Zauber der Hoffnung
bestanden, dass ihr armer alter Basset in der kalten Garage schlief.
„Du hättest dabei sein sollen, Mom. Er ist durch jeden Raum gelaufen und hat wie verrückt mit dem Schwanz gewedelt. Man könnte glauben, er wäre einen Monat weg gewesen und nicht nur ein paar Tage.“
Wenn Claire einen Schwanz gehabt hätte, hätte sie vermutlich dasselbe getan. Sie konnte es kaum erwarten, endlich wieder in ihren eigenen vier Wänden zu sein.
War der Unfall wirklich erst fünf Tage her? Sie hatte das Gefühl, dass sie in der Zwischenzeit mindestens ein Dutzend Leben gelebt hatte.
„Ich meine immer noch, dass du zu früh entlassen wurdest.“ Jeff warf ihr im Rückspielgel erneut einen düsteren Blick zu.
„Ich fürchte, das musst du mit Dr. Murray besprechen. Er ist es, der die Entlassungspapiere unterschrieben hat.“
„Du schaffst das nicht allein. Himmel, Claire, du kannst ja nicht einmal allein aufs Klo gehen.“
Geduldig lächelte sie, obwohl sie Jeff am liebsten darauf hingewiesen hätte, dass er zwar ein Recht auf seine eigene Meinung hatte, sie sich aber nicht länger dafür interessierte. Wahrlich noch ein Vorteil, mit diesem Mann nicht mehr verheiratet zu sein.
„Ruth wird die ersten Nächte bei uns wohnen. Sie besteht darauf.“
Leider hatte sie sich nicht gleichzeitig von ihrer Mutter scheiden lassen. Ruths Meinung zu ignorieren war ungleich schwieriger.
Zwar hätte Claire sich am liebsten für ein paar Wochen ins Bett verkrochen, sich die Decke über den Kopf gezogen und vergessen, dass der Rest der Welt existierte, doch sie hatte nun mal zwei Kinder, die essen und Hausaufgaben machen mussten. Und einen Hund. In Selbstmitleid schwelgen konnten nur Frauen ohne Verpflichtungen.
Und sie musste realistisch bleiben. Jeff hatte recht, sie konnte kaum richtig für sich selbst sorgen. Somit war es eine große Hilfe, dass ihre Mutter ein paar Tage bei ihr blieb. Und für eine kurze Zeit konnte sie es bestimmt aushalten, wenn Ruth sich über alles beschwerte, vom stinkenden Hund über Owens schmutzige Tennisschuhe im Flur bis hin zum schlechten Haarschnitt des Nachrichtensprechers auf ihrem Lieblingssender.
Claire war fest entschlossen, die Zähne zusammenzubeißen und immer daran zu denken, wie dankbar sie sein konnte, überhaupt noch eine Mutter zu haben, die sich um sie kümmerte und ihr ein paar Tage – und nur ein paar Tage, lieber Gott, bitte – unter die Arme griff.
„Und danach?“, fragte Holly. „Soll ich vielleicht bei euch bleiben? Das würde ich wirklich gern tun.“
Claire schenkte ihr ein schwaches Lächeln, während sie bei der Vorstellung innerlich zusammenzuckte. Das Einzige, wasschlimmer war als Ruth in ihrem Haus, war Holly in ihrem Haus, mit ihren blendend weißen Zähnen und der perfekten Frisur und ihrem Bedürfnis, Claire als Freundin zu betrachten.
„Das ist wirklich nett von dir, Holly. Danke. Aber bestimmt werden die Kinder und ich nächste Woche gut allein zurechtkommen. Und du kannst im Moment sowieso keinen Stress gebrauchen. Du musst dich um dich selbst und das Kleine kümmern.“
„Ich habe tatsächlich seit dem Unfall jeden Tag Wehen“, gestand Holly. Sie sah so jung und besorgt aus, dass Claire den Wunsch verspürte, sie zu trösten.
„Das sind bestimmt nur Vorwehen. Nichts, worüber du beunruhigt sein musst“, meinte sie.
„Das habe ich ihr auch gesagt.“ Jeff warf seiner jungen Frau einen liebevollen, nachsichtigen Blick zu. „Sie denkt, nur weil ich Orthopäde bin, habe ich keine Ahnung von Schwangerschaften. Auch wenn ich das schließlich schon zwei Mal durchgemacht habe.“
Wenn Claire sich richtig erinnerte, hatte sie die Sache zwei Mal durchgemacht, sie war jetzt allerdings nicht in der Stimmung, ihn darauf hinzuweisen.
Jeff bog in die Blackberry Lane ein und kurz darauf in ihre Auffahrt.
Einen Moment lang wollte Claire einfach nur dasitzen und ihr wunderschönes, vertrautes Heim betrachten. Den verwitterten roten Backstein, die schöne Veranda, den schmiedeeisernen Gartenzaun.
Sie liebte dieses Haus seit vielen Jahren, schon lange bevor sie und Jeff es vor drei Jahren gekauft hatten. Jetzt gehörte es ihr allein, ihr und den Kindern, doch nie zuvor war sie so froh gewesen, es zu sehen, wie in dieser Sekunde.
Den Weg bis zum Haus zurückzulegen gestaltete sich schwierig. Erstens dauerte es eine Weile, bis sie sich vom Rücksitz in den Rollstuhl gehievt hatte, den sie mindestens noch ein paar Wochen brauchen würde. Außerdem hatte die
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