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Zauber der Schlange

Zauber der Schlange

Titel: Zauber der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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verhängt. Die Feuerstelle inmitten des Raumes qualmte. Der Wirt war mürrisch, sein Gesicht verkniffen. Zum Abendessen bot er ihnen lediglich Schüsseln voller Wassergrütze an – eine Mischung aus Gerste und Rüben.
    »Entzückend«, sagte Silk sarkastisch und schob seine unberührte Schale von sich. »Ich staune über dich, Lelldorin. Deine Leidenschaft dafür, Unrecht wiedergutzumachen, scheint diesen Ort hier übersehen zu haben. Darf ich vorschlagen, daß dein nächster Kreuzzug einen Besuch bei dem Herrn dieser Gegend einschließt? Er hätte schon längst gehängt werden sollen.«
    »Ich wußte nicht, daß es so schlimm ist«, antwortete Lelldorin mit gedämpfter Stimme. Er sah sich um, als ob er gewisse Dinge zum erstenmal sähe. Angeekeltes Entsetzen breitete sich auf seinem leicht zu durchschauenden Gesicht aus.
    Garion, dem sich der Magen umdrehte, stand auf. »Ich glaube, ich gehe einen Moment hinaus«, erklärte er.
    »Aber nicht zu weit«, warnte Tante Pol.
    Draußen war die Luft wenigstens etwas frischer, und Garion suchte sich vorsichtig seinen Weg zum Rand des Dorfes und bemühte sich dabei, den dicksten Morast zu umgehen.
    »Bitte, mein Herr«, bettelte ein kleines Mädchen mit großen Augen, »habt Ihr einen Kanten Brot für mich?«
    Garion betrachtete es hilflos. »Es tut mir leid.« Er durchsuchte seine Kleidung nach etwas, das er ihm geben konnte, aber das Kind fing an zu weinen und lief davon.
    Auf der von Baumstümpfen übersäten Wiese hinter den faulig riechenden Straßen spielte ein zerlumpter Junge in Garions Alter eine hölzerne Flöte, während er ein paar magere Kühe hütete. Die Melodie, die er spielte, war herzzerreißend klar und stieg unbemerkt zwischen den Hütten empor, die sich in den schrägen Strahlen der blassen Abendsonne duckten. Der Junge sah ihn, aber er unterbrach sein Spiel nicht. Ihre Blicke trafen sich in einem feierlichen Erkennen, aber sie sprachen kein Wort.
    Am Waldrand hinter dem Feld kam ein dunkel gekleideter Mann mit Kapuze auf einem schwarzen Pferd aus den Bäumen hervor und beobachtete das Dorf. Es war etwas Geheimnisvolles an dieser Gestalt und auch etwas leicht Vertrautes. Garion schien es, als sollte er wissen, wer der Reiter war, aber obwohl er seine Gedanken nach dem Namen durchforschte, entzog er sich ihm immer wieder. Er sah die Gestalt am Waldrand lange Zeit an und merkte dabei, ohne sich dessen bewußt zu sein, daß weder Pferd noch Reiter einen Schatten warfen, obwohl sie im vollen Sonnenlicht standen. Tief in seinem Innern versuchte eine Stimme ihm etwas zuzurufen, aber sie drang nicht durch. Er würde Tante Pol oder den anderen nichts von der Gestalt am Waldrand erzählen, weil es nichts zu erzählen gab. Sobald er ihr den Rücken zuwandte, würde er sie vergessen.
    Das Licht begann nachzulassen, und weil ihn allmählich fröstelte, kehrte er zum Gasthaus zurück, während das schmerzliche Lied der Flöte sich zum Himmel emporschwang.

6
    T rotz des verheißungsvollen kurzen Sonnenuntergangs dämmerte der nächste Tag kalt und trüb mit einem kalten Nieselregen, der von den Bäumen tropfte und alles naß und düster machte. Sie verließen das Gasthaus zeitig und kamen bald in einen Teil des Waldes, der noch düsterer zu sein schien als die unheilvollen Gegenden, durch die sie bislang gekommen waren. Hier waren die Bäume gigantisch, und etliche riesige, knorrige Eichen reckten ihr kahlen Äste zwischen dunklen Tannen und Fichten empor. Der Waldboden war mit einem grauen Moos bedeckt, das krank und ungesund wirkte.
    Lelldorin hatte an jenem Morgen nur wenig gesprochen, und Garion vermutete, daß sein Freund sich noch immer mit dem Problem von Nachaks Plan herumschlug. Der junge Asturier ritt eingehüllt in seinen schweren Umhang daher, sein rotblondes Haar war von dem steten Regen naß und strähnig. Garion schloß zu Lelldorin auf, und eine Zeitlang ritten sie schweigend nebeneinander her. »Was macht dir Sorgen, Lelldorin?« fragte er schließlich.
    »Ich glaube, daß ich mein Leben lang blind war, Garion«, antwortete Lelldorin.
    »So? Inwiefern?« Garion sagte es behutsam, in der Hoffnung, daß sich sein Freund letztendlich doch durchgerungen hatte, Meister Wolf alles zu erzählen.
    »Ich habe immer nur die mimbratische Unterdrückung Asturiens gesehen. Ich habe nie die eigene Unterdrückung unseres Volkes gesehen.«
    »Ich habe versucht, dir das klarzumachen«, sagte Garion. »Was hat dir schließlich die Augen geöffnet?«
    »Das Dorf, in

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