Zarias Geheimnis
Fünfzig Radia.«
»Fünfzig! Aber zur Erde und zurück zu reisen, verbraucht nur ein Radia!«
Er atmete langsam aus. »Fünfzig oder nichts.«
Für einen kurzen Moment erzitterten Beryls Flügel. »Na schön«, willigte sie heiser ein. »Aber ich erwarte, dass Sie es noch heute Abend tun.«
Was?! Hatte sie mir nicht beigebracht, dass nur Dummköpfe und Verbrecher mit Radia handelten? Dass es nur Scherereien brachte und immer ein Verlustgeschäft war? Warum ging Beryl Danburit einen Handel mit einem Elf ein, der Kaffee trank und mit Kobolden verkehrte?
»Abgemacht«, sagte Laz. »Ich schaue bei ihm vorbei, während er schläft.«
Ich sah zu, wie Beryl ihren Zauberstab hervorholte. Der Karneol-Stab leuchtete auf, und Laz zog einen Zauberstab mit einer Lapislazuli-Spitze heraus. Dann berührte er mit seiner Spitze die Danburit-Spitze von Beryls Zauberstab, und das Leuchten ging von ihrem Stab auf seinen über.
Und das war’s. Sie sagte nichts darüber, dass sie nachprüfen würde, ob er sich an ihre Abmachung gehalten hatte. Hatte sie an Banburus Lazuli geschnuppert und beschlossen, dass er vertrauenswürdig war?
Ich beobachtete, wie beide ihrer eigenen Wege gingen. Beryl schwirrte davon, und Laz strebte auf die Tür zum Hässlichen Krug zu.
Ich war lange vor Beryl zu Hause. Sie kam erst sehr spät zurück, und ich stellte mich schlafend, während meine Gedanken rastlos von Leona zur Erde und von der Erde zum Hässlichen Krug wanderten.
Am nächsten Morgen weckte mich Beryl sehr früh. Ihre Unterredung mit Laz hatte ihr offenbar die Laune verdorben. Sie blickte so mürrisch, als wollte sie ihre Gesichtsfalten noch weiter vertiefen, und ihre gelben Augen spieen Feuer. Sie wedelte wild mit der Hand herum. »Steh auf.«
»Warum so früh?«, gähnte ich.
»Du bist heute Morgen mit deinem Mentor verabredet und solltest dich nicht verspäten!«
Bei dem Wort Mentor verschlechterte sich auch meine Laune schlagartig. Ich setzte mich auf und warf Beryl einen finsteren Blick zu. »Warum bestrafst du mich immer noch? War die Eisenfessel nicht schon genug?«
»Wovon in Oberons Namen redest du überhaupt?«
»Von der Mentorin, die man mir zugewiesen hat.«
Beryl verschränkte die Arme. »Ich weiß nicht einmal, wer deine Mentorin ist.«
»Warum hat Blutstein es dann gewusst?«
»Blutstein hat es nicht gewusst! Die Zuweisung eines Mentors ist geheim, wie wir euch immer wieder eingebläut haben. Wann lernst du eigentlich mal was, Zaria? Offenbar reicht es nicht, dieselbe Lektion zigmal herunterzubeten. Jetzt steh auf.«
Ich wälzte mich aus dem Bett und stellte mich vor sie. »Als mir Blutstein gestern die Schriftrolle überreichthat, hat er sich so hämisch gefreut, dass ihm vor Schadenfreude fast die Augen ausgefallen sind.«
Sie fing an, ihre orangefarbenen Flügel zu entfalten. »Das ist ausgesprochen respektlos, Zaria. Dass du violett bist, ist dir offenbar zu Kopf gestiegen. Du und Leona solltet lieber …«
»Dann erklär mir, warum sich Blutstein so darüber gefreut hat, dass es Lily Morganit ist!«, unterbrach ich sie.
»Was?«
Beryls Knie knickten ein, und ihre Flügel konnten sie nicht auffangen. Sie fiel in mein Nest!
Verwirrt beobachtete ich, wie sie sich anstrengte, die Fassung wiederzugewinnen. Beim vierten Versuch gelang es ihr schließlich, sich aus meinem Nest zu hieven, aber sie konnte nicht aufrecht stehen und setzte sich an den Rand.
»Beryl?«
»Lily Morganit«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Sie ist deine Mentorin? Ich fasse es nicht.«
Ich zog die Schriftrolle aus der Nische neben meinem Nest und hielt sie ihr hin.
Magie-Mentorin für Zaria Turmalin: Lily Morganit
Finde dich in Oberon-Stadt bei den Morganit-Türmen Nummer 3750 ein
»Das kann nicht sein.« Beryls Flügel flatterten unkontrolliert. »Was soll ich tun?« Sie schien Selbstgespräche zu führen. »Oh, Cinna, was kann ich tun?«
Cinna . Der Name meiner Mutter.
Beryl seufzte so tief, dass es wie ein Schluchzen klang. »Zaria, ich kann dir in dieser Sache nicht helfen. Mentoren werden vom Hohen Rat zugewiesen, und Lehrer werden dabei nicht zu Rate gezogen. Blutstein hatte keinen Einfluss darauf. Er ist kein Mitglied des Hohen Rates, auch wenn er es gerne wäre.« Sie richtete sich ein wenig auf und packte mich am Handgelenk. »Hör mir gut zu. Du darfst niemals persönliche Angelegenheiten mit Lily Morganit besprechen. Nichts, verstehst du? Wenn sie nach deinen Eltern fragt, musst du sagen, dass du dich nicht an sie
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