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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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denen dadrüber debattieren, ich hab einfach
gesagt: »Wir machen ein Herbstfest.« Und zwar eher, wenn das Wetter noch
einigermaßen ist, dann brauchen sie sich nicht mehr so lange langweilen,
vielleicht können wir sogar noch grillen. Ach, ich versteh sie ja auch. Ist ja
sonst nix los hier. Das Dorffest übernächstes Wochenende wird ja wohl auch eher
ne lahme Veranstaltung werden, da mag auch keiner einen Finger für krumm
machen, Hauptsache gibt Bier und Braunen. Na ja, Besäufnis war das schon immer,
erst recht zu unsrer Zeit damals, aber wenigstens waren das noch richtige
Feste, da ist das ganze Dorf hingekommen, und meine Mutter hat sich in Schale
geworfen und ist mit ihren dünnen Trittchen durch die Modder.
    Einmal haben sie Pastor
Maitzahn besoffen gemacht, da war ich aber noch ziemlich jung und hab das
hinterher nur so durch meine Alten mitgekriegt, wie die sich dadrüber
aufgehalten haben. Und die hattens grade nötig. Das muss in dem Jahr mit dem
großen Brand gewesen sein, als der Bullenstall brannte. Meine Mutter hat mich
wachgerüttelt und gesagt: »Stooh up, stooh up, de Bullenstall brennt!«
    Weil wir wohnten ja gleich
gegenüber, und die hatten Angst, dass das Feuer auf unser Haus übergreift, und
dann musste ich bloß schnell die Stiefel anziehen und meinen Anorak über und
dann nix wie raus, das war schlimmer als Gewitter, wo sie einen auch immer
geweckt haben und alle Papiere zusammengesucht.
    Frühmorgens war das,
stockduster und eine eisige Kälte, mir blieb fast die Luft weg, auch wegen dem
Rauch, der zu uns rüberzog. Das war mitten im Winter und an die minus zwanzig
Grad oder so, die Schläuche von den Feuerwehren waren teilweise eingefroren,
die kamen ja von überallher an mit Tatü-Tata, und dann konnten sie fast gar nix
machen.
    Wir dann im Galopp durch den
Schnee an dem brennenden Stall vorbei, paar Häuser weiter zu einer Freundin von
meiner Mutter, zu der Kahl, und ich seh noch die großen Flammen, das war wie im
Traum, wenn man wegläuft und nicht von der Stelle kommt, der Stall wurd immer
länger, und dann das Brüllen von den Tieren, und ich hatte grad zu der Zeit
immer so einen Alptraum von einer Kuh, vor der ich weglaufen wollte und nicht
konnte, und die kam immer näher mit ihrem großen Maul, das kam mir nun alles in
Kopp und ich war wie gelähmt, meine Mutter musst mich ziehen, und ich dachte,
wenn nun unser Haus abbrennt, dann ist der Aufsatz weg, den ich noch abends bis
halb in die Nacht für Deutsch geschrieben hatte, dann war die ganze Arbeit
umsonst, und ich krieg ne Fünf. Das war mein einziger Gedanke, und ich hab
geheult.
    Und dann seh ich, wie uns
Pastor Maitzahn auf der Dorfstraße entgegengerannt kommt mit ner Mistforke, und
schon ganz rot im Gesicht, und die Haare standen ihm noch vom Schlafen in alle
Richtungen ab, und denn hielt der die Forke auch noch so, als ob er damit nun
auf einen loswollte, und ich hab gedacht, das darfst du nicht denken, aber
gedacht hab ichs doch, nämlich dass er einen ganz guten Teufel abgeben könnte,
zum Fasching, aber er war doch der Pastor, und dann dacht ich, wenn jetzt unser
Haus abbrennt, dann bin ich schuld, weil ich das über Pastor Maitzahn gedacht
hab.
    Das haben wir dann alles von
der Kahl ihrem Haus aus beobachtet, wie die versucht haben, das Feuer zu
löschen und die Tiere rauszutreiben, und unser Pastor ist immer wieder rein,
mitten ins Feuer, und hat die Viecher mit seiner Mistgabel rausbugsiert, die
sind ja bei so was nicht zu bewegen, die rennen ja direkt in die Flammen. Die
haben sie dann alle rüber in die KfL-Werkstätten getrieben, wegen der Kälte.
Aber richtig gewütet hat er da, Richard Maitzahn, und die andern Männer
angetrieben und rumkommandiert, und die haben vor Schreck pariert. Das hätt dem
keiner zugetraut von denen, die haben den ja vorher ganz misstrauisch beäugt,
weil er nun ja auch noch von woanders war und Hochdeutsch sprach, na, und nen
Pastor hat doch da sowieso keiner ernst genommen, höchstens die Alten. Aber
danach hat ihm mein Vadder auf die Schulter gekloppt und n Schnaps gegeben. Da
hat er denn dazugehört auf einmal.
    Und dann haben sie ihn beim
Dorffest noch mal hochleben lassen und ordentlich abgefüllt, dass er nicht mehr
alleine nach Hause konnte. Vielleicht hat das da angefangen. Denn aufzuhören,
das hat er nachher nicht mehr geschafft, und er war doch der Pastor, auch für
die, die dann Richard zu ihm sagten. Und seine Tochter, die hieß Gerda und
wurde meine beste Freundin. Die

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