Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
füllst du dein Haus auf dem Land bei den extravaganten Partys, die du gibst. Du hast Leute, die dich unterhalten, dir die Zeit vertreiben und deinen Verstand anregen, aber nie, niemals dein Herz berühren.«
»Ich habe dich.«
»Und ich habe dich.« Susanna seufzte tief. »Aber das ist für keine von uns genug.«
»Ist dir je der Gedanke gekommen, dass es Menschen geben könnte, die dazu bestimmt sind, ihr Leben allein zu verbringen?«, fragte Judith vorsichtig. »Ich habe keine richtige Familie. Meine Eltern sind tot. Mein Ehemann ist tot, und die einzige richtige Verwandte, die ich habe, ist eine Schwägerin, die meine bloße Gegenwart verabscheut. Vielleicht bin ich... verflucht.«
Susanna betrachtete sie skeptisch.
»Nein, nicht verflucht, aber vielleicht ist es nun einmal das Schicksal einiger von uns, allein auf dieser Welt zu sein.«
»Wenn ich das glaubte, Judith«, erwiderte Susanna entgeistert, »würde ich auch nur einen Moment lang denken, ich wäre dazu bestimmt, den Rest meines Lebens allein zu bleiben, ich würde mich noch heute unter die nächste Kutsche werfen und alles beenden. Das Einzige, was mich bei Verstand hält, ist der Gedanke, dass ich eines Tages einen Mann finden werde, der mich liebt und den ich genauso lieben kann, wie ich meinen Ehemann liebte.« Sie schüttelte den Kopf. »Unsere beiden Umstände mögen sich sehr ähnlich sein, aber ich weigere mich, die Hoffnung aufzugeben. Und du solltest es ebenfalls nicht tun.«
»Hoffnung?«
»Hoffnung«, bestätigte Susanna. »Ich sage dir eines, Cousine, falls ich je einem Mann begegne, in dessen Nähe ich mich so fühle wie du dich in Lord Wartons, ich würde ihn nicht mehr aus den Augen lassen.«
Judith sah ihre Freundin verständnislos an. »Was soll ich denn deiner Meinung nach tun, Susanna? Es gibt keine Zukunft für uns. Wir vereinbarten von Anfang an, dass Heirat nicht infrage kommt.«
»Vereinbarungen können gebrochen werden«, erklärte Susanna gelassen. »Und warum kommt Heirat nicht infrage?«
»Ich bin weder die Ehefrau, die er braucht, noch die, die er will. Er kann mich nicht heiraten.«
»Sind wir wieder bei dem Thema?«
»Du hast es selbst gesagt. Er braucht eine Frau, die ich nie sein kann.«
»Na ja, aber ich bin blöd. Ich weiß gar nichts. Das wird dir jeder bestätigen. Judith«, sagte Susanna und beugte sich zu ihr vor, »der Mann ist ein gut aussehender, vermögender Viscount. Er kann tun, was immer ihm in den Sinn kommt.«
Judith war entsetzt ob dieser obszönen Andeutung. »Susanna!«
»Ach, du meine Güte, Judith, jetzt sieh mich nicht so an!« Susanna verdrehte die Augen. »Ich finde das nur alles so unerfreulich. Er macht dich glücklich. Du liebst ihn. Es gibt keinen Grund, weshalb ihr nicht zusammen sein solltet.«
»Dabei übersiehst du einige wesentliche Punkte. Unter anderem, dass er es zwar nicht gesagt hat, aber ich glaube, meine Vergangenheit stört ihn mehr, als er zugibt.«
»Und? Hat er sich etwa für die Ehe aufgespart? Wohl kaum«, sagte Susanna spitz. »Du bist Witwe. Du warst äußerst diskret. Du warst nie in einen Skandal verwickelt. Er hingegen ist durchgebrannt, hat geheiratet, und die Ehe wurde annulliert. Das wiederum war ein echter Skandal.«
»Der totgeschwiegen wurde«, murmelte Judith.
»Na, so tot nun auch wieder nicht. Nehmen wir außerdem die Tatsache, dass er hinterher über ein Jahr ein höchst unehrenhaftes Leben führte, nun, dann solltest du wohl eher diejenigen sein, die sich an seiner Vergangenheit stört.«
»Er hat sich verändert.«
»Und von dem Moment an, da du ihm begegnest bist, du dich ebenfalls.«
»Ich habe eine gewisse Reputation.«
»Die macht dich lediglich interessant. Und du hast dich verändert, schon vergessen? Also.« Susanna verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Was noch?«
»Gideon hat nie über Heirat gesprochen. Was Liebe betrifft...« Judith zog eine Schulter hoch. »Ich weiß nicht, wie es um seine Gefühle steht. Und ich bin nicht sicher, ob er es weiß.«
»Ich gebe zu, das ist ein Hindernis, aber kein unüberwindbares. Offensichtlich musst du dringend herausfinden, ob deine Gefühle erwidert werden.«
»Offensichtlich.« Was empfand Gideon für sie? Er hatte gesagt, es gäbe Zuneigung zwischen ihnen, aber er wäre sich unsicher, was die Liebe anging. Er hatte auch gesagt, dass er sehr lange mit ihr zusammenbleiben wollte. Was bedeutete das eigentlich? Susanna hatte recht. Es wäre idiotisch, das nicht herauszufinden,
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