Zauber der Schlange
fragte Garion Silk, als sie sich dem Zentrum des Marktes näherten.
»Niemand bleibt lange hier«, erklärte Silk. »Der Markt ist zwar ganzjährig, aber die Bevölkerung wechselt ständig. Außerdem werden Gebäude besteuert, Zelte nicht.«
Viele der Kaufleute, die aus ihren Zelten kamen, um die Gruppe vorbeireiten zu sehen, schienen Silk zu kennen, und einige grüßten ihn mürrisch, und Argwohn war in ihren Gesichtern zu lesen.
»Ich sehe, daß dir dein Ruf vorausgeeilt ist, Silk«, stellte Barak trocken fest.
Silk zuckte die Achseln. »Der Preis des Ruhms.«
»Besteht denn keine Gefahr, daß jemand in dir diesen anderen Kaufmann wiedererkennt?« fragte Durnik. »Denjenigen, den die Murgos suchen?«
»Du meinst Ambar? Das ist nicht sehr wahrscheinlich. Ambar kommt nicht allzu oft nach Arendien, und er und Radek sehen sich überhaupt nicht ähnlich.«
»Aber sie sind doch derselbe Mann«, wandte Durnik ein. »Sie sind beide du.«
»Ah«, sagte Silk und hob einen Finger, »du und ich, wir wissen das, aber sie wissen das nicht. Für dich sehe ich immer aus wie ich, aber für andere sehe ich ganz unterschiedlich aus.«
Durnik wirkte sehr skeptisch.
»Radek, alter Freund«, rief ein kahlköpfiger drasnischer Kaufmann von einem Zelt in der Nähe.
»Delvor«, antwortete Silk erfreut. »Ich habe dich Jahre nicht gesehen.«
»Du siehst wohlhabend aus«, stellte der kahle Mann fest.
»Es geht so«, meinte Silk bescheiden. »Womit handelst du jetzt?«
»Ich habe einige malloreanische Teppiche«, erzählte Delvor. »Einige der hiesigen Edelleute sind daran interessiert, aber ihnen gefällt der Preis nicht.« Seine Hände sprachen jedoch bereits von anderen Dingen. Dein Onkel hat Nachricht geschickt, daß wir dir helfen sollen, wenn nötig. Brauchst du etwas? »Was hast du denn im Gepäck?« fragte er laut.
»Sendarische Wolle«, antwortete Silk, »und noch ein paar andere Sachen.« Hast du irgendwelche Murgos hier auf dem Markt gesehen?
Einen, aber er ist vor einer Woche nach Vo Mimbre abgereist. Aber auf der anderen Seite des Marktes sind einige Nadraks.
Sie sind ziemlich weit weg von zu Hause. gestikulierte Silk.
Sind sie wirklich geschäftlich hier?
Schwer zu sagen antwortete Delvor.
Kannst du uns für einen Tag unterbringen?
Wir werden uns bestimmt einig werden antwortete Delvor mit einem listigen Zwinkern in den Augen.
Silks Finger verrieten sein Erstaunen über diesen Vorschlag.
Geschäft ist schließlich Geschäft gestikulierte Delvor. »Ihr müßt hereinkommen«, sagte er laut. »Trinkt einen Becher Wein und eßt etwas mit mir. Wir haben Jahre aufzuholen.«
»Wir sind erfreut«, erwiderte Silk etwas säuerlich.» Könnte es sein, daß du einen dir Ebenbürtigen gefunden hast, Prinz Kheldar?« fragte Tante Pol sanft mit einem leisen Lächeln, als der kleine Mann ihr vor Delvors farbenfroh gestreiftem Zelt aus dem Sattel half.
»In Delvor? Kaum. Er versucht schon seit Jahren, mit mir gleichzuziehen – seit ein Unternehmen von mir in Rak Goska ihn ein Vermögen gekostet hat. Soll er ruhig glauben, er wäre mir überlegen. Später wird es mir um so mehr Vergnügen bereiten, ihm den Teppich unter den Füßen wegzuziehen.«
Sie lachte. »Du bist unverbesserlich.«
Er zwinkerte ihr zu.
Das Innere von Delvors Hauptzelt schimmerte rötlich im Licht einiger glühender Kohlebecken, die eine willkommene Wärme verbreiteten. Der Boden war mit einem dunkelblauen Teppich bedeckt, und groß rote Kissen, auf denen man sitzen konnte, lagen hier und dort. Sobald sie drinnen waren, stellte Silk sie rasch vor.
»Es ist mir eine Ehre, Uralter«, murmelte Delvor und verbeugte sich tief vor Meister Wolf und dann vor Tante Pol. »Was kann ich tun, um Euch zu helfen?«
»Im Moment brauchen wir vor allem Informationen«, antwortete Wolf, während er seinen schweren Umhang ablegte. »Wir sind ein paar Tagesritte nördlich von hier auf einen Grolim gestoßen, der Verwirrung stiftete. Kannst du dich umhören und herausfinden, was zwischen hier und Vo Mimbre vorgeht? Ich möchte weitere nachbarliche Streitigkeiten umgehen, wenn es sich machen läßt.«
»Ich werde Nachforschungen anstellen«, versprach Delvor.
»Ich werde mich ebenfalls umsehen«, sagte Silk. »Delvor und ich sollten in der Lage sein, das meiste, was an Informationen auf dem Markt kursiert, zu sammeln.«
Wolf sah ihn fragend an.
»Radek von Boktor läßt nie eine Gelegenheit aus, Geschäfte zu machen«, erklärte der kleine Mann etwas zu hastig.
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