Zander, Judith
glaub, nen
Hammer, weil ich da grade mein Zimmer gekriegt hatte, sagt sie: »Soll ick dir
wat sagen, Sonja? Ick hab mir hier einen angelacht, aber ganz picobello, sag
ick dir!«
Und ich denk, na, das ist dann
wohl wirklich mal was Festes, wenn sie immer noch so von dem schwärmt, und sag
bloß so, »na, haste mir ja letztens schon erzählt«, und da sagt die doch: »Ach,
Quatsch, Sonja, der doch nich mehr! Dat war doch nix. Aber der hier, der sagt,
der liebt mir wirklich. Aber davor hatt ick noch n andern, der war uch nich
verkehrt, bis uff dat er immerzu mit mir int Bett wollt, dat wurd mir denn zu
viel, ick mein, man is ja uch kaputt von dat Rumstehn hier den ganzen Tach ...«
Solche Sorgen hatte ich ja nun
nicht. Eigentlich wollte ich gar nichts »Festes«, oder na doch, schon, aber ich
hatte auch immer Angst um meine sogenannte Freiheit, ich wollte mich nicht
einengen lassen, jedenfalls nicht so früh. Eigentlich fand ich das klasse,
alleine zu sein. Die Jungs, die ich hatte, die man so kennenlernte auf Disco,
das hielt ja immer alles bloß von zwölf bis Mittag, wirklich gewollt hab ich
keinen von denen, und mehr als Händchenhalten und n bisschen rumknutschen war
da ja auch nicht. Und das war mir dann schon zu viel, wenn die dann ständig ankamen
bei mir zu Hause oder später manche auch im Laden, da fand ich die alle doof.
Einmal hatt ich einen
kennengelernt, in Anklam, in der M elodie , der hatte nen weißen Anzug
an, und meine Freundin wurd vor Neid grün und gelb, als der mich dann zum
Tanzen aufforderte. »Mensch, Sonja, du kannst ein Glück haben«, sagte die
nachher. Ich glaub, bloß deswegen hab ich dem dann gesagt, wo ich arbeite, ich
dachte doch nicht, dass ich den noch mal wiederseh. Aber der ist dann
tatsächlich zu mir in den Laden gekommen, ich war grade hinten und hörte bloß,
wie einer fragte: »Ist Fräulein Sonja da?«
Fräulein Sonja!, ich dacht,
ich werd nicht wieder, und meine Chefin rief denn auch, »Sonja!«, und da stand
er dann in seinem weißen Anzug und fragte, ob wir mal ins Kino gehen wollen. Da
wollt ich schon nicht mehr, aber ich hab ja gesagt. Und meine Chefin hat sich
richtig für mich gefreut. Und dann kam der Tag mit dem Kino und ich also hin,
und ich sah ihn schon von weitem davor warten, und wieder in diesem
unmöglichen weißen Anzug, und mir wurd heiß und kalt zugleich, und jeder
Schritt fiel mir schwerer, meine Füße das reinste Blei, als wenn ich zum
Schafott müsste. Plötzlich war mir alles egal. Ich drehte mich aufm Hacken um
und bin weggerannt, war mir scheißegal, was der von mir dachte. Aber der kam
mir ja noch hinterher.
»Sonja«, hat er gerufen,
»bleib doch mal stehen!«
Aber ich blieb nicht stehen,
hab mich bloß umgedreht und geschrien: »Gehweg!« Ich war wütend, richtig
fuchtig war ich. Was die Leute wohl gedacht haben!
Aber das war immer so: Sobald
ich einen hatte, wollt ich den auch wieder loswerden. Wenn ich Romy das erzähl,
findet die das unmöglich, wie ich denn bloß so herzlos sein konnte. Besonders,
als ich meinen beiden Freundinnen hinternander die Freunde ausgespannt hab,
obwohl mir gar nix an denen lag, der eine war sogar richtig häßlich. Aber ich
hatte gemerkt, dass ich Schlag bei denen hab, und das hab ich dann einfach
ausgenutzt, ich hätt ja selber nicht gedacht, dass das so leicht geht. Ich
hatte dann auch kein schlechtes Gewissen, ich hab gedacht, wenn die sich so
schnell ablenken lassen, dann taugen die sowieso nix. Ich glaub, ich kam mir
noch geradezu edel dabei vor, dass ich den beiden nun gezeigt hätte, was ihre
Dämlacks von Freunde wert sind. Aber das gab natürlich Knatsch. Da war denn
erst mal Funkstille zwischen uns, ziemlich lange, das war meine Strafe, und da
hab ich erst mal überlegt, ob ich da nun vielleicht doch n bisschen zu weit
gegangen war.
Das renkte sich dann zwar
wieder ein nach ner Weile, aber die halten mir das heute noch vor, besonders
Rosi, ich glaub, die hat den wirklich geliebt, den Häßlichen, ich wusste gar
nicht mehr, wie der hieß, bis sie mal gesagt hat: »Aber dat mit Detlef damals,
nee, Sonja, dat war nich schön ...«
Detlef! Genau. Das ganze
Gesicht voller Pickel, und dann noch diese dicke Brille, ich glaub, der hat
auch geschielt. Der war dann richtig traurig, als ich ihm gesagt hab, »du, ich
glaub, das geht doch nicht so mit uns«.
»Wieso nicht?«, hat er
gefragt, »wieso denn nicht?«, immer wieder, und ich sollt ihm doch den Grund
sagen. Aber das konnte ich ihm doch nun auch
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