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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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Club komm, kaputt und wie immer
viel zu spät, und wie ich da Ella aus unserer Haustür kommen seh, da dacht ich,
na, nun haben sich zwei gefunden. Ich hab ja immer Angst, dass Romy andre eher
abschreckt, allein, wie sie so ist, nicht mit Absicht. Oder vielleicht doch.
Aber Ella sieht eigentlich nicht so aus, als wenn sie sich einfach abschrecken
lässt. Das ist gut. Ach, man braucht ne Freundin. Rosi hat mich angerufen.
Einfach so. Sie wollte mal hören, wies mir geht. Na ja, wie gehts mir schon:
Ich hab ihr von den Clubs erzählt, von den Jugendlichen, keine Ahnung, ob sie
das versteht, ob sie das überhaupt interessiert, sie hat mir aber zugehört und
nicht gleich wieder »nen guten Tipp« parat gehabt. Ich hatte ne ganze Weile
lang überhaupt keine Lust, sie zu sehen. Aber wie sie hörte, dass ich jetzt
paar Tage Urlaub hab, immer noch Überstunden von den Sommerfesten, da war sie
richtig aus dem Häuschen, weil sie nämlich auch grad Urlaub hätt und ob ich da
nicht mal vorbeikommen wollte, sie war ja sonst auch ganz alleine in dem
großen Haus. Ich sag, wieso, ich dacht schon, da war irgendwas passiert. Aber
ihr Mann ist zur Weiterbildung, und die jüngere Tochter hat jetzt auch ne Lehre
angefangen. »Das is richtig komisch«, hat sie gesagt. Da tat sie mir irgendwie
leid. Ich dachte, wie soll das erst werden, wenn Romy aus dem Haus ist. Na
jedenfalls: ich hab zugesagt. Mit Übernachtung! Das muss zwanzig Jahre her
sein, dass ich das letzte Mal bei Rosi übernachtet hab. Fahr ich am Donnerstag
also nach Ueckermünde, Freitag muss ich ja schon wieder da sein, wegen den
Vorbereitungen für das Dorffest. Eigentlich könnt ich gar nicht weg. Aber ach,
mal muss man doch auch raus. War mir auch egal, was Friedhelm dazu sagen würd.
Erst hat ern Gesicht gezogen, dann hat er »ja ja« gesagt. Die eine Nacht wird
er schon überstehen ohne mich. Und Romy ist ja auch noch da. Aber ich weiß
nicht, ich glaub, die reden gar nicht miteinander, wenn die alleine sind.
    Als ich vorhin die Wohnungstür
aufgemacht hab, war drinnen alles dunkel. Totenstill. Friedhelm nicht da, kein
Abendbrot auf dem Tisch, von Romy kein Mucks. »Hallo«, hab ich gerufen, aber
keine Antwort. Vielleicht war das falsch. Aber ich musste sofort zu Romys
Zimmer hin und nachgucken. Ich musste doch gucken, ob sie nicht wieder
umgekippt war. Da saß sie, im Dunkeln.
    »Romy«, hab ich gesagt. »Ich
bin wieder da.«
    Sie hat sich nur halb
umgedreht, mich gar nicht richtig angeguckt. »Ja.«
    »Alles okay?«
    »Ja, wieso?«
    Den Qualm hab ich genau
gerochen. Nicht, dass sie denkt. Ich wollt auch erst was sagen, hab mir aber im
letzten Moment auf die Zunge gebissen. Lass sie, hab ich mir gesagt, lass sie
endlich mal. Sie ist jung. Sie muss doch auch mal ... ja, was? Sie muss überhaupt
nicht.
    »Mach dir doch Licht.«
    »Jaa. Gleich.«
    Irgendwas hatte sie doch. Aber
ich wollt nicht neugierig sein, vielleicht hatten sie sich gestritten. Ella sah
auch so ernst aus. Vielleicht - vielleicht war es wegen Paul. Ich seh doch, was
los ist. Dass mein Kind sich grade unglücklich macht. Und Ella? Zu dritt ist
manchmal schlimmer als alleine. Kenn ich. Aber da müssen sie nun selber durch.
Du kannst nicht immer helfen, Sonja Plötz, kapier das mal.
    Aber ich konnte sie doch nicht
so da sitzen lassen.
    »Ich mach jetzt Abendbrot.
Kommst du dann?«
    »Ich hab keinen Hunger.«
    »Aber du musst doch was
essen«, hab ich gesagt, »denk an deinen Kreislauf!«
    Und sie, gereizt: »Mama, ich
bin siebzehn, nicht siebzig! Und ich muss überhaupt nix! Wenn ich keinen Hunger
hab, dann muss ich auch nix essen! Essen, immer nur essen ...«
    »Du bist schon so dünn!«
    »Na und! Kann ja nicht jeder
fett sein. Sowieso: Alle reden immer davon, dass die Dicken diskriminiert
werden. Aber über die Dünnen darf man herziehen, oder was? Genauso mit diesem
ewigen >Du-siehst-ja-so-blass-aus<,
>Du-bist-ja-so-weiß-geh-ma-in-die-Sonne!< Wenn das kein Rassismus ist!«
    »Romy!«
    »Was?«
    »Du könntest mir wenigstens
Gesellschaft leisten.«
    Aber denkste. Ich musste mir
meine Stulle schön alleine hinterkauen. Das ist doch wohl das Mindeste. Dass
man zusammen isst. Aber Friedhelm auch nicht da. Eben hab ich ihn übern Hof
laufen sehen, zusammen mit Werner. Da hab ich das Licht ausgemacht. Sie sind
zu Jethke Schuppen hin. Mal wieder. Das kenn ich ja schon, aber dass das jetzt
jeden zweiten Abend so geht dass die da jetzt schon mehrmals die Woche sich
einen hinterkippen -, das geht doch nicht.

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