Zarias Geheimnis
Zauberstab ausgeführte Magie mehrerer Jahrhunderte offenzulegen, verbraucht 50.000 Radia-Einheiten.
»Fünfzigtausend!« Ich dachte an die Pforte von Galena. Wie vieler Radia hatte es bedurft, um einen Zauber zu erschaffen, der Kinder nicht heraus und die meisten Erwachsenen nicht hineinließ?
Berühre mit deinem Zauberstab den Zauberstab, dessen Zauber du enthüllen möchtest. Saturiere auf Stufe 22 und sage: »Disclosan nos enchanterel.«
Als ich Beryl durch die Tür kommen hörte, legte ich das Zauberbuch zurück in den Schrank. Es graute mir davor, was sie sagen würde, und ich schlich leise nach unten. Sie saß auf einem Hochsitz und starrte auf den Haufen Eisenstaub. Sie war so weit nach vorne gebeugt, dass ich ihren Gesichtsausdruck nicht sehen konnte.
»Ich weiß, du wirst es mir nicht glauben«, sagte ich, »aber es war keine Absicht.«
Beryl hob den Kopf. Sie sah noch älter aus als am Vorabend. Ein Schleier schien über ihren Augen zu liegen. »Ich glaube dir, Zaria«, erwiderte sie. »Warum, glaubst du, hat mich dein Besuch auf der Erde so beunruhigt? Warum, denkst du, war ich so besorgt, was du mit einem Zauberstab hättest anstellen können?«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte eine Standpauke erwartet und nicht Erschöpfung und Besorgnis.
»Blutstein und ich haben über dich und Leona gesprochen«, fuhr sie fort. »Wir waren uns einig, dass es nach den heutigen Ereignissen angemessen ist, eure Strafe aufzuheben.«
Ich wusste, ich sollte ihr dafür danken, konnte es aber nicht.
Beryl ließ den Kopf hängen. »Ich sollte dich dafür anzeigen, dass du deine Eisenfesseln in Staub verwandelt hast, aber das werde ich nicht tun.«
»Du wirst es Blutstein nicht sagen?«
»Nur wenn du deinen Freunden erzählst, dass du deine Strafe ohne Erlaubnis selbst verkürzt hast.«
»Ich werde es niemandem verraten.«
»Dann werde ich dieses Geheimnis ebenfalls für mich behalten.« Sie deutete auf den Eisenstaub. »Du musst die Fesseln wiederherstellen. Ich kenne den dazu nötigen Zauberspruch.« Sie seufzte. »Stell dir den Gegenstand in seinem ursprünglichen Zustand vor und sag ›Recre redontum‹ .«
Unter ihrem wachsamen Blick holte ich nervös meinen Zauberstab hervor.
»Warte!«, sagte Beryl plötzlich. »Du beschwörst deine gesamte Magie herauf. Nutze nicht mehr, als du wirklich brauchst. Alles andere ist Verschwendung.«
»Aber …«
»Stell dir einen Schmelzofen vor und wie viel Hitze notwendig ist, um Platin zu schmelzen. Dann denk an einen Herd. Wie viel Hitze ist nötig, um Wasser zum Kochen zu bringen? Verstehst du den Unterschied?«
Ich nickte.
»Magie ist wie Hitze. Nutze nur so viel, wie du für einen Zauber brauchst. Das nennt man Saturieren .«
»Wie funktioniert es?«
»Dein Zauberstab, Zaria. Sieh ihn dir an. An der Seite zieht sich ein Leuchtstreifen entlang, der die Saturationshöhe anzeigt.«
Ich musterte den Stift, der nicht mehr einheitlich schwarz war. Ein schmaler Lichtstreifen schimmerte von einem Ende zum anderen.
»Wenn dein Zauberstab voll ist«, erklärte Beryl, »bedeutet es, dass du auf Stufe einhundert saturiert hast, der höchsten Stufe, die du erzeugen kannst. Für den Wiederherstellungszauber ist nur Stufe zwanzig nötig. Nimm etwas Magie zurück.«
Ich stellte mir vor, wie die Magie in meinem Zauberstab in mich zurückfloss. Der Lichtstreifen flimmerte den Zauberstab entlang auf und verschwand.
»Es bedarf ein wenig Übung, das Saturierungsniveau zu kontrollieren«, erläuterte Beryl weiter.
Bei dem Gedanken an die Zauber, die ich im Buch meiner Mutter gelesen hatte, wurde mir ganz anders. Was wäre passiert, wenn ich einen davon ausprobiert hätte? Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie man einen Zauberstab verwendete. Ich hatte nicht die geringste Ahnung von irgendetwas!
Meine Knie wurden ganz weich, und meine zittrigen Flügel konnten mich nicht auffangen. Ich sank zu Boden.
»Zaria?«
Ich schlang die Flügel um mich. Wie sehr wollte ich die klare, sanfte Stimme meiner Mutter hören, wie sie mir Anweisungen gab, mir half, mir zeigte, was ich tun sollte.
»Was ist los?«, fragte Beryl.
»Meine Mutter.« Ich fing bitterlich zu weinen an.
»Na endlich«, murmelte Beryl.
»Sie wird nie erfahren, dass ich violett bin«, schluchzte ich. »Und sie kann mir nicht beibringen,meine Magie zu benutzen. Und mein Vater … Jett … Es ist so ungerecht.«
Beryl kniete sich neben mich hin. »Ich hatte schon befürchtet, dass du nie um sie
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