Zauber der Wellen - Feehan, C: Zauber der Wellen - Oceans of Fire (3 - Abigail)
hinter ihm zurück. Sie hätte vor Glück am liebsten geweint. Noch nie hatte sie diesen eigentümlichen Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen, als hätte sie ihm ein Geschenk gemacht, das ihn über alle Maßen beglückte. Aber auch er hatte ihr ein Geschenk gemacht, denn sie hatte nie zu hoffen gewagt, dass er ihre Welt mit der Liebe, der Aufregung und der Freude annehmen würde, die sie jedes Mal verspürte, wenn sie mit den wilden Delfinen zusammentraf.
Als sie hinter Aleksandr herschwamm, geriet das Wasser um sie herum gänzlich unerwartet in einen heftigen Aufruhr; das
Brodeln stieg vom Meeresboden auf wie ein gewaltiger Geysir. Das Wasser siedete und schäumte so irrsinnig, dass sie Aleksandr für ein paar Sekunden aus den Augen verlor, doch die sprudelnden Blasen waren eiskalt, als sei sie in eine Aufwärtsströmung geraten. Sie begriff augenblicklich, dass ihre Schwestern sie vor einer drohenden Gefahr warnten.
Abigail schwamm aus dem Strudel heraus und kämpfte sich mit kräftigen Beinschlägen durch das Wasser voran, um zu Aleksandr zu gelangen. Zu ihrem Entsetzen erhob sich ein dunklerer Schatten aus dem dichten Riementang, schwamm hinter Aleksandr her und glitt durch das Wasser geradewegs auf ihn zu. Wenn sie ihn hätte warnen können, hätte sie laut geschrien, doch Aleksandr war zu weit vor ihr und außerdem waren sie unter Wasser. Sie konnte nur voller Grauen und zu Tode erschrocken zusehen, wie der Taucher ein Harpunengewehr hob.
Der warnende Strudel wallte in dem Moment um Aleksandr herum auf, als die Harpune abgeschossen wurde. Aleksandr hielt mitten in der Bewegung abrupt inne und drehte sich halb zu Abigail um, als der Schaum ihn einhüllte. Die Harpune schnitt sich durch das Wasser, grub sich von hinten in seine Schulter und trieb ihn voran. Der weiße Schaum um ihn herum färbte sich sofort leuchtend rot. Der Schmerz und die Furcht um Abigail setzten gleichzeitig ein, als Aleksandr Leonid Ignatev erkannte.
Mit kräftigen, sicheren Schwimmstößen verringerte Abigail den Abstand zu Ignatev. Sie konnte sehen, wie er geschickt und mit ruhiger Hand eine weitere Harpune in sein Gewehr einlegte und Aleksandr nicht aus den Augen ließ.
Als wüsste er, dass sie keine Bedrohung für ihn darstellte.
Ihr dumpfer Herzschlag warnte sie. Sie wirbelte in dem Moment herum, als die Klinge eines Messers direkt an ihr vorbeischoss. Ein zweiter Taucher stürzte sich auf sie. Sie packte mit beiden Händen sein Handgelenk, riss ihren Fuß hoch und trat ihrem Angreifer mit aller Kraft in die Leistengegend. Er
krümmte sich und der Schwung trieb sie zurück und gab ihr Zeit, nach dem Messer in ihrem Gürtel zu greifen. Sie schwamm um ihren Angreifer herum, schlitzte ihm die Luftschläuche auf und stieß sich von ihm ab, um Abstand zu ihm zu gewinnen, als er sich zu ihr umdrehte.
Der Mann stürzte sich wieder auf sie, und diesmal war sein Gesicht vor Entschlossenheit verzerrt. Ein dichter Schwarm von tausenden von Fischen schwamm zwischen ihnen vorüber, ein weiteres Hindernis, das ihre Schwestern errichtet hatten, um sie zu schützen, während der Mann wüst mit seinem Messer um sich hieb. Abigails Angreifer ging die Luft aus, und er war gezwungen, sich an den Aufstieg zur Wasseroberfläche zu machen. Mit dem Messer in der Hand kämpfte sie sich durch den Fischschwarm zu Ignatev vor.
Durch einen dichten Schleier von Schmerzen setzte Aleksandr seine Beine ein und strampelte kräftig, um sich auf Ignatev zu stürzen. Die Spitze der Harpune hatte sich vollständig durch seinen Muskel gebohrt und schaute vorn aus seiner Schulter heraus. Der Arm war unbrauchbar und daher schwamm er recht unbeholfen, doch er benutzte weiterhin seine Beine und strampelte nach Kräften, während er versuchte, Ignatev zu erreichen, bevor der Mann eine zweite Harpune auf ihn abschießen konnte.
Ignatev versank mitten im dichten Riementang auf dem Grund der Bucht und ließ sich Zeit, um sein Ziel genau anzupeilen. Er wusste, dass Aleksandr keine Chance hatte, ihn zu erreichen, und um den Verwundeten herum rötete sich das Wasser in einem Ring, der sich zügig ausweitete. Als er das Harpunengewehr hob, gab der Meeresboden unter ihm nach, wankte und bebte mehrfach hintereinander gerade heftig genug, um Ignatev auf die Knie zu werfen. Geräusche drangen durch das Wasser. Frauenstimmen erhoben sich zu einem melodischen und zugleich erbarmungslosen Gesang in einer fremden Sprache, dessen Lautstärke mit der Dünung zunahm und
nachließ. Jedes
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