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Zauber der Schlange

Zauber der Schlange

Titel: Zauber der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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Tolnedrern, aber der hier war anders.«
    »Wir wollen vorwärts kommen«, sagte Meister Wolf. »Ich möchte nicht, daß die Ritter sich hinter uns hermachen, wenn die Tolnedrer fort sind.«
    Sie ließen ihre Pferde in Galopp fallen und ritten davon, die Ritter hinter sich lassend, die hitzig mit dem Legionärshauptmann mitten auf der Straße debattierten.
    Die Nacht verbrachten sie in einer ummauerten tolnedrischen Herberge, und vielleicht zum erstenmal in seinem Leben badete Garion, ohne daß Tante Pol darauf bestehen oder es auch nur vorschlagen mußte. Obwohl er keine Gelegenheit gehabt hatte, sich direkt an dem Kampf auf der Lichtung in der vorigen Nacht zu beteiligen, hatte er das Gefühl, von Blut oder Schlimmerem besudelt zu sein.
    Er hatte vorher nicht geahnt, wie grotesk Männer im Nahkampf verstümmelt werden konnten. Zu sehen, wie aus einem lebendigen Menschen Eingeweide oder Hirn quollen, hatte ihn mit tiefer Scham darüber erfüllt, daß selbst die innersten Geheimnisse eines menschlichen Körpers so entblößt werden konnten. Er fühlte sich unsauber. Er zog sich in dem kühlen Badehaus aus und legte dabei auch das silberne Amulett, das Meister Wolf und Tante Pol ihm geschenkt hatten, ab, ohne sich etwas dabei zu denken.
    Dann stieg er in die dampfende Wanne und schrubbte sich mit einer rauhen Bürste und starker Seife viel kräftiger, als selbst heftiger Waschzwang es erfordert hätte.
    In den nächsten Tagen ritten sie mit gleichmäßiger Geschwindigkeit nach Süden und verbrachten die Nächte in den in regelmäßigen Abständen auftauchenden tolnedrischen Herbergen, in denen die Gegenwart der Legionäre mit den harten Gesichtern eine stete Erinnerung daran war, daß die ganze Macht des Kaiserlichen Tolnedra die Sicherheit der Reisenden garantierte, die hier abstiegen.
    Am sechsten Tag nach dem Kampf im Wald fing Lelldorins Pferd an zu lahmen. Durnik und Hettar verbrachten unter Tante Pols Aufsicht einige Stunden damit, Breiumschläge über einem kleinen Feuer am Straßenrand zu kochen und heiße Kompressen auf das Bein des Tieres zu legen, während Meister Wolf über die Verzögerung schimpfte. Als das Pferd wieder laufen konnte, mußten sie feststellen, daß keine Aussicht mehr bestand, vor Einbruch der Dunkelheit die nächste Herberge zu erreichen.
    »Nun, Alter Wolf«, sagte Tante Pol, nachdem sie wieder aufgesessen waren, »was jetzt? Reiten wir die Nacht hindurch, oder versuchen wir noch einmal, im Wald zu übernachten?«
    »Ich habe mich noch nicht entschieden«, antwortete Wolf kurz angebunden.
    »Wenn ich mich recht erinnere, ist nicht weit vor uns ein Dorf«, sagte Lelldorin, der jetzt auf einem algarischen Pferd saß. »Es ist ein sehr armseliger Ort, aber ich glaube, er hat ein Gasthaus oder etwas ähnliches.«
    »Das klingt geheimnisvoll«, meinte Silk. »Was meinst du genau mit ›oder etwas ähnliches‹?«
    »Der Herr dieser Domäne ist berüchtigt für seinen Geiz«, antwortete Lelldorin. »Seine Steuern sind erdrückend, und seinen Leuten bleibt kaum etwas für sich selbst übrig. Das Gasthaus ist nicht gut.«
    »Wir müssen es versuchen«, entschied Wolf und ließ sein Pferd in raschen Trab fallen. Als sie sich dem Dorf näherten, begannen die schweren Wolken aufzureißen, und plötzlich brach die Sonne durch.
    Das Dorf war noch schlimmer, als sie nach Lelldorins Beschreibung erwartet hatten. Ein halbes Dutzend zerlumpter Bettler stand am Dorfrand im Schlamm und bat mit schrillen Stimmen und ausgestreckten Händen. Die Häuser waren kaum mehr als Hütten, aus denen der Rauch der jämmerlichen Feuer im Inneren quoll. Magere Schweine suhlten sich in den schlammigen Straßen, und der Gestank, der über allem hing, war entsetzlich. Eine Beerdigungsprozession schlich durch den Schlamm auf den Friedhof am anderen Ende des Dorfes zu. Der Leichnam, der auf einem Brett getragen wurde, war in eine zerschlissene braune Decke gewickelt, und die reichgekleideten, in Kapuzen gehüllten Priester von Chaldan, dem Gott Arendiens, sangen eine uralte Hymne, die viel mit Krieg und Rache zu tun hatte, aber nur wenig mit Trost. Die Witwe, die einen wimmernden Säugling an der Brust trug, folgte der Leiche mit leerem Gesicht und erloschenen Augen.
    Das Gasthaus roch nach schalem Bier und verschimmelten Lebensmitteln. Ein Feuer hatte eine Seite der Gaststube zerstört und die niedrige Decke geschwärzt und angekohlt. Das gähnende Loch in der verbrannten Wand war mit einem Stück fadenscheiniger Baumwolle

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