Zauber der Wellen - Feehan, C: Zauber der Wellen - Oceans of Fire (3 - Abigail)
Strand hinaufzuziehen. Sie sank auf die Knie und rang um Luft, zog sich die eigene Maske ab und riss Aleksandrs Maske von seinem Gesicht. Dann legte sie beide Hände auf seine Wunden. Es war unmöglich, den Blutstrom einzudämmen.
Sie legte ihre Lippen an Aleksandrs Ohr. »Verlass mich nicht.« Sie versuchte, ihn mit reiner Willenskraft dazu zu bringen, dass er atmete und hustete, um das Meerwasser aus seiner Lunge zu pressen.
Der Mann ging einen Schritt auf sie zu und lenkte damit ihre Aufmerksamkeit auf sich. Als sie zu ihm aufblickte, sah sie, dass er ein Messer in der Hand hielt, das ausgesprochen heimtückisch wirkte. Er lächelte, als er einen zweiten Schritt auf sie zukam. Die Kugel traf ihn, bevor sie den Schuss hörte. Sie grub sich in das linke Auge des Mannes, riss seinen Kopf zurück und ließ ihn in sich zusammensacken wie eine Stoffpuppe.
Abigail legte ihren Kopf kurz auf Aleksandrs Brust und sah sich dann um. »Prakenskij! Schnell. Er stirbt. Ich kann ihn nicht heilen. Meine Schwestern sind ebenso erschöpft wie ich. Ich weiß, dass du da bist.«
Der Wind berührte ihr Gesicht. Ihre Schwestern, die stets bei ihr waren und so große Ängste um Aleksandr ausstanden wie sie selbst. »Bitte.« Sie flüsterte das Wort. »Bitte.« Sie rief es, so laut sie konnte, während Tränen ihre Kehle zuschnürten.
Eine einzelne Stimme erhob sich auf den Schwingen des Windes. Zart. Melodisch. Lockend. Joleys Stimme war unglaublich
schön, eine rauchige Mischung aus sinnlicher Überredungskraft und Gefühlserguss. Ihr magischer Gesang war hypnotisch und unwiderstehlich.
Prakenskij kam hinter den Felsen heraus, sein Gewehr bereits zerlegt. Er warf es mit Schwung in die Tiefen der Bucht, als er über den Sand an Abigails Seite kam. »Es muss schlimm für deine Schwester sein, mir den Pfad zu weisen, auf dem ich ihre Magie aufspüren kann. Lass mich mal sehen.«
»Du musst ihm helfen.« Abigail wischte die Tränen fort, die über ihr Gesicht strömten. Die Erschöpfung ihrer Schwestern lastete ebenso schwer auf ihr wie auf ihnen. Sie war ausgelaugt und körperlich vollkommen entkräftet. »Ich kann ihn nicht retten, aber du kannst es.«
»Wenn ich das tue, werde ich nicht mehr die Kraft haben, der Polizei zu entkommen.« Prakenskij hätte schleunigst in die andere Richtung laufen sollen, doch stattdessen kauerte er sich neben Aleksandr. »Ich habe versucht, ihn zu warnen. Ich habe alles getan, was mir eingefallen ist, um ihn aus dieser Geschichte herauszuhalten. Der Mistkerl ist ungeheuer stur.«
»Ich weiß, dass du ihn retten kannst. Meine Schwestern werden dir helfen. Und wir werden einen schützenden Schleier zwischen dir und der Polizei weben, damit du dich fortstehlen kannst.« Sie zog ihre Schultern zurück. »Ich weiß, dass er dir nicht gleichgültig ist. Rette sein Leben.«
»Dafür bist du mir etwas schuldig. Ihr alle werdet mir etwas schulden. Wenn ich komme, um es einzufordern, erwarte ich, dass ihr mir beistehen werdet.«
Abigail nickte, obwohl sie sich nicht sicher war, ob sie gerade einen Pakt mit dem Teufel schloss, aber selbst das war ihr egal. Das Einzige, was zählte, war Aleksandrs Leben.
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20.
A leksandr hörte Abigails Stimme, die nach ihm rief. Unten schlug die Tür zu. Sie rief ein zweites Mal nach ihm. Er liebte den Klang ihrer Stimme, wenn sie seinen Namen rief. Der Eifer und die Freude, die in ihrem Tonfall mitschwangen, wärmte ihn innerlich.
Beim Erwachen gab es immer diesen Moment, in dem er glaubte, er sei in Russland oder irgendwo in einem trostlosen Hotel. Allein, ohne sie. In seinen Albträumen sah er immer noch, wie Abigail in Ignatevs Verhörraum geschlagen und misshandelt wurde, und wenn er schweißüberströmt erwachte, hallte ihr Name durch den Raum.
Er presste sich eine Hand aufs Herz und sah über das Balkongeländer auf ihr geliebtes Meer hinaus. Er war immer in der Stadt zu Hause gewesen, im dichten Gedränge und in der seltsamen Schönheit aus Lichtern und Gebäuden. Abigails Ozean beruhigte ihn und gab ihm Frieden. Er hatte den Verdacht, es läge vielleicht daran, dass er ihre Liebe zum Meer und ihre Sehnsucht danach, ein so wesentlicher Bestandteil ihrer Persönlichkeit, nicht von Abigail selbst trennen konnte.
»Wo bist du, Sasha?« Ihre Stimme klang atemlos.
Diese Atemlosigkeit ließ ihn lächeln, ein kleines Anzeichen dafür, dass sie ihm gegenüber nicht gleichgültig war. »Hier draußen auf der Terrasse.« Sie war bei ihm eingezogen, um ihn zu
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