Zauber der Sonneninsel
nicht”, versprach sie, erregt von der Aussicht auf diese Einladung. Jetzt war sie froh darüber, dass sie Barrys Plan zugestimmt hatte. “Ich tue, was ich kann.”
Sie arbeitete eineinhalb Stunden länger als gewöhnlich, um eine Übersetzung für Jaime Gomila zu beenden. Die Straßen waren fast leer, als sie in ihrem kleinen Fiesta nach Haus zu ihren Eltern fuhr.
Die untergehende Sonne tauchte Palma in goldenes Licht. Die Landschaft außerhalb der Stadt war bezaubernd. Riesige Agaven säumten die Straßen und hoben sich dunkel gegen den orangefarbenen Himmel ab. Felder mit Mandel- und Obstbäumen erstreckten sich bis zu den Hügeln, die im Abendlicht violett leuchteten. Und zwischen Orangenhainen ragten Windmühlen, die so typisch für Mallorca waren, Symbole einer Lebensweise, die langsam, aber sicher ausstarb. Musste man sich nicht glücklich schätzen, in dieser wunderbaren Umgebung zu leben? Wenn nur alle so denken würden! Aber immer weiter wurde gebaut – bis die ganze Landschaft zerstört war.
Warum sah Tomás Torres das nicht? Hatte die Geldgier ihn blind gemacht? Trotz seines Charmes und seiner Intelligenz schien er nichts begriffen zu haben. Oder vielleicht war er gar nicht so intelligent, wie sie dachte?
Inzwischen hatte sie das Haus ihrer Eltern erreicht. Als sie den Wagen abschloss, dachte sie an diesen energischen Mund, die schwarzen Augen und die auffallende Nase. Der Mann war ihr unheimlich. Es hatte keinen Zweck, sich auf Torres einzulassen. Sie musste versuchen, ihre Beziehung zu ihm nicht zu persönlich werden zu lassen.
Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, wirklich etwas ausrichten zu können. Der Kampf für Sa Virgen war bisher in endlosen Debatten stecken geblieben, und das Gerede hatte die Öffentlichkeit eher abgeschreckt. Aber wenn es ihr gelang, Tomás Torres zu bewegen, zu dieser Versammlung zu kommen, zusammen mit einem Vertreter des Umweltministeriums, wäre das schon ein Fortschritt.
3. KAPITEL
E s regnete den ganzen Samstagmorgen. Erst gegen Mittag hörte es auf, und ein leichter Wind vertrieb die grauen Wolken. Vor Nervosität brachte Petra beim Mittagessen kaum einen Bissen hinunter. James beobachtete sie amüsiert.
“Ich habe dir ja gesagt, dass dieser dunkle, gefährliche Typ dein Verderben ist. Ich habe dich noch nie so durcheinander gesehen.”
“Ich bin nicht durcheinander”, sagte Petra schnippisch, “nur nervös, weil ich ihn überreden muss, zur Versammlung zu kommen. Ich fürchte nur, dass er mich heute Nachmittag mit Haut und Haar verschlingen wird.”
Ihr Vater lachte. “Muss er sich zu der Veranstaltung eigentlich selbst mitbringen?”
“Wir planen eine Diskussion, keine Hinrichtung”, erklärte Petra. “Er soll uns nur seinen Standpunkt erklären.”
“Nun lasst Petra doch in Ruhe”, schaltete sich Margaret Castle ein. Zu Petra gewandt, fragte sie liebevoll: “Was willst du denn anziehen?”
“Wenn er dich sowieso verschlingt, wie wäre es denn mit etwas Senf?” schlug James vor.
“Ich lege Wert darauf, ernst genommen zu werden”, entgegnete Petra trocken und stand auf. “Entschuldigt mich bitte. Das Lamm muss sich für die Schlachtbank vorbereiten.”
Die Straße nach Esporles war noch nass vom Regen, und die Landschaft sah frisch und sauber aus. Petra liebte den Frühling, wenn Obst- und Mandelbäume in voller Blüte standen wie jetzt. Sie war so von der Schönheit der Natur gefangen, dass sie fast das Schild nach Alcamar übersehen hätte.
Für spanische Verhältnisse war die Straße in gutem Zustand. Sie führte ein paar Kilometer ständig bergauf, und je höher Petra kam, umso wilder wurde die Landschaft.
Plötzlich versperrte ein großes Doppeltor die Straße. Fasziniert betrachtete Petra die Marmorsäulen zu beiden Seiten des Tores und die wundervollen schmiedeeisernen Ornamente. Dahinter erstreckten sich Felder mit Orangen- und Zitronenbäumen, und in der Ferne war ein bewaldeter Hügel zu erkennen.
Langsam öffnete sich das Tor einen Spalt, und ein einfach gekleideter Mann kam auf ihren Wagen zu.
Petra drehte das Fenster herunter. “Guten Tag. Ist das hier das Anwesen von Señor Tomás Torres?”
Er lächelte freundlich. “Sie befinden sich auf seinem Grundstück, seit Sie von der Hauptstraße abgebogen sind. Sie sind Señorita Castle?”
“Ja.”
“Willkommen. Der junge Herr erwartet Sie bereits. Ich öffne Ihnen das Tor.”
Petra winkte dem Pförtner zu und folgte der Straße, die durch endlose Orangenhaine
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