Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zauber einer Winternacht

Zauber einer Winternacht

Titel: Zauber einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
Sie fühlte die Welt aus den Fugen geraten und wusste instinktiv, dass er sie wieder in Ordnung bringen würde.
    Er musste aufhören. Er konnte nicht aufhören. Nur eine Kostprobe, sagte er sich. Nur noch eine einzige. Aber er beließ es nicht dabei, sondern wollte immer mehr davon. Es war, als ob er leer gewesen wäre und in diese Leere jetzt etwas Ungeahntes strömte. Und zwar mit einer Wucht, die ihn erschreckte.
    Zögernd, irgendwie voller Unschuld, glitten ihre Hände an seinen Armen hinauf zu den Schultern. Als sie die Lippen öffnete, geschah es mit derselben eigenartigen Scheu. Er roch den Frühling, der noch unter dem Schnee begraben lag. Er roch ihn in ihrem Haar, auf ihrer Haut. Selbst der rauchige Geruch, der sonst immer die Hütte füllte, schaffte es nicht, ihn zu überdecken. Im Kamin verschoben sich knackend und knisternd einige Holzscheite, und die abendliche Brise fing sich wie mit einem klagenden Laut im Gebälk.
    Nur zu gern hätte er seine Fantasien ausgelebt, sie hochgehoben und ins Schlafzimmer getragen. Um dort mit ihr auf dem Bett zu liegen, ihr das Hemd abzustreifen und ihre Haut an seiner zu spüren. Damit sie ihn berührte, sich an ihn klammerte, ihm vertraute.
    In ihm wütete der Krieg. Sie war nicht bloß eine Frau, sie war eine Frau, die ein Kind in sich trug. Und in ihr wuchs nicht nur ein Kind, sondern das Kind eines anderen Mannes, eines Mannes, den sie geliebt hatte.
    Sie war nicht für seine Liebe da. Und er nicht für ihr Vertrauen. Dennoch zog sie ihn an. Ihre Geheimnisse taten es. Ihre Augen, die so viel mehr als Worte sagten, und ihre Schönheit, die weit mehr umfasste als die Form und Beschaffenheit ihres makellosen Gesichts.
    Also musste er sich Einhalt gebieten, bis er sich darüber klar war, was er eigentlich wollte, und bis sie ihm genug vertraute, um ihm die ganze Wahrheit zu sagen.
    Er hätte sie von sich geschoben, aber sie presste ihr Gesicht gegen seine Schulter. »Bitte, sag jetzt nichts, nur eine Minute lang.«
    Ihre Stimme klang nach Tränen und berührte ihn mehr, als es der Kuss getan hatte. Das Kriegsgetümmel in seinem Inneren wurde stärker. Schließlich hob er die Hand, um ihr übers Haar zu streichen. Er fühlte, wie das Baby sich in ihr bewegte. Was um alles in der Welt sollte er bloß tun?
    »Es tut mir leid.« Sie hatte sich jetzt wieder unter Kontrolle, ließ ihn aber nicht los. Wie hätte sie auch ahnen können, wie sehr sie sich danach sehnte, festgehalten zu werden? Es war zu selten gewesen, dass jemand darauf Rücksicht genommen hatte. »Ich will mich nicht anklammern.«
    »Das tust du auch nicht.«
    Sie straffte sich und machte einen Schritt zurück. Tränen waren nicht zu sehen, aber ihre Augen schimmerten und ließen erkennen, wie mühsam sie sie unterdrückt hatte. »Du wirst jetzt sicher sagen, dass du nicht wolltest, dass das passiert. Aber das brauchst du nicht.«
    »Ich wollte nicht, dass das passiert«, sagte er ruhig. »Aber das soll keine Entschuldigung sein.«
    »Oh.« Etwas verdutzt tastete sie nach der Stuhllehne. »Ich meinte, ich möchte nicht, dass du das Gefühl hast … Ich möchte nicht, dass du denkst … Ach, was soll’s.« Sie setzte sich. »Ich versuche, dir zu sagen, dass ich nicht böse über den Kuss bin und es verstehe.«
    »Gut.« Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich so, dass er die Arme auf die Lehne legen konnte. »Was verstehst du, Laura?«
    Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass er es sich leichter machen und nicht weiter darüber reden würde. »Dass ich dir ein bisschen leidtat. Und irgendwie sind wir uns ja auch nähergekommen. Kein Wunder, in unserer Lage. Und dann das Bild, das du von mir malst.« Warum beruhigte sich ihr Herzschlag nicht? Und warum sah er sie so an? »Du sollst nicht denken, ich hätte es missverstanden. Ich kann ja wohl kaum erwarten, dass du …« Sie bewegte sich jetzt auf immer unsichererem Boden. Fast wäre sie verstummt, aber er hob herausfordernd eine Augenbraue und wedelte mit der Hand.
    »Mir ist klar, dass du mich momentan nicht sehr attraktiv findest. Körperlich, meine ich. Und ich möchte das, was gerade zwischen uns passiert ist, nur als – eine Art Freundschaftsbeweis werten.«
    »Eigenartig.« Mit gespielter Nachdenklichkeit kratzte er sich am Kinn. »So dumm siehst du gar nicht aus. Natürlich wirkst du auf mich attraktiv, sehr sogar. Mit dir zu schlafen mag gegenwärtig nicht möglich sein, aber das heißt doch nicht, dass ich dich nicht begehrenswert

Weitere Kostenlose Bücher