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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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bloß an dich denken - schon war das weg. Angst hatt ich bloß vor eins:
dass das auf einmal alles vorbei sein könnt, von ein Tag aufn andern, dass du morgens
inner Schule zu mir sagst, so, Maria, nu will ich nich mehr deine Freundin
sein. Ich weiß nich mehr, ob ich wirklich dacht, dass das passieren könnt. Das
war vielleicht wie mit dem lieben Gott. Wenn sie mir immer gesagt haben, der
sieht alles, alles, was du machst, Maria, und wenn du was Schlimmes machst,
denn wird er dich dafür bestrafen, wirst schon sehen. Und Hochmut kam vor dem
Fall. Richtig geglaubt hab ich das immer nich, glaub ich. Aber vorstellen könnt
ich mir das. Wie das sein würd, wenn Gott mich bestraft, und dass mir denn alle
Haare ausfallen würden oder meine Mutter stirbt oder der Pfarrer mich in einen
Turm einsperrt wie die Heilige Barbara, die mocht ich am liebsten. Wenn das
gewitterte oder irgendwo brannte, denn hat meine Mutter mich immer gerufen,
»kümm, Maria, wi wulln eis bääden«, und denn haben wir zur Heiligen Barbara
gebetet, dass der Blitz nich in unser Haus einschlägt. Und wie mocht ich das
gern mit den Kirschzweigen, wenn wir die am vierten Dezember ins Haus geholt
haben, da war immer mein Vater für zuständig, der musst die abschneiden, die
Barbarazweige, und denn bin ich jeden Morgen als erstes in unsre Stube mit
nackte Füßen, um nachzugucken, ob die schon aufgeblüht sind. Da hab ich dran
geglaubt, an die Heilige Barbara, ich wusst genau, wie die aussieht, die hatte
auch so schöne blonde Haare wie du.
    Und deshalb hab ich mir das
vorgestellt, wie das war, wenn du mich nu überhättst, wenn ich wieder alleine
sein müsst. Wie ich denn sterben würd, einfach so, dass das denn noch das Beste
war, das hab ich mir vorgestellt. Damit das nich passiert. Dass wir keine
Freundinnen mehr sind. Und siehst du, denn is das doch so gekommen, bloß dadran
stirbt sich das nu nich.
    Anna, das is vielleicht
kindisch, aber siehst du, manchmal könnt ich heulen dadrum, dass ich gar nix
von dir hab, gar kein Andenken, ich weiß nich, wo das alles geblieben is mit
der Zeit, was du mir geschenkt hast immer mal, so kleinen Krimskrams, gepresste
Blumen und eine Schachtel dazu und eine Kette aus Holzperlen. Und die Bücher.
Wo is das alles geblieben? Das muss alles beim Umbau weggekommen sein, oder
Britta hat das alles mal in Müll geschmissen. Ich weiß auch nich, wieso ich
bloß das eine Foto von dir hab, eins von die, die damals inner Schule gemacht
wurden, von mir gab das auch so eins, aber das hab ich auch nich mehr. Und da
siehst du so ernst drauf aus, so wie du sonst gar nich ausgesehn hast. Das
liegt so lose in dem einen Fotoalbum, wo das eigentlich gar nich reingehört,
das war alles später da drin. Aber meistens hol ich das bloß raus, um dich anzugucken
auf diesem lütten Bild, das is schon ganz abgegrabbelt unten am Rand.
    Das Einzigste, was ich noch
von dir hab, das is, wie du geredet hast. Das Hochdeutsch. Das hab ich mir nich
wieder abgewöhnt. Auch wenn ich das mit kaum einem geredet hab, außer mit Simon
zu Hause. Das mocht ich gleich an ihm. Das war so meine Zu-Hause-Sprache.
    Irgendwas is doch da drüben
los. »Ella!« Das hört sie wieder nich. »Ella, ich glaub, das brennt!« Da is sie
doch, was is sie denn da draußen, das brennt doch da drüben, das brennt, Anna!
     
     
     
    ELLA
     
    Na, wenn das mal nicht der
erhebendste Anblick seit Jahren ist! Ich weiß, die Feuerwehr wird gleich da
sein aus Anklam, unser altersschwaches Ding schafft das ja anscheinend nicht,
und dann werden sie es löschen, eine Ruine löschen! Als war das ein Denkmal.
Werden immer mehr Leute, und alles gafft, ich auch, ist ja sonst nix los, ja
ja. Aber ich steh einfach da, mit verschränkten Armen, und guck mir das an
wien - wien Bild, wien Feuerwerk. Das ist ein Feuerwerk, und was für eins! Damit geht hier
eindeutig was zu Ende, und was Neues gibts nicht, genauso wenig, wie es ein
Neues Jahr oder so was gibt, aber alle denken das, alle denken, dass hier noch
was zu retten war, und machen sich wichtig. Soll mich nicht wundern, wenn wir
alle gleich so ne Kette bilden müssen, wo die Wassereimer von einem zum andern
weitergereicht werden schwapp schwapp, und Oberlehrer Wachlowski kommandiert
marsch marsch. Am Arsch! Würd mir einer sonen Eimer in die Hand drücken, würd
er ihn aber sofort zurückkriegen: ins Gesicht. Kleine Dusche, dass er mal zu
Verstand kommt. Die Elpe löschen, wie hirnverbrannt kann man eigentlich sein!
Dabei würd das das

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