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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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in Kram
passt. Aber ich glaub, die wollten auch einfach mal sehen, wie weit sie gehen
können bei mir. Trotzdem hätt ich vielleicht erst mal mit denen reden sollen.
Aber bringt das was, das ganze Reden? Das geht doch hier rein, da raus. Und was
hätt ich denn sagen sollen? Dass Hitler ein Schwein und der größte Verbrecher
war, dass sie doch mal an die ganzen Juden denken sollen in den KZs und ob sie
sich denn nicht schämen? Da lachen die sich doch tot. Da kommen sie dann nur
wieder mit ihren Ausländer-Parolen, dass die Ausländer sich hier breitmachen,
dass die Ausländer ihren Eltern die Arbeitsplätze wegnehmen und so weiter.
    »Sagt mal, glaubt ihr das
wirklich?«, hab ich da mal ganz entgeistert gefragt, und ob sie denn überhaupt
schon mal einem direkt begegnet wären, aber da haben sie bloß gesagt: »Na ja,
gehn Se doch mal durch Anklam, nur noch Kanacken!« Was der reinste Blödsinn
ist. Da sieht man höchstens mal einen ausm Asylbewerberheim, die aus Togo, und
die nehmen nun wirklich keinem was weg, im Gegenteil, die können einem
leidtun. Die langweilen sich hier doch zu Tode. Einer spielt jetzt bei Lok
Anklam, und der ist gut, sagt sogar Friedhelm. Aber der hat kein bisschen
Akzeptanz, wenn der spielt, brüllen die eigenen Fans: »Wir brauchen keine
Affen!« Fragt sich bloß, wer hier die Affen sind. So viel Borniertheit, das
hält man nicht aus. Aber du kriegst das nicht raus aus die ihren Köpfen, das
seh ich ja schon bei meinen eigenen Brüdern, und wie sollen denn da die Kinder
sein. Meine Jugendlichen hier, die haben das doch auch nicht von ungefähr, die
können einem eigentlich auch bloß leidtun. Und ob ich da nun was sage oder
nicht.
    Ach, manchmal denk ich, ein
bisschen hilft es doch. Bild ich mir vielleicht auch bloß ein. Aber wenn mal
einer nicht in die gleiche Kerbe haut wie alle andern um sie rum, wenn einer
mal sagt: stopp, vielleicht macht das schon was aus. Denn die mögen mich ja
auch, die haben mir sogar Romme beigebracht, da mussten die ganz schön Geduld
mit mir haben, aber die wollten unbedingt, dass ich mitspiel. Vielleicht, damit
sie einen haben, der immer verliert. Und die fragen mich ja auch ständig nach
meiner Meinung über alles Mögliche. Vielleicht auch bloß, damit sie sich
dadrüber kugeln können, was die Alte so von sich gibt. Aber wenn dann nur mal einer
von denen für zwei Sekunden drüber nachdenkt, da hätt ich schon was gewonnen.
Aber dann gehen sie nach Hause und hören sich ihre Scheiß-Musik an und nächstes
Mal steh ich wieder vor dem gleichen Berg von Dummheit, vor dem gleichen
Misthaufen, und such vielleicht die Nadel dadrin, das letzte bisschen Verstand.
    Aber den saufen sie sich auch
noch weg. Was die so konsumieren, schon bloß allein das Bier, da wundert man
sich, dass da noch keiner an Alkoholvergiftung eingegangen ist. Aber das ist
ihr ganzer Stolz, wie viel sie am Wochenende wieder in sich reingekippt haben
und was sie dabei dann für Scheiße gebaut haben. Einmal grient Toffi mich an
und sagt: »Mann, Frau Plötz, ick hab Sonnabendnacht zu Hause den ganzen
Perserteppich von meine Eltern vollgekotzt!«
    Und ich, naiv, wie ich bin,
frag noch ganz erschrocken: »Mensch, Toffi, wat hattest du denn?«
    »Ach, gar nix, bloß fast ne
ganze Flasche Sauern Appel gebechert!«
    Als ich das Romy erzähl, sagt
die bloß: »Na, da siehste doch schon, dass die nich ganz rund laufen!«
    »Ach Mann, Romy«, sag ich,
»die können einem doch leid tun. Keiner besäuft sich ohne Grund.«
    »Das mein ich ja«, sie
dadrauf. »Keiner besäuft sich ohne Grund mit Saurem Appel.«
    Hat sie vielleicht auch wieder
recht. Und jetzt fiebern sie schon Halloween entgegen, obwohl das noch über
einen Monat hin ist. Da brauchen sie sich aber gar nicht drauf spitzen. Das
gibts bei mir sowieso nicht, Halloween. Was soll das überhaupt sein, da gehts
doch bloß um Leute Erschrecken und böse Geister, das ist doch schon bald
Okkultismus, und das soll man nun auch noch feiern. Und ausgerechnet am
Reformationstag. Horrorfilme wollten sie da gucken, und Anne sagte zu mir: »Da
kann ick denn wieder gar nich einschlafen nach«, und ich frag sie, warum sie
sich denn dann so was anguckt, und da zuckt sie bloß mit den Schultern. »Na ja,
die andern gucken doch auch.«
    »Also, das kommt gar nich in
Frage«, hab ich gesagt. Ich kann doch nicht jeden zweiten Mittwoch zu meinem
Bibelgesprächskreis rennen und dann mit der Jugend Halloween feiern. Ich wollt
aber nun nicht lang und breit mit

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