Zander, Judith
man ja manchmal, dass ich denn
auch noch stolz auf mich war, dass die so ein Vertrauen zu mir hatte, im Ernst.
Aber was ich da nun eigentlich machen sollte ... Ich meine, das Mädel war erst
vierzehn, und ich hab mir vorgestellt, wenn nun Romy mit so was ankäme, was
würd ich denn da machen? Hatte ich sie überhaupt richtig aufgeklärt? Ich konnte
mich gar nicht erinnern. Mit vierzehn waren wir damals noch halbe Kinder.
Sind die ja heute auch noch,
aber manchmal denk ich, die sind gar nicht richtig jung. Das Schlimme ist, dass
du bei denen heute schon siehst, die werden wie ihre Alten. Und nicht bloß,
weil sie nix andres können, die wollen auch gar nix andres. Neulich kommt
Berndi zu mir und sagt: »Wissen Sie wat, Frau Plötz, ick hab jetz ne neue
Freundin.«
Und ich freu mich für ihn,
weil er ja nun so lange seiner Verflossenen nachgetrauert hatte, und seine
Mutter hatte ihm auch die ganze Zeit damit in den Ohren gelegen, warum er die
denn nicht behalten hätte, die war doch son nettes Mädchen und hat auch immer
geholfen und alles, und wie ich denn mal Berndi fragte, warum er sie dann nicht
behalten hätt, sagte er, dass eine von der Sorte ihm reicht, nämlich seine
Mutter.
»Dat ging nich, Frau Plötz,
ick hab die geliebt, aber die hat mir sogar gesagt, wat ick anziehn soll und
dat meine Schuhe dreckig sind und son Scheiß, da könnt die sich drüber
uffregen, den ganzen Tach lang!«
Und wie er mir dann das von
seiner Neuen erzählte, sag ich so: »Na, Berndi, dann biste ja jetz glücklich,
wat?«, aber da sagt er: »Nee, Frau Plötz, ick glaub, meine Mutter mag die nich,
und denn geht dat ja uch wieder nich. Die lässt sich bloß bedienen, sagt meine
Mutter, und dat stimmt uch. Dat is jetz bloß ma so zwischendurch, glaub ick,
dat is nix Richtiges. Sagt meine Mutter ja auch.«
Ich wusst gar nicht, was ich
dazu sagen soll. Tja, wenn Mutti das sagt ... Genauso mit der Musik. Die ist ja
so von der Sorte, wo Romy sagen würde, dass sich einem da die Zehnägel hochkrempeln.
Das ist ja manchmal selbst mir zu viel, und dabei hör ich gerne mal n satten
Schlager. Aber das geht bei denen in einer Tour mit Wolfgang Petry und wie die
alle heißen, ich dacht, ich spinn, wie die da mal so ne CD mit Schlager rauf
und runter reingelegt haben.
»Sagt mal, das is doch nich
euer Ernst, oder?«, hab ich gefragt, ich dachte, die wollen mich verarschen. Da
haben sie mich ganz groß angeguckt und gefragt: »Wieso?«
»Na, dat hört sich ja an, als
wenn ihr euch an der Plattenkiste von euern Eltern vergriffen habt!«, sag ich,
und dadrauf Sabrina: »Joo, meine Mutter hört dat uch gerne.«
Na lass sie, dacht ich, immer
noch besser, als wenn sie hier mit ihrem rechten Zeug ankommen. Das hatten sie
ja erst auch versucht. Da gabs aber keine Diskussion.
»Gibts nich«, hab ich gesagt,
»pack gleich wieder ein!« Mir wird wirklich schlecht bei so was, manchmal kann
ich das schon nicht hören, wenn die nur >Deutschland< oder
>deutsch< sagen.
»Außerdem ist es verboten, und
ich will mich hier nich strafbar machen«, das fiel mir zum Glück noch dazu
ein, als sie aufmucken wollten.
»Nu hörn Sie sich das doch
erst ma an ...« Und dann hielten sie mir so die CD hin, aber ich mochte die
nicht mal anfassen. »Pack weg«, hab ich gesagt, »bei mir landet das sonst
gleich im Müll.«
»Dat dürfen Sie gar nich, dat is
ja mein Eigentum.«
Da hats mir gereicht. »Ich
kann ja ma die Polizei herbestelln, und denen kannst du denn mal was über dein
sogenanntes Eigentum erzählen!« War natürlich n bisschen hart von mir, und ich
dacht, jetzt springt er mir gleich an die Gurgel, Maik Börner war das, mit dem
ist öfter nicht gut Kirschen essen.
»Wenn Sie dat machen ...«
»Ja, was dann?« Bisschen
Schiss hatt ich schon, aber da musst ich jetzt durch. Einmal konsequent sein,
Sonja, hab ich gedacht. Wenn du das schon bei deinem eigenen Kind nicht
konntest, dann wenigstens jetzt, und die hier habens auch nötiger. Er hat dann
aber gar nix weiter gesagt, Maik Börner, sondern ist bloß raus und hat die Tür
hinter sich zugeknallt.
Im Nachhinein denk ich, dass
das vielleicht nicht so clever war von mir. Ich mein, das einfach zu verbieten.
Aber wie ich das hörte, hab ich rotgesehen, ich dachte bloß, nicht bei mir,
weil bei der Nielich durften sie das ja anscheinend alles, die hat sich doch
gar nicht dadrum geschert. Hauptsache, die hatte ihre Ruhe. Und nun komm ich
auf einmal und sag, das geht nicht, ist ja klar, dass denen das nicht
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