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Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Titel: Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Zahn
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haben.«
    »Ist das wahr?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Es wäre aber möglich.«
    Für eine Weile saß er reglos da, mit hängendem Kopf und zusammengepressten Fingerspitzen. Ich wusste Bescheid: In dieser Haltung verharrten Craea, wenn sie in Gedanken versunken waren. Ich verhielt mich genauso ruhig wie er, weil ich befürchtete, dass auch nur die geringste Bewegung von mir den Bann brechen könnte. Ich wartete, während das Schweigen sich in die Länge zog, und wünschte mir noch sehnlicher, dass ich den craeanischen Gesichtsausdruck entschlüsseln könnte. Nicabar hatte angedroht, das Schiff zu verlassen, sollte er erfahren, dass wir Schmuggelware beförderten. Würde Chort die gleiche Drohung aussprechen – oder noch schlimmer, sie wahrmachen –, wo er nun wusste, dass wir die Craea der großen Gefahr aussetzten, sich den Zorn der Patth zuzuziehen?
    Mit einer Schnelligkeit, die mich erschreckte, schaute Chort wieder zu mir auf. »Diese Bedrohung für die Patth«, sagte er. »Könnte sie den Craea zum Vorteil gereichen?«
    »Wenn es sich wirklich um die von den Patth gemutmaßte Bedrohung handelt – wobei ich mir aber nicht sicher bin –, dann lautet die Antwort ›Ja‹.«
    »Würde es den Craea zum Vorteil gereichen?«
    Ich zögerte. »Ich weiß nicht«, musste ich gestehen. »Wenn es nach mir ginge, würdet ihr in Würdigung eurer Hilfe auf dieser Reise sicher zu denjenigen gehören, die davon profitieren. Aber ich kann ein solches Versprechen unmöglich geben.«
    »Schiffsmeister Borodin hat aber angedeutet, dass eine solche Zusage gemacht würde«, erinnerte er mich. »Ist er denn nicht vertrauenswürdig?«
    »Doch, er ist schon vertrauenswürdig«, versicherte ich ihm. »Aber wir wissen nicht, wo er im Moment ist, und die Entscheidung wird ihm vielleicht abgenommen. Vor allem dann, wenn jemand anders sich der Ikarus bemächtigt, bevor es uns gelungen ist, sie zur Erde zu überführen.«
    Er schien sich das durch den Kopf gehen zu lassen. »Und wenn es uns doch gelingt, sie zur Erde zu überführen?«
    »Auch dann kann ich keine Versprechen geben«, sagte ich und spürte, wie mir der Schweiß auf die Stirn trat. Wo es um die »gefühlte« Zukunft seiner ganzen Rasse ging, wägte Chort offenbar alle Aspekte ab und gewichtete seine Optionen.
    Leider gab es aber nur drei Optionen, unter denen er nach meinem Ermessen zu wählen vermochte: Das Schiff zu verlassen, uns zu helfen, die Ikarus zur Erde zu bringen oder uns bei der erstbesten Gelegenheit an die Patth zu verraten, in der Hoffnung, sich wirtschaftliche Sicherheit für seine Leute zu erkaufen. Natürlich nur kurzfristige Sicherheit – auf lange Sicht waren die Patth auch nicht dankbarer als irgendeine andere Spezies. Aber wenn man das gegen ihre erwiesene Fähigkeit abwog, überaus nachtragend zu sein, war auch nur ein kurzfristiger Nutzen vermutlich die logischste Option. Wenn ich an Chorts Stelle gewesen wäre, hätte ich mich wohl so entschieden.
    Und wenn er sich auch so entschied …
    Plötzlich wurde ich mir des Gewichts der Plasmawaffe bewusst, die unangenehm gegen den Brustkorb drückte. Wir konnten es uns nicht leisten, dass Chort von Bord ging. Basta. Ob er nun vorhatte, uns ans Messer zu liefern oder ob er nur hoffte, im Sonnenuntergang zu verschwinden, bevor die Patth uns fanden – wir konnten ihn nicht laufen lassen mit dem Wissen, das er über die Ikarus und ihre Besatzung hatte. Wir würden ihn an Bord behalten, notfalls auch einsperren oder fesseln müssen, bis dieses makabre Versteckspiel zu Ende war.
    Plötzlich drehte Chort den Kopf zur Rückwand des Tagesraums und der dahinter liegenden Hülle. »Es bildet sich schon wieder ein Grat in der Hülle«, sagte er. »Sie sollten das Schiff lieber stoppen.«
    Ich hatte zwar weder etwas gehört noch etwas gespürt, aber ich zweifelte seinen Befund trotzdem nicht an. Ich war schon auf den Beinen, bevor er ausgeredet hatte, und ich war durch die Tür des Tagesraums und schon auf halbem Weg zur Brücke, bevor ich mir überhaupt bewusst wurde, dass ich seinen Befund nicht angezweifelt hatte. Ich war auf der Brücke und griff nach dem roten KILL-Knopf, als das charakteristische Kreischen von der Hülle übertragen wurde.
    Erst viel später, nachdem der Grat repariert worden war und wir wieder unterwegs waren, wurde ich mir bewusst, dass er nicht zurückgekommen war, um unser Gespräch zu beenden.
    Oder wir hatten das Gespräch doch beendet, und ich hatte es nur nicht

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