Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
sagte Gideon rasch, »und alles vergessen, was irgendeiner von uns gesehen oder gehört hat.«
Lady Dinsmore sah ihn ungläubig an. »Würden Sie das wirklich tun? Vergessen, was ich gesagt habe?«
»Werden Sie vergessen, was Sie eben gesehen haben?« Gideon trat näher, nahm ihre Hand und hob sie an seine Lippen, ohne den Blick von ihr abzuwenden. »Sollten Sie die Güte besitzen, das zu tun, stehe ich auf ewig in Ihrer Schuld.«
Der Anflug eines Lächelns huschte über Lady Dinsmores Gesicht. »Sie sind ein echter Charmeur, Mylord. Mich wundert nicht, warum Judith...«
»Susanna«, zischte Judith. »Ich denke, du hast mehr als genug gesagt, zumal wenn du auch weiterhin als diskret gelten möchtest. Obwohl«, fügte sie bestimmt an, »ich denke, du hast die Grenze bereits überschritten.«
»Ja, natürlich«, gab Lady Dinsmore matt zu und rümpfte die Nase. »Bisweilen passiert mir das einfach.«
»Ach ja?« Gideon gab sich betont ahnungslos. »Ich erinnere mich an nichts, was Sie gesagt oder getan haben könnten, das auch nur im Mindesten anstößig gewesen wäre. Mir schien, als sprächen wir lediglich über die gelungene Gesellschaft.« Er beugte sich zu ihr. »Ein voller Erfolg, wenn ich das hinzufügen darf.«
Prompt strahlte Lady Dinsmore. »Meinen Sie wirklich?«
»Und ob ich das meine.« Gideon nickte feierlich.
»Wenngleich die Königin noch nicht eingetroffen ist«, seufzte Lady Dinsmore.
»Aber wenn sie es erst ist«, erklärte Gideon bestimmt, »wird die Geburtstagsfeier Ihrer Großmutter ein noch größerer Erfolg, als alle erwartet hätten.« Er legte eine gewichtige Pause ein. »Stellen Sie sich nur vor, was Ihre Schwestern sagen werden.«
Judith stieß einen spöttischen Laut aus.
Lady Dinsmore hingegen grinste. »Genau daran dachte ich auch«, sagte sie und sah Gideon an. »Außerdem denke ich, dass ich mich in Ihnen geirrt haben könnte.«
Gideon schenkte ihr jenes besonders vielsagendes Lächeln, von dem er seit Langem wusste, dass es nie seine Wirkung verfehlte. »Das will ich inständig hoffen, Mylady.«
»Ja, nun ja«, stammelte Lady Dinsmore erwartungsgemäß und räusperte sich. »Ich sollte zurück...« Sie deutete vage Richtung Ballsaaltür.
»Unbedingt. Ich bin gewiss, dass man Sie bereits schmerzlich vermisst. Ach ja«, er beugte sich nochmals zu ihr, »meinen Sie, es wäre ein Fehler, wenn ich einen kurzen Moment allein mit Lady Chester verbringe? Auf der Terrasse, zum Beispiel?«
»Das wäre ganz sicherlich ein Fehler. Andererseits, was zwischen Ihnen beiden wäre keiner?« Ein keckes Funkeln leuchtete in ihren Augen auf. »Da es eine recht frische Nacht ist, würde ich an Ihrer Stelle nicht allzu lange draußen bleiben.«
»Vielen Dank, Lady Dinsmore.« Er hielt ihr die Tür auf.
Lady Dinsmore blickte kurz zu Judith, dann wieder zu Gideon. »Was meinen kleinen Ausrutscher betrifft,...«
»Aber, aber!« Gideon hob den Zeigefinger. »Sie haben nichts gesagt, ich habe nichts gehört.«
»Ja, selbstverständlich.« Ein letztes Mal sah Lady Dinsmore noch zu Judith, bevor sie Gideon zulächelte. Der wollte schwören, dass beide Frauen eine dieser stummen Botschaften ausgetauscht hatten, die kein Mann zu entziffern vermag. Dann verschwand sie schließlich im Ballsaal.
»Was genau war das, was du da gerade mit Susanna getan hast?«
»Ich glaube, ich habe sie betört.« Er nahm Judiths Hand und machte sich auf den Weg zur Terrasse. »Ich war gut, oder nicht?«
Judith lachte. »Wie immer. Aber warum...«
»Weil sie deine beste Freundin ist und ich möchte, dass sie mich mag.«
»Ich glaube, es hat gewirkt«, flüsterte Judith. »Warum gehen wir auf die Terrasse?«
»Ich muss mit dir über etwas reden.« Judith sollte wissen, dass Violet hier war. Es wäre höchst unschön, wenn Judith unvorbereitet seiner früheren, nun ja, Frau gegenüberstünde, ganz gleich, wie kurz die Ehe währte.
»Ich habe auch etwas, worüber ich mit dir sprechen muss«, sagte sie.
Er öffnete die Tür, und Judith ging hinaus auf die Terrasse. Nachdem er ihr nach draußen gefolgt war, schloss er die Tür hinter ihnen. Es war ein kühler Abend, aber windstill, so dass Gideon den Temperaturwechsel vor allem als erfrischend empfand.
»Es liegt bereits ein Hauch von Frühling in der Luft«, sagte Judith und drehte sich zu ihm um. »Bemerkst du es?«
Er lachte leise. »Du bist übertrieben optimistisch. Ich finde es vor allem kalt.« Reumütig schüttelte er den Kopf. »Ich hätte dich nicht hier
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