Zauber der Hoffnung
antwortete Ruth schnell.
„Was soll das heißen?“
Sie verschwiegen ihr etwas, so viel stand fest, aber sie hatte nicht die Kraft, weiter nachzuhaken. Sie wünschte nur, sie könnte sich an mehr erinnern als die paar Sekunden vor dem Unfall und dieses schreckliche Gefühl, durch die Luft geschleudert zu werden.
Und Riley McKnight. Du meine Güte. Wieso dachte sie jetzt ausgerechnet an Riley? Bruchstückhafte Erinnerungen blitzten auf. Eine sanfte Stimme, die sie tröstete, eine kalte Hand, die ihr das Haar aus dem Gesicht strich. War Riley wirklich dort gewesen, oder brachte sie da einfach etwas durcheinander?
„Wie lange werde ich hierbleiben müssen?“, fragte sie Jeff.
„Das muss Dr. Murray entscheiden. Wärst du meine Patientin, dann würde ich dich wahrscheinlich noch zwei oder drei Tage hierbehalten, bis die schlimmsten Schmerzen vorüber sind und sichergestellt ist, dass durch die Kopfverletzung keine weiteren Komplikationen entstehen.“
„Ich kann doch nicht vier Tage im Krankenhaus sein. Mein Laden!“
„Du wirst weitaus länger als vier Tage nicht ins String Fever können, Claire.“ Die Stimme ihrer Mutter klang schroff. „Mindestens drei oder vier Wochen. Doch keine Sorge, Evaline kümmert sich um alles.“
„Dr. Murray wird das noch mit dir besprechen, aber deine Genesung wird kein Zuckerschlecken sein“, sagte Jeff warnend. „Ein Knöchel ist gebrochen, der andere ist verstaucht, zu alldem noch eine Unterarmfraktur. Beweglichkeit wird dein größtes Problem sein, weil du wegen deines Arms nicht besonders gut an Krücken wirst gehen können. Du wirst Hilfe brauchen, Claire.“
„Keine Sorge“, mischte sich ihre Mutter ein und drückte vorsichtig ihren Arm. „Ich werde so lange bei dir wohnen und mich um alles kümmern. Du könntest in das Gästezimmer im Erdgeschoss ziehen, und ich nehme dein Zimmer.“
Claire blickte zwischen den beiden hin und her und wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Die Schmerzmittel, die Brooke in ihren Tropf gegeben hatte, begannen bereits zu wirken. Seliges Vergessen lauerte am Rande ihres Bewusstseins, lockte sie, die Augen zu schließen.
„Ruh dich jetzt aus, armes Ding“, sagte Ruth. „Das ist das Beste für dich. Hab ich nicht recht, Jeff?“
„Absolut.“ Ihr Exmann strich sich das mit blonden Strähnen durchzogene Haar aus der Stirn, und auf seinem Gesicht zeigte sich dieses unnatürlich sanftmütige Botox-Lächeln.
Normalerweise hätte sie mit aller Kraft gegen den Schlaf angekämpft, doch in diesem Moment schien ihr sogar ein Kampf mit einer mystischen Wasserkreatur verlockender als die Vorstellung, in den nächsten Wochen mit ihrer Mutter zusammenleben zu müssen.
Darüber würde sie sich später Gedanken machen. Solange es ihren Kindern gut ging, konnte sie mit allem zurechtkommen.
5. KAPITEL
I m Krankenhaus zu schlafen war einfach schrecklich. Wie erwartet waren ihre Träume quälend und unzusammenhängend, immer wenn sie gerade das Gefühl hatte, endlich etwas Ruhe zu finden, kam die Krankenschwester, forderte sie auf, ihre Arme oder Beine zu bewegen, gab ihr Medikamente oder überprüfte ihre Vitalzeichen.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte, strömte Sonnenlicht durch den halbgeschlossenen Rollladen. Sie war zum Glück allein, und die Schmerzen waren auszuhalten.
Sie kniff die Augen zusammen und versuchte sich an den Unfall zu erinnern. Irgendetwas stimmte nicht, ihre Mutter verschwieg ihr etwas, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was.
Während die Monitore im Hintergrund leise summten und piepten, dachte sie wieder an diesen entsetzlichen Sturz ins Wasser, den Schmerz und die überwältigende Angst um ihre Kinder, dann an Rileys leise Stimme, die ihr Trost und Schutz vermittelt hatte.
Das bildete sie sich nicht etwa nur ein. In der Nacht war ihr Erinnerungsvermögen zurückgekehrt. Riley war dort gewesen, mit ihnen in dem eisigen Wasser. Er hatte sie gerettet. Es war ein Wunder, dass er sie überhaupt gesehen hatte, denn die Straße war spätabends nur wenig befahren. Wenn sie zu einem anderen Zeitpunkt von der Straße abgekommen wären, wären sie in dem See erfroren, hilflos eingeschlossen, unterdessen sich der Wagen mit eiskaltem Wasser füllte.
Mit Sicherheit hätte sie selbst nie die Kraft gehabt, die Kinder aus dem Wagen zu schaffen, nicht bei ihren Verletzungen. Was ohne Riley geschehen wäre – daran wollte sie gar nicht denken.
Riley. Ausgerechnet er war ihr Retter. Dieser nervige
Weitere Kostenlose Bücher