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Zauber der Vergangenheit

Zauber der Vergangenheit

Titel: Zauber der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Goldbach
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den Ring wieder aus der Schatulle heraus und steckte ich ihn mir probeweise an den Finger. Er passte wie angegossen. Sonst passierte nichts. Ich musste es mir also tatsächlich eingebildet haben. Vielleicht wurde ich ja doch verrückt.
    Um mich abzulenken, inspizierte ich den Schrank. Darin befanden sich allerdings keine großen Schätze, sondern nur ein paar angestaubte Bücher und ein leerer Werkzeugkasten. Ich wischte mit dem Ärmel meines Kleides über die Buchrücken. Es handelte sich um Bauanleitungen und alte Karten. Nichts Aufregendes also. Eines der Bücher erregte dennoch meine Aufmerksamkeit. Es war mit einem roten Einband versehen und die Ecken waren mit silbernen Schutzkappen aus Metall verstärkt. Ich nahm es heraus und legte es auf die Werkbank. Es wog gefühlt einen Zentner. Als ich es aufschlug, wirbelte ich eine große Staubwolke auf, woraufhin ich mehrere Male heftig niesen musste. Das Buch roch ein wenig modrig und die Seiten waren vergilbt und teilweise durch Mottenfraß angegriffen. Ich blätterte neugierig darin herum. Auf den ersten Seiten gab es eine Menge Abbildungen von Rittern auf Pferden und edlen Burgfräuleins mit bunten Hütchen, an deren Spitzen eine Art Wimpel befestigt waren, die im Wind flatterten. Es sah irgendwie lustig aus und sorgte dafür, dass ich mir in meinem rosa Turteltaubenkleid gleich nicht mehr ganz so seltsam vorkam. Ein anderes Kapitel beschäftigte sich mit der Hexenverfolgung. Der Text, den ich nur kurz überflog, bezog sich dabei auf recht fragwürdige Quellen. Daneben war auf einem großen Bild eine schreiende Frau abgebildet, die auf einem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Bei dem Gedanken daran, dass diese Frauen früher bei lebendigem Leib geröstet wurden, weil man glaubte sie seien vom Teufel besessen, wurde mir augenblicklich schlecht. Ich blätterte schnell weiter.
    Eine Weile kam nichts Spannendes mehr. Jedenfalls nichts, was mich sonderlich interessierte. Gerade als ich das Buch zuklappen wollte, sprang mir jedoch das Portrait eines jungen Mannes ins Auge. Es war mir deshalb aufgefallen, weil es zwischen allen anderen Portraits auf der Seite herausstach. Er war nämlich der Einzige, der nicht mit fischartigen Glubschaugen dargestellt war. Irgendwie passte er auch nicht so richtig in die Reihe, wie ich fand. Mich beschlich das unbestimmte Gefühl, ihn schon mal irgendwo gesehen zu haben. Das war natürlich absoluter Quatsch, denn er war bereits seit mehreren hundert Jahren tot, aber trotzdem erinnerte er mich an irgendjemanden. Ich ging im Kopf eine Reihe Hollywood-Schauspieler durch, aber keiner wollte so recht passen. Mit ein bisschen Fantasie hatte er vielleicht etwas von Johnny Depp, aber das war nicht des Rätsels Lösung. Gedankenverloren spielte ich mit dem Ring an meinem Finger und drehte ihn hin und her. Er fühlte sich kühl und glatt an. Mein Blick wanderte zu dem Schriftzug unterhalb des Bildes.
    »Sir Anthony Clark – Herzog von Colesbury«, las ich vor.
    Ich überlegte, ob ich seinen Namen eventuell schon einmal im Geschichtsunterricht bei Mrs Parker gehört hatte, aber ich konnte mich nicht erinnern. Ich suchte nach einer Jahreszahl. Unter seinem Namen wurde ich fündig.
    »1707«, murmelte ich vor mich hin. Im selben Augenblick zwickte mich etwas unsanft in den Finger. Ich zuckte zurück und betrachtete meine Hand, doch es war kein Blut zu sehen. Es war der Ring, der sich so fest um meinen Finger geschlossen hatte, dass er mir in die Haut schnitt. Als ich versuchte ihn abzustreifen, begann er von innen heraus hell zu leuchten und die Flüssigkeit trübte sich erneut. Panisch drehte und zog ich daran, doch alle Bemühungen ihn loszuwerden schlugen fehl. Er steckte fest. Die Buchstaben hatten unterdessen bereits ein neues Wort gebildet. Wie gebannt starrte ich auf die winzigen Lettern bis mein Verstand wahrnahm, was dort zu lesen war. Es war eine Zahl: SIEBZEHNHUNDERTSIEBEN.
    Eine Sekunde später war alles wieder vorbei. Mein Atem ging schnell und ich zitterte am ganzen Körper. Zu allem Überfluss hatte die Glühbirne jetzt vollends den Geist aufgegeben, so dass es schlagartig dunkel geworden war. Panik erfasste mich. Hier stimmte eindeutig irgendetwas nicht. Ich wollte nur noch aus diesem unheimlichen Schuppen raus.
    Mit einem Schritt war ich bei der Tür und riss sie auf. Direkt davor stand ein kleines Mädchen. Ich erschrak mich halb zu Tode und hätte sie beinahe über den Haufen gerannt. Sie war jedoch scheinbar genauso überrascht,

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