Zauber-Schloss
besonders erfolgversprechende Beute machen«, murmelte Dor, während sie die Kolonie hinter sich ließen und in Richtung Westen weitergingen. »Man kann sich nicht auf Truppen verlassen, denen man jeden Tag alles aufs neue beibringen muß.«
Sie markierten den Weg, der immer tiefer ins dichte Buschwerk führte. Die Zombiearmee mußte innerhalb eines Tages hier durchkommen. Dor schätzte, daß sie etwa die Hälfte der Strecke markiert hatten. Das Schlimmste hatten sie wohl hinter sich, und bei Einbruch der Nacht würden er und Hüpfer bereits am Ziel sein, um dem König die frohe Nachricht zu überbringen.
»Diese Pflanzen beunruhigen mich«, schnatterte Hüpfer.
»Mich auch. Aber sie sind anscheinend harmlos. Nur etwas seltsam.«
Hüpfer musterte die Gegend. »Gibt wohl keine bessere Strecke. Der Boden ist eben und frei, und es sind auch keine feindseligen Wesen zu sehen. Und doch traue ich ihm nicht.«
»Die vielversprechendsten Pfade sind oft die gefährlichsten. Wir sollten diesem Weg mißtrauen, gerade weil es keine gefährlichen Wesen hier gibt«, warf Dor ein.
»Ich will mir die Sache mal aus einer anderen Perspektive ansehen. Geh du weiter und tu ganz unschuldig«, schnatterte Hüpfer. Er sprang über einen Busch und verschwand.
Dor ging weiter, als sei nichts geschehen. Die Sträucher waren inzwischen mehr als kopfhoch und schienen sich um sie zu drängen, obwohl sie sich nicht bewegten.
Wie wäre sein Abenteuer wohl verlaufen, wenn Hüpfer nicht dabeigewesen wäre? Dor erschauerte bei dem Gedanken. Er war sich sicher, daß seine Begegnung mit der großen Spinne ein Zufall und nicht vom Guten Magier Humfrey geplant oder bei seinen Vorbereitungen mit einkalkuliert worden war. Doch hätte Dor ohne diesen Zufall seine erste Begegnung mit den Kobolden überlebt? Was wäre mit seinem Körper zu Hause geschehen, wenn er hier im Wandteppich gestorben wäre? Vielleicht besaß Humfrey ja eine Möglichkeit, den Wandteppich zu zerreißen und aufs neue zu weben, so daß Dors Tod rückgängig gemacht wurde und er selbst wieder sicher zurückkehren konnte. Doch das wäre dann immer noch ein demütigender Mißerfolg. Es war viel besser, auf eigene Faust zu überleben – und Hüpfer hatte ihm das ermöglicht.
Bisher.
Noch wichtiger waren eigentlich die Reife und der große Überblick, die die große Spinne mit einbrachte. Dor lernte ständig von ihr und wurde selbst dadurch reifer.
Da unterbrach irgend etwas seine Gedanken, das ihn erschauern ließ. Er blickte sich um, konnte jedoch nichts entdecken. Da waren nur die Gewächse, die inzwischen nur noch halb so groß waren wie er selbst. Was hatte ihn nur so beunruhigt? Irgendwie hatte er es nicht richtig wahrgenommen.
Er zuckte die Schultern und schritt weiter. Einen Augenblick später fing er an zu pfeifen – um seine Sorglosigkeit besser zur Schau zu stellen und um sicherzugehen (für alle Fälle!), daß Hüpfer auch wußte, wo er sich befand. Er war zwar kein besonders guter Pfeifer, wußte aber durchaus, eine Melodie zu flöten.
Und da geschah es erneut. Dor blieb abrupt stehen und blickte sich zum zweiten Mal um. Hatte er vielleicht Hüpfer im Augenwinkel wahrgenommen? Nein, seinen Freund hätte er auch erkannt, ohne besonders darauf zu achten. Wie gerne er jetzt doch ein paar zusätzliche Augen gehabt hätte! Aber zum Teufel mit der Vorsicht – er hatte irgend etwas bemerkt, und jetzt wollte er wissen, was es war.
Nichts zu sehen. Die hohen Sträucher standen einfach da: mundanische Gewächse, deren Blätter periodisch vom Wind bewegt wurden. Der untere Teil war sehr dicht belaubt, so daß ihre Stämme kaum zu erkennen waren. Nach oben zu waren sie dünner bewachsen, die Blätter waren kleiner, und die eigentlichen Wipfel waren kahl. Manche besaßen einen Mittelstamm, der mehrere Fuß emporragte und zahlreiche kahle Äste aufwies. Für eine Pflanze war das zwar etwas seltsam, aber keineswegs bedrohlich. Vielleicht waren es Fühler, die die Sonne oder den Wind wahrnahmen und die Informationen an den Hauptteil des Gewächses weiterleiteten. Viele Pflanzen wußten gerne, was los war; denn schon geringfügige Wetteränderungen konnten über ihr Wohl und Wehe entscheiden.
Dor gab es auf. Es war einfach nichts da, was er hätte wahrnehmen können. Er hätte natürlich einen der auf dem Boden herumliegenden Stöcke fragen können, doch irgendwie schreckte er davor zurück. Es war etwas an der Naivität der Faune und Nymphen, das ihn dazu bewegte, auf dieses
Weitere Kostenlose Bücher