Zarias Geheimnis
Menschen kommen sehr gut ohne uns zurecht.« Er wischte sich mit seinem dreckigen Ärmel übers Gesicht.
» Andere Paten helfen und beschützen …«
»Heutzutage? Nur die wenigsten«, lachte er spöttisch auf. »Und wenn sie es sich auf die Fahnen schreiben, dass ihre Patenkinder unbeschadet das Erwachsenenalter erreichen, lügen sie.« Er beugte sich zu Beryl vor und atmete langsam aus. »Warum sind Sie hier?«
Beryl kräuselte die Nase, wich ihm aber nicht aus. »Zwei Elfen aus meiner Klasse haben die Regeln gebrochen und waren auf der Erde«, erklärte sie abrupt. »Natürlich habe ich die Menschen, von denen sie gesehen wurden, mit Vergessenszaubern belegt, aber eine Erinnerung konnte ich nicht löschen. Sie steckt in einem Apparat, der Ihrem Patenkind gehört.«
Erleichterung breitete sich allmählich in mir aus. Offensichtlich hatte das nichts mit meinem letzten Besuch auf der Erde zu tun.
Laz gluckste amüsiert. »Apparat?«
»Eine Maschine, die Erinnerungen speichert .«
Laz’ Miene veränderte sich schlagartig. Er riss seine übernächtigten Augen auf, und ihm klappte der Kiefer herunter. Ein Ausdruck völliger Verblüffung trat in sein Gesicht. »Heilige Magie«, sagte er wie vor Ehrfurcht ergriffen.
Mir wurde bewusst, dass er mich ansah. Ich hatte wieder einmal vergessen, den Unsichtbarkeitszauber zu erneuern. Oberons Krone! Beryl würde mich vor den Hohen Rat zerren und darauf bestehen, dass man mir den Zauberstab wieder abnahm.
Ich sah in Laz’ Gesicht und schüttelte flehend den Kopf.
»Keine Magie!«, gab Beryl gereizt zurück. »Menschliche Technologie.«
Er wandte den Blick von mir ab und verdrehte die Augen zum Himmel. »Technologie«, sagte er. »Natürlich. Und wann waren Sie das letzte Mal auf der Erde, Frau … Danburit?«
Ich verwickelte meinen Zauberstab in meinem Kleid, als ich ihn panisch hervorzuziehen versuchte. Noch bevor Laz den Satz zu Ende gesprochen hatte, flüsterte ich: »Verita sil nos mertos elemen.«
»Vor Kurzem«, antwortete Beryl. Sie schaute sich um. »Haben Sie das auch gehört?«
»Vor Kurzem? Wie lange ist ›kurz‹?«, fragte er mit einem hämischen Grinsen im Gesicht.
»Vor etwa dreißig Jahren«, erwiderte Beryl.
Er lachte, ein verächtliches Schnauben, das in einem Hustenanfall endete. »Und diese Dummköpfe im Hohen Rat lassen Sie unsere Jugend unterrichten!« Er hob spöttisch seinen Trinkbecher in ihre Richtung. »Der Apparat war wahrscheinlich eine Videokamera. Es könnte auch ein Handy gewesen sein. Man könnte mit beiden Geräten Ihre Elfen aufzeichnen.«
Beryl drohte ihm mit dem Finger. »Wegen Elfen wie Ihnen ist das ganze Reich mit menschlichen Sitten, Eigenarten und Wörtern infiziert!«
»Elfen wie mir, ja?«
»Ich erkenne einen erdreisenden Elfen auf den ersten Blick, wenn ich ihn sehe. Ihr eignet euch diese abscheulichen menschlichen Angewohnheiten an und verbreitet sie überall. Ganz zu schweigen von diesen widerlichen Naschsachen und Gebräuen, die jeden verderben, der sie probiert.«
»Und was wollt ihr ? Wollt ihr vielleicht die letzten paar hundert Jahre Geschichte auslöschen?« Laz wedelte nachlässig mit seinem Trinkbecher, und eine cremig-braune Flüssigkeit schwappte über den Rand. »Ein wohlgemeinter Rat: Passt euch der Zeit an!«
Beryl platzte entrüstet heraus: »Das tun wir.«
Der Geist verdrehte noch einmal die Augen. »Ihr seid Schnee von gestern.« Er warf den Kopf zurück, trank seinen Becher leer und wandte sich zum Gehen.
»Warten Sie«, rief Beryl. »Wie lösche ich die Erinnerung im Apparat?«
Laz kam zurück. »Sie gehen zur Erde, finden heraus, wo sie gespeichert ist, löschen sie.« Er zog die Augenbrauen nach unten. »Das bekommen Sie doch noch hin, oder?«
Ich konnte es nicht fassen, als Beryl fragte: »Könnten Sie das tun?«
Was war mit ihr los? Warum sollte sie einem wie ihm vertrauen? Es kam mir fast so vor, als hätte sie Angst davor, selbst zur Erde zu reisen.
Laz verzog den Mund zu einem Grinsen und entblößte sein ganzes Gebiss. »Gegen eine kleine Aufwandsentschädigung.«
»Welcher Art? Sie sollten es aus Pflichtgefühl ihrem Patenkind gegenüber tun.«
Er wirkte völlig unbeeindruckt. »Der Anblick einer Elfe auf einem Bildschirm wird Sam bestimmt nicht schaden«, gab er zurück. »Es könnte sogar gut für ihn sein. Erweitert seinen Horizont.« Laz schleuderte den Trinkbecher von sich; er knallte gegen eine Ecke des Gebäudes und zerbrach in kleine Stücke. »Ich verlange nicht viel.
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