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Zauber der Vergangenheit

Zauber der Vergangenheit

Titel: Zauber der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Goldbach
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bevor der Karren stoppt.« Er zog mich etwas unsanft mit sich. Mit einem galanten Satz sprang er vom Wagen auf die Straße hinunter. »Jetzt du«, forderte er und bedeutete mir zu springen, während er hinter dem Wagen herlief. Ich zögerte. »Mach schon, Violet, oder willst du, dass uns jemand bemerkt?« Springen kam auf gar keinen Fall in Frage. Schon allein deshalb, weil ich Höhenangst hatte, und erst recht nicht in diesem Kleid. Stattdessen versuchte ich herunterzuklettern, was natürlich fürchterlich schief ging. Das schmale Holzbrett, auf dem ich mich mit den Füßen abstützte, brach unter meinem Gewicht. Ich verlor den Halt und wäre beinahe hinuntergestürzt, wenn Anthony mich nicht geistesgegenwärtig aufgefangen hätte.
    »Genau deshalb habe ich gesagt, du sollst springen« sagte er vorwurfsvoll. »Warum kannst du nicht ein einziges Mal auf das hören, was ich dir sage?«
    Weil er ein widerlicher Besserwisser war. Weil er mich schon wieder bevormundete und außerdem und vor allem einfach nur so aus Prinzip. Einen kleinen Rest an Stolz musste ich mir ja schließlich bewahren. Ich löste mich aus seinem Griff und strich mein Kleid glatt. Dann sammelte ich mir das Stroh aus dem Haar. Ich sah mich ungläubig um. Irgendwie kam mir alles so fremd vor, obwohl ich hier geboren und aufgewachsen war. Na ja, also natürlich nicht in diesem London, sondern im London der Zukunft, aber trotzdem.
    »Das soll London sein? Bist du sicher?«, fragte ich irritiert.
    »Nun ja, es ist wahrscheinlich nicht das, was du gewohnt bist, aber ja. Das ist London. In dreihundert Jahren wird es hier natürlich etwas anders aussehen.«
    »Nicht nur etwas«, sagte ich verächtlich.
    »Was hast du erwartet?«, fragte er. »Busse, Autos, eine U-Bahn …?«
    »Woher …?«, setzte ich an. »Ach ja, ich vergaß … dein kleines Geheimnis.«
    »Du bist mir immer noch böse deswegen, oder?«, fragte er.
    »Nein, nur enttäuscht, weil ich dachte, dass ich dir vertrauen kann, und du mich wissentlich hintergangen hast«, antwortete ich.
    »IVioletch habe mich doch schon dafür entschuldigt und das habe ich auch so gemeint. Kannst du mir nicht verzeihen?«
    »Verzeihen ja, aber nicht vergessen.«
    Anthony sah mich an, als hätte ich ihm ins Gesicht geschlagen. Ich biss mir auf die Lippe. Warum tat ich das eigentlich? Warum legte ich mir immer selbst Steine in den Weg? Wenn ich ehrlich war, wünschte ich mir nichts mehr, als in Anthonys Nähe zu sein, und doch konnte ich nicht über meinen Schatten springen. Ich hätte ihm doch einfach verzeihen und es dabei belassen können. Stattdessen hielt ich ihn auf Abstand, aus Stolz und Trotz und weil mein Gewissen mich an Drew erinnerte und daran, dass ich für einige Tage sehr glücklich mit ihm gewesen war. Aber hatte ich ihn nicht schon längst betrogen, als ich Anthony im Wald geküsst hatte? Na ja, streng genommen hatte er ja eigentlich mich geküsst. In diesem Moment hatte ich Drew komplett aus meinen Gedanken verbannt. Doch jetzt war der Gedanke an ihn wieder da und ich fühlte mich schuldig, trotz allem, was vorgefallen war. Wie war ich bloß in diesen Schlamassel geraten? Ich hatte mich immer gefragt, wie blöd man eigentlich sein musste, um sich in zwei Männer gleichzeitig zu verknallen, und jetzt steckte ich selbst mittendrin und war die Blöde. Ich hätte jetzt gut den Rat meiner Mutter oder von Zoe gebrauchen können, aber leider war keine der beiden hier. Ich musste also wohl oder übel alleine damit klarkommen. Ich atmete tief durch, bevor ich meine Röcke raffte und mich in Bewegung setzte.
    »Wir sollten uns auf die Suche nach Mrs Fellows machen«, sagte ich in eiskaltem Ton. Anthony nickte verhalten und folgte mir schweigend.
    Die Straßen waren voller Menschen. London war schließlich der Umschlagplatz für Geschäfte und Zusammentreffen jeglicher Art. Wir mussten uns regelrecht durch die Menge schieben. Immer wieder versuchten Straßenhändler uns zum Hütchenspiel oder zum Kauf von Kleidungsstücken aus fremden Ländern zu überreden. Da ich jedoch bereits so meine Erfahrungen mit Straßenhändlern gemacht hatte, war ich lieber vorsichtig und schenkte ihnen keine Beachtung. Mein Interesse galt augenblicklich sowieso etwas anderem. Ich suchte die Fassaden der Häuser nach einem Hinweis auf ein Theater ab, doch ich fand keinen. Schließlich blieb ich an einer Weggabelung frustriert stehen.
    »Wir sollten hier entlanggehen«, sagte Anthony und deutete nach rechts. Er drehte sich um und

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