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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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dann auch gefunden, na klar, die finden einen immer,
der muss mich förmlich gerochen haben. Ich dacht gar nich dadran wegzulaufen.
Ich stand da bloß wie angewurzelt an der Bretterwand und hab den angelächelt.
Er hat auch gelächelt, oder mehr so gegrinst, und dann war er auf einmal direkt
vor mir. >Na<, hat er gesagt, sein Mund war ganz dicht an meinem Gesicht,
er war ja nich grade groß, ich könnt riechen, was der zum Mittag gegessen
hatte, nämlich irgendwas mit Zwiebeln. >Na, haste dich endlich ma
hergetraut.< Ich hab genickt, und denn hab ich die Augen zugemacht, ich
dacht, jetzt küsst er mich! Ich hab mich bloß bisschen geärgert wegen den
Zwiebeln, aber egal, war ja schließlich Tommy. Aber dann war überhaupt nich
sein Mund auf meinem, sondern seine stinkige Hand, der hat mir mit seiner Pfote
den Mund zugehalten. Und ich hab mich noch gewundert, weil ich wollt doch gar
nich schreien oder so was, bis ich denn plötzlich das Messer in seiner andern
Hand gesehen hab, und denn war er mit dem Messer auch schon an meinem Hals.
>Wehe, du gibst einen Mucks von dir!< Ich könnt das gar nich glauben,
wie er mich da in die Halle bugsiert hat, ich mein, das war doch Tommy, den ich
die ganze Zeit wie verblödet angehimmelt hatte. Er hat mich runtergedrückt, auf
die Knie, der hatte ganz schön Kraft, und das hätt ich auch nich gedacht, weil
er doch so klein war. Ich wusste wirklich nich, was er von mir wollte, ich hab
bloß geheult. Gar nich mal so richtig aus Angst, glaub ich, mehr aus - na ja,
Enttäuschung oder so. Er wurd dann wütend, als er gemerkt hat, dass er mir nu
auch noch erklären muss, was laufen soll. >Mann, du dumme Sau, du blöde
Fotze<, der kriegte sich gar nich mehr ein und hat mit dem Messer
rumgefuchtelt und so abgehackte Anweisungen abgelassen. Er hat mich an den
Haaren festgehalten und ganz dicht zu sich rangezogen, meine Nase schon an
seinem Hosenstall, ich hab >aua!< geschrien und bin zurückgezuckt, und
dabei hat mir das Messer in den Hals gepiekt, und das hat er gemerkt und es
noch mal fester rangedrückt, und ich dachte, das blutet jetzt bestimmt, und ich
wollt nich, dass das noch mehr blutet, weil Mutti oder Vati das sonst nachher
gemerkt hätt, und das hätt Ärger gegeben. Bloß deswegen! Also hab ich seine
Hose aufgemacht und seinen dreckigen Schlüpper runtergezogen, und sein steifer
Schwanz ist mir entgegengeklatscht, voll ins Gesicht. Er hat total abartig
gestöhnt und geflucht, >nu mach schon<. Seine Hand war richtig in meine
Haare gekrallt, wie ne überdimensionale Klette, die nie wieder rausgeht, und
die Klinge vom Messer wurd ganz warm an meinem Hals, und da hab ich mich drüber
gewundert. Ich hab mich die ganze Zeit dadrüber gewundert. Und ich hab bloß
geheult und gerotzt und geheult, ich hab ihn in den Mund genommen. Er hat so
widerlich nach Pisse geschmeckt, und er hat ihn mir so tief reingeschoben, dass
ich fast kotzen musste, ich dacht, ich muss ersticken, und ich hätt auch gern
gekotzt, seinen Schwanz und seine ganze Hose vollgekotzt, aber ging nich, und
ersticken könnt ich auch nich. Und auch nich in Ohnmacht fallen. Das war ja das
Einzige, was ich wollt in dem Augenblick: einfach nich mehr da sein. Weil ich
überhaupt nich glauben könnt, dass ich das grade bin.
    Und dann passierte was, wo ich
bis heut nich weiß, ob das nu gut war oder nich. Auf einmal sind Ecki und die
anderen reingekommen, die ganzen Jüngeren, und die haben sofort losgegrölt.
>Iih, Stucker bumst die Wachlowski! Iih, wat willste denn mit der
Polenschlampe, Mandy lässt dich wohl nich ran, wa!<
    Er war erschrockner als ich,
hat mich sofort weggeschubst und losgebrüllt und die alle zusammengestaucht.
Ich hab bloß zugesehn, dass ich wegkomm, nur gradeaus durch die Büsche, echt,
wie sone junge Katze. Auf halbem Weg bin ich hingefallen, hab mir die Knie
aufgeschlagen. Ich bin nach Hause gerannt, zu Mutti und Vati, und hab mich im
Bad eingeschlossen und kein Wort gesagt. Nie. Niemals, hab ich gedacht. Und die
ganze Zeit hat das keiner gewusst, außer die Drecksärsche vonner Elpe.«
    Romy springt auf und geht
raus. Ich gucke aus dem Fenster, die Sonne scheint immer noch, immer noch keine
Wolke, als war noch mal Sommer. Irgendwas macht Geräusche, wie ein Rhythmus.
Als Romy wieder reinkommt, hält sie was in der Hand. Eine Zigarette. Sie sagt
nichts, legt sie mir bloß hin. Dann geht sie rüber zum Plattenspieler und nimmt
die Nadel runter. Die Geräusche hören auf. Sie dreht Beethoven nicht um.

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