Zauber der Schlange
und alles war wieder gut.
Der anschließende Abend verlief ergebnislos. Das Bankett war ermüdend, die Trinksprüche endlos, da alle arendischen Edlen sich der Reihe nach erhoben, um Meister Wolf und Tante Pol mit blumigen und förmlichen Ansprachen zu grüßen. Sie gingen spät zu Bett, und Garion schlief unruhig. In seinen Alpträumen plagte ihn die glutäugige Gräfin, die ihn durch endlose, blumenbestreute Gänge verfolgte.
Am nächsten Morgen standen sie früh auf, und nach dem Frühstück besprachen sich Meister Wolf und Tante Pol wieder vertraulich mit dem König und der Königin. Garion, immer noch nervös wegen seiner Begegnung mit der Gräfin Vasrana, hielt sich dicht bei Mandorallen. Der mimbratische Ritter schien am besten geeignet, ihm zu helfen, weitere Abenteuer dieser Art zu vermeiden. Sie warteten im Vorzimmer des Thronsaals, und Mandorallen, in seinem blauen Umhang, erklärte lang und breit einen kompliziert gewebten Wandbehang, der eine ganze Wand bedeckte.
Am späten Vormittag kam Andorig, der dunkelhaarige Ritter, dem Meister Wolf befohlen hatte, seine Tage dem Baum auf dem Vorplatz zu widmen, und suchte Mandorallen. »Herr Ritter«, sagte er respektvoll, »der Baron von Vo Ebor ist in Begleitung seiner Dame aus dem Norden gekommen. Sie haben nach Euch gefragt und mich gebeten, Euch für sie zu suchen.«
»Ihr seid äußerst liebenswürdig, Sir Andorig«, antwortete Mandorallen und erhob sich rasch von der Bank, auf der er gesessen hatte. »Eure Höflichkeit ehrt Euch sehr.«
Andorig seufzte. »Leider war das nicht immer so. Ich habe letzte Nacht vor dem wunderbaren Baum, den der heilige Belgarath meiner Pflege anvertraut hat, Wache gehalten. So hatte ich Muße, mein Leben an mir vorüberziehen zu lassen. Ich bin kein bewundernswerter Mann gewesen. Bitterlich bereue ich meine Fehler und werde ernsthaft nach Besserung streben.«
Wortlos drückte Mandorallen die Hand des Ritters und folgte ihm dann einen langen Gang entlang zu dem Raum, wo die Besucher warteten.
Erst als sie den sonnendurchfluteten Raum betraten, fiel Garion wieder ein, daß die Gattin des Barons von Vo Ebor die Dame war, mit der Mandorallen vor wenigen Tagen auf dem stürmischen Hügel neben der Großen West-Straße gesprochen hatte.
Der Baron war ein kräftiger Mann in grünem Mantel, dessen Haar und Bart schon weiß wurden. Er hatte tiefliegende Augen, in denen eine große Traurigkeit zu liegen schien. »Mandorallen«, sagte er und umarmte den jüngeren Ritter herzlich. »Es ist nicht nett von Euch, uns Eure Anwesenheit solange vorzuenthalten.«
»Die Pflicht, mein Herr«, antwortete Mandorallen gedämpft.
»Komm, Nerina«, sagte der Baron zu seiner Frau, »begrüße unseren Freund.«
Die Baronin Nerina war wesentlich jünger als ihr Gatte. Ihr Haar war dunkel und sehr lang. Sie trug ein rosafarbenes Gewand, und sie war schön – obschon nicht schöner als einige andere Frauen, die Garion am arendischen Hof gesehen hatte.
»Lieber Mandorallen«, sagte sie und küßte den Ritter in einer kurzen, züchtigen Umarmung, »wir haben Euch in Vo Ebor vermißt.«
»Und für mich ist die Welt trostlos, wenn ich fern von seinen geliebten Mauern bin.«
Sir Andorig hatte sich mit einer Verbeugung diskret zurückgezogen und hatte Garion unbehaglich neben der Tür stehen lassen.
»Wer ist dieser vielversprechend aussehende Bursche, der Euch begleitet, mein Sohn?« fragte der Baron.
»Ein sendarischer Knabe«, antwortete Mandorallen. »Er heißt Garion. Er und noch einige andere haben sich mit mir zur Bewältigung einer gefährlichen Aufgabe zusammengeschlossen.«
»Freudig begrüße ich dann den Gefährten meines Sohnes«, erklärte der Baron.
Garion machte eine Verbeugung, aber seine Gedanken überschlugen sich in dem Bemühen, eine legitime Entschuldigung zu finden, um sich zurückziehen zu können. Die Situation war ihm peinlich. Er wollte nicht bleiben.
»Ich muß dem König meine Aufwartung machen«, verkündete der Baron. »Sitte und Höflichkeit verlangen, daß ich so bald wie möglich nach meiner Ankunft bei Hofe vor ihm erscheine. Wollt Ihr, Mandorallen, mit meiner Baronin hierbleiben, bis ich zurückkehre?«
»Das will ich, mein Herr.«
»Ich führe Euch dorthin, wo der König sich mit meiner Tante und meinem Großvater aufhält«, bot Garion rasch an.
»Nein, mein Junge«, lehnte der Baron ab. »Auch Ihr müßt bleiben. Obwohl ich keinen Anlaß zur Sorge habe, da ich die Treue meiner Gemahlin und meines
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