Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
ehe sie etwas tat, was sie nie wiedergutmachen könnte.
»Versprich mir, dass du nichts Übereiltes tust. Finde heraus, was er empfindet, ehe du die Affäre beendest.« Susanna nahm Judiths Hände. »Versprich mir, dass du zumindest die Möglichkeit in Erwägung ziehen wirst, den Rest deines Lebens mit ihm zu verbringen.«
»Liebste Susanna«, sagte Judith mit einem matten Lächeln. »Ich fürchte, ich denke an kaum etwas anderes.«
Elftes Kapitel
»Ich würde das kaum als eine kleine, ausgewählte Gesellschaft bezeichnen.« Gideons Blick wanderte über die Menschenmenge im Ballsaal.
»Hier sind mindestens sechzig Gäste«, flüsterte Judith. »Warum dachtest du, es wäre eine kleine Gesellschaft?«
»Weil Violet – Lady Braxton – das sagte, als sie mir davon erzählte.«
»Ach ja?« Judith stutzte. »Wann hast du Lady Braxton denn gesprochen?«
»An dem Tag, als ich London verließ. Vor einer Woche.«
»Das erwähntest du gar nicht«, sagte sie bemüht gelassen. Entschieden zu gelassen.
»Da ich auf dem Lande war und erst heute zurückkehrte, hatte ich bisher noch keine Gelegenheit, es dir zu erzählen.« Er lächelte sie an. »Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man fast glauben, du wärst eifersüchtig.«
»Umso günstiger, dass man es besser weiß«, entgegnete sie schlagfertig.
Gideon lachte leise. Seine Bedenken wegen heute Abend waren wahrscheinlich unbegründet. Bei ihrer Ankunft hatten sie ohne Zwischenfälle die Empfangsreihe passiert. Und zu seiner Erleichterung hatten sich Judith und Violet bekannt gemacht, ohne auch nur einen Anflug von etwas anderem als Höflichkeit zu zeigen. Ungeachtet dessen, was jede der beiden Frauen denken mochte, würde es wohl nie mehr als das zwischen ihnen geben. Dennoch war es furchtbar unangenehm gewesen, seine derzeitige Geliebte seiner früheren, nun ja, Ehefrau vorzustellen. Umso mehr, als besagte frühere Ehefrau es darauf abgesehen hatte, zur künftigen Ehefrau zu avancieren.
Was Entscheidungen hinsichtlich seiner Beziehung zu Judith betraf, war er zu dem brillanten Schluss gekommen, dass es keiner Entscheidung bedurfte. Im Moment drängten ihn nichts und niemand, irgendetwas zu entscheiden. Also, warum sollten sie nicht weitermachen wie bisher? Er empfand eine tiefe Zuneigung zu ihr, die Liebe sein konnte oder auch nicht. Die Tage ohne sie waren ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen. Jede wache Minute hatte er an sie gedacht, jede Nacht von ihr geträumt. Aber er hatte schon einmal etwas empfunden, das er für Liebe hielt. Und erst kürzlich war ihm bewusst geworden, dass es keine gewesen war. Womöglich waren damals vor allem sein Stolz und nicht nur sein Herz verletzt worden. Merkwürdig, doch bis er Violet wiedersah, hatte er sich niemals gefragt, ob er sie damals liebte. Und es war beunruhigend, festzustellen, dass er die Liebe möglicherweise nicht einmal erkennen würde, wenn er sie fand. Noch ein Grund mehr, mit Judith alles beizubehalten, wie es war. Ein Liebesgeständnis, sofern es sich denn um Liebe handelte, konnte warten.
»Was für eine ungewöhnliche Gästeschar«, sagte Judith mehr zu sich selbst als zu ihm.
»Findest du?« Ihm schien die Versammlung nicht im Mindesten ungewöhnlich und auch nicht sonderlich interessant. Hier waren zahlreiche Leute, die er kannte, und wahrscheinlich noch mehr, die Judith kannte. »Wie ich sehe, sind Lord und Lady Helmsley hier.« Er nickte zum anderen Ende des Saals und sagte, was ihm in den Sinn kam. »Ist es komisch für dich, ihn mit ihr zu treffen?«
»Komisch?« Sie sah ihn an.
»Nun, du und er, ihr wart...«
Sie lachte. »Nein, es ist ganz und gar nicht komisch.«
»Ich hätte das nicht sagen dürfen«, sagte er reumütig.
»Nein, hättest du nicht, aber ich vergebe dir. Ich schätze, es ist nur natürlich, dass du dir über meine Gefühle Gedanken machst.« Sie zuckte mit den Schultern und seufzte. »Vielleicht solltest du wissen, dass Jonathon und ich stets vor allem gute Freunde waren.«
»Ja, das habe ich gehört«, raunte er leise vor sich hin.
»Ich leugne nicht, dass es einen amüsanten Flirt gab, den wir über die Jahre hinweg beibehielten, aber es war nie...« Sie schüttelte den Kopf. »Wichtig, würde ich sagen, das heißt, ernst in irgendeiner Weise, die über Freundschaft hinausgeht. Ich schätze seine Freundschaft, wie auch die von Lady Helmsley. Um die Wahrheit zu sagen, ich habe ihn sogar ermutigt, um sie zu werben. Und ich half ihr, ihn ihrerseits zu ermuntern.« Sie
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