sissimatos tot ist. Das würde sie nur noch mehr
aufwühlen und daran hindern, korrekt zu antworten.
    »Schildern Sie mir, wie Sie ihn gefunden haben«, fordere ich sie
auf.
    »Ich war gerade auf dem Nachhauseweg. Zunächst habe ich vor dem Haus
der Familie Sissimatos einen dunklen Umriss bemerkt, konnte aber nicht
ausmachen, was es war. Als ich näher kam, erkannte ich dann Herrn Sissimatos.
Er lag auf dem Rücken, und in seiner Brust steckte ein Pfeil. Da habe ich laut
aufgeschrien und, wenn ich mich recht erinnere, um Hilfe gerufen. Als Erster
stürzte Herr Keramis heraus. Er hat dann auch bei Familie Sissimatos
geklingelt.«
    Demnach lief die Familie Sissimatos nicht vors Haus, weil sie
Geschrei gehört, sondern weil jemand bei ihnen geklingelt hatte. Sissimatos’
Sohn muss sich, was vollkommen verständlich ist, in der Aufregung geirrt haben.
    »Was ist danach passiert?«
    »Es liefen noch ein paar Nachbarn auf die Straße, doch die meisten
schauten nur aus ihren Fenstern. Dann hat jemand [294]  einen Krankenwagen gerufen,
nur weiß ich nicht genau, ob es Herr Keramis war oder der junge Sissimatos.
Jedenfalls wurde sein Vater rasch abtransportiert.«
    »Ist Ihnen irgendetwas aufgefallen, als Sie die Straße entlanggegangen
sind, bevor Sie Sissimatos erkannt haben? War sie leer? Waren Passanten
unterwegs? Oder vielleicht irgendein Fahrzeug?«
    »Ich kann es nicht genau sagen, weil ich nur auf Sissimatos geachtet
habe. Während ich die Straße entlangging, habe ich jedenfalls nichts
Auffälliges gesehen. Da stand nur eine Reihe geparkter Autos. Es war alles wie
immer. Aber ich kann es, wie gesagt, nicht beschwören.«
    Ausgeschlossen, dass der nationale Steuereintreiber mit dem Wagen
vorgefahren ist. PKW S sind für derartige Verbrechen viel zu unbeweglich. »Haben
Sie eventuell ein Motorrad gesehen?«
    »Ein Motorrad? Bestimmt nicht.«
    Also hatte der nationale Steuereintreiber sein Werk bereits
vollendet und den Schauplatz der Tat verlassen, als die Kavki das Opfer fand.
    »Sind Sie mit der Familie Sissimatos gut bekannt?«
    »Nun ja, wie man seine Nachbarn in einer Straße wie der Doryleou
eben kennt. Über ein paar Floskeln wie ›Guten Tag, wie geht’s?‹ oder ›Sieht
nach Regen aus‹ oder auch ›Mächtig heiß heute‹ ging der Kontakt nicht hinaus.«
    »Vielen Dank, Frau Kavki. In Kürze wird man Sie für eine offizielle
Vernehmung auf die örtliche Polizeiwache vorladen, wo Sie Ihre Aussage genau
wiederholen sollten.«
    Es ist wenig sinnvoll, auch den Nachbarn zu befragen, der als Erster
auf Kavkis Hilferuf herbeigeeilt kam, da er

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