Zauber der Sonneninsel
mit Torres, und ihre Zuhörer amüsierten sich köstlich. Die Tatsache, dass keiner von ihnen Torres je gesehen hatte, machte Petras Erlebnis umso interessanter.
Nur dass er sie in das Schlauchboot hatte fallen lassen wie einen Fisch, der aussortiert wird, weil er zu klein ist, davon erzählte sie natürlich nichts.
“Wie hat er sich dir gegenüber verhalten?” fragte Barry Lear, der unausgesprochene Anführer der Gruppe. Barry war ein großer, hagerer Amerikaner. Er arbeitete am Forschungsinstitut für Raubvögel und war einer der engagiertesten Umweltschützer der Insel. “Ich meine, wie hat er auf dich persönlich reagiert?”
Petra dachte nach. “Ich glaube, er fand mich ganz amüsant.”
“Amüsant?”
“Er hat ein ungeheures Selbstbewusstsein”, erklärte sie. “Man kommt nur sehr schwer an ihn heran. Seine Freundin ärgerte sich jedenfalls mehr über mich als er selbst. Nur einmal war er nahe daran, seine Selbstbeherrschung zu verlieren.”
“Dann hast du also Eindruck auf ihn gemacht?” fragte Barry.
“Er nannte mich einen Pseudo-Umweltschützer. Du hättest seinen Blick dabei sehen sollen!”
Barry Lear betrachtete sie forschend. Seine durchdringenden hellbraunen Augen erinnerten an die Raubvögel, die er so liebte. Obwohl er erst Anfang dreißig war, wirkte er mit seinem von Sonne und Wind gegerbten Gesicht zehn Jahre älter. “Was glaubst du, ob er dich mag?” fragte er schließlich.
“Lieber Himmel, nein!” Aber Petra errötete leicht, vielleicht weil dies schon das zweite Mal war, dass jemand darauf anspielte. Bevor die anderen etwas dazu sagen konnten, wurde der Gastredner dieses Abends angekündigt, und der Raum wurde für die Diavorführung verdunkelt.
Der Vortrag über besonders seltene Gebirgspflanzen wirkte einschläfernd auf Petra, und als das Licht wieder anging, war sie dankbar für den Kaffee, den Barry Lear ihr brachte. Mit ihm kam Andres Peraza, einer seiner Kollegen vom Institut. Die beiden setzten sich Petra gegenüber. Barry schlug ein Bein über das andere und betrachtete sie forschend.
“Ich habe über etwas nachgedacht”, begann er. “Du weißt doch, dass Ende des Monats die Diskussion zum Thema Sa Virgen stattfindet. Weil jemand vom Umweltministerium teilnimmt, finde ich, dass auch Torres kommen sollte, und zwar persönlich.”
“Gute Idee”, stimmte Petra zu. “Aber warum sollte er ausgerechnet diese Versammlung besuchen, wenn er bisher noch nie gekommen ist?”
“Weil du ihn darum bitten wirst.”
“Ich?”
“Ich habe das Gefühl, dass du Eindruck auf Señor Torres gemacht hast. Er wird vielleicht auf dich hören.”
“Da bin ich mir gar nicht so sicher”, widersprach sie unbehaglich.
“Du könntest zumindest versuchen, ihn persönlich einzuladen.”
“Aber das habe ich doch schon auf Sa Virgen getan!”
“Dann tust du es eben noch einmal.” Barry lächelte.
“Warum sollte er kommen?”
“Weil er dich wiedersehen will. Ich habe das im Gefühl”, fuhr er fort, bevor Petra ihn unterbrechen konnte. “Entweder, du bist ihm auf die Nerven gegangen, oder du hast ihm gefallen oder beides. Auf jeden Fall wird er dich nicht so schnell vergessen. Wenn du ihn anrufst und zu der Versammlung einlädst – vielleicht kommt er deinetwegen.”
“Barry hat einen Instinkt für diese Dinge”, bestätigte Julia Symmonds, eine Engländerin, die sich mit einigen anderen Mädchen inzwischen zu ihnen gesellt hatte. “Ich finde die Idee gut. Wenn du Torres dazu bewegen kannst, zu der Debatte zu kommen, werden wir ihm einen Empfang bereiten, den er so schnell nicht vergessen wird!”
Petra zuckte zusammen. Barry Lear und seine Freunde hatten an der verhängnisvollen Kampagne im letzten Jahr zwar nicht teilgenommen, aber sie gehörten doch zum radikalen Flügel der Umweltgruppe. Und Julias Ton gefiel ihr überhaupt nicht.
“Mach dir keine Sorgen!” Barry hatte ihre Gedanken anscheinend erraten. “Wir werden ihn nur mit Worten angreifen. Denk daran, wir sind Wissenschaftler, keine Wilden!”
“Im Übrigen lässt die Öffentlichkeit sich nicht von irgendwelchen Vertretern beeindrucken”, fügte Julia hinzu. “Das Umweltministerium schickt einen Vertreter und Torres auch. Wir werden die Einzigen sein, die persönlich erscheinen! Aber wenn auch Torres kommt – das würde Eindruck machen!”
“Genau”, stimmte Barry zu. “Das könnte eine richtige Diskussion werden und nicht nur leeres Gerede. Also, was meinst du?”
Petra hatte eigentlich
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