Zarter Mond - Hawthorne, R: Zarter Mond - Dark Guardian - 03 Dark of the Moon
waren nachweislich verrückt.
Während Daniels melodische Stimme an mir vorbeirauschte – es störte ihn offensichtlich nicht, dass ich meinerseits nichts zur Unterhaltung beitrug –, fragte ich mich, warum ich mich nicht mehr für ihn interessiert hatte. Wie die meisten Gestaltwandler hatte er eine raue Stimme, die sich gut zum Knurren eignete. Er war der einzige männliche Gestaltwandler mit Stoppelhaarschnitt, den ich kannte, was ich schade fand, denn seine smaragdgrünen Augen wären noch besser zur Geltung gekommen, wenn er sein pechschwarzes Haar lang getragen hätte. Er erzählte sehr lebendig und konnte es offensichtlich kaum erwarten, gegen unsere Feinde zu kämpfen. Trotzdem konnte ich mich nicht auf ihn konzentrieren.
Vielleicht weil ich plötzlich ganz deutlich spürte, dass Connor den Raum betreten hatte, obwohl ich ihn nicht sehen konnte. Ich erlebte dasselbe wie ein wild lebendes Tier, das eine Veränderung in seiner Umgebung spürt, wodurch alle seine Sinne in Alarmbereitschaft versetzt werden. Die sogenannte Kampf-oder-Flucht-Reaktion. Normalerweise
entschieden wir uns für den Kampf. Meine starke Reaktion auf seine Anwesenheit ließ mich hoffen, dass ich vielleicht tatsächlich nur eine Spätentwicklerin war.
So lässig wie möglich warf ich einen Blick über die Schulter. Connor stand am Buffet und füllte seinen Teller. Selbst die Art, wie er sich Rührei auflud, war sexy. Ich wollte wissen, was er herausgefunden hatte, als er das verlassene Camp inspiziert hatte. Ich überlegte, ob ich ihn an unseren Tisch bitten sollte. Aber bevor ich mich entschließen konnte, schritt er an uns vorbei und steuerte einen leeren Tisch an.
O nein! Hatte er womöglich beim Verfolgen meiner Spur herausgefunden, dass ich mich nicht verwandelt hatte?
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Daniel, fühlte jedoch, wie Connors Blick sich auf mich konzentrierte. Meine Nackenhaare stellten sich auf, aber es war ein schönes Gefühl, und meine Befürchtung, entlarvt zu werden, verflüchtigte sich. Mein Haar war zu einem schlichten Zopf frisiert, da heute die Angelegenheiten der Dunklen Wächter auf dem Programm standen. Ein bisschen wünschte ich, mein Haar wäre offen, doch es war noch nie meine Art gewesen, auf einen femininen Look zu setzen. Ich wollte ein toughes Image ausstrahlen, selbst wenn ich mich nicht besonders tough fühlte. Vielleicht war das ein weiterer Grund dafür, dass die Jungs sich nicht um mich rissen.
Ich wollte nicht unhöflich sein und versuchte, mich auf Daniel zu konzentrieren. Aber ich spürte deutlich, dass Connor mich beobachtete. Obwohl er nichts anderes tat als essen, zog er meine Aufmerksamkeit auf sich wie ein Magnet. Wenn ich zu ihm rübersah, schaute er nicht weg. Er
wirkte irgendwie verärgert. War er sauer, dass ich mit Daniel frühstückte? Oder war er wütend, weil er seit Generationen der erste Wächter war, der seine Gefährtin an einen anderen verloren hatte? Aber wenn es so war, warum sah er dann mich an und nicht Lindsey?
Daniel erzählte gerade eine lustige Geschichte über ein paar Camper, die er vor Kurzem in den Wald geführt hatte, und brachte mich zum Lachen. Verstohlen beobachtete ich Connor. Er machte ein finsteres Gesicht. Dann wandte er den Blick ab, und ich spürte ein seltsames Gefühl von Triumph. Konnte es sein, dass er eifersüchtig war? Bei diesem Gedanken machte mein Herz einen kleinen Sprung.
Es gab einige andere Gestaltwandlermädchen, die auf ihren ersten Vollmond warteten und einen Gefährten brauchten. Würde er eine von ihnen wählen, oder spürte er dasselbe wie ich: eine unentrinnbare Verbindung, als ob wir durch ein Seil aneinandergeknotet wären, das uns immer fester zusammenzog. War er genauso verwirrt darüber wie ich?
Mein Blick wanderte wieder zu ihm hinüber. Ich hatte ihn schon immer gemocht, aber seine Aufmerksamkeit hatte stets Lindsey gegolten. Jetzt, da er keine feste Gefährtin mehr hatte, würde er mich nun endlich wahrnehmen?
»Und dann kletterte das Eichhörnchen an meinem Bein hoch und suchte nach Nüssen.«
Ich hätte fast meinen Kaffee ausgespuckt und starrte Daniel an.
Er lächelte schief und kicherte. »Ich dachte mir schon, dass ich damit deine Aufmerksamkeit wecken würde.«
»Ich hab dir doch die ganze Zeit zugehört.«
»Nein, hast du nicht.« Er nickte bedeutsam in Connors Richtung. So viel zu meiner unauffälligen Beobachtung. »Aber es ist kein Wunder, dass du über Connor nachdenkst. Wir machen uns alle
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