Zauber-Schloss
Murphy ihr.
Vadne zeigte die Zähne, eine seltsame Kreuzung zwischen Grimasse und Lächeln. »Nach Eurer Definition, Magier!« Dann drehte sie sich wieder zu Dor um. »Aber ich habe mich von meinen Leidenschaften beherrschen lassen. Wo, sagtet Ihr, kommt Ihr her, Magier?«
Dor begriff ihr plötzliches Interesse an ihm – und war froh, daß er als Heiratskandidat nicht in Frage kam. »Ich entstamme einer Zeit, die achthundert Jahre in der Zukunft liegt. Und Hüpfer auch.«
»Aus der Zukunft!« rief König Roogna. »Sind Sie von einem Magierrivalen ins Exil geschickt worden?«
»Nein, in meiner Generation gibt es keinen weiteren Magier. Ich befinde mich auf einer Suche. Ich… ich glaube, ich werde wohl einmal König werden, wie Ihr früher schon einmal vermutet habt. Der König meiner Epoche will, daß ich Erfahrung sammle. Ich bin erst zwölf Jahre alt und –«
»Aha, Sie befinden sich in einem geliehenen Körper!«
»Ja. Das war die beste Methode, hierher zu gelangen. Zu Hause ist ein anderes Wesen, das meinen eigenen Körper am Leben erhält. Aber ich weiß nicht, ob das, was ich hier tue, Bestand hat, deshalb will ich mich nicht allzu sehr einmischen.«
»Dann wissen Sie also, wie die Wette Roogna gegen Murphy ausgeht?« fragte der König.
»Nein. Ich glaubte erst, es zu wissen, aber jetzt habe ich begriffen, daß dies nicht der Fall ist. In meiner Epoche ist Schloß Roogna fertiggestellt – aber es war jahrhundertelang verlassen und in Vergessenheit geraten. Es wäre auch möglich, daß ein anderer König es zu Ende gebaut hat. Und dann hat es all diese Wellen gegeben, die ich erwähnt habe, und all die üblen Dinge, und den Rückgang des menschlichen Einflusses in Xanth. Also könnte Murphy durchaus gewonnen haben.«
»Oder ich könnte gewonnen und das Chaos ein paar Jahrzehnte aufgehalten haben«, meinte Roogna.
»Ja. Aus meiner Perspektive in acht Jahrhunderten kann ich nicht feststellen, ob das Chaos in diesem Jahr oder erst in fünfzig Jahren begonnen hat. Und es gibt noch weitere Dinge, die nicht zusammenpassen, zum Beispiel die Tatsache, daß es in meiner Zeit keine Kobolde auf der Erdoberfläche und auch nur recht wenige Harpyien gibt – ich weiß nicht, wie sich das alles zusammenfügt.«
»Na ja, was geschehen soll, wird auch geschehen«, sagte Roogna. »Ich vermute, daß das, was wir hier tun, aus dieser historischen Perspektive kaum Gewicht hat. Trotzdem will ich versuchen, zu tun, was ich in diesem Jahrhundert erreichen kann, damit Schloß Roogna als Monument meiner Hoffnung für ein besseres Xanth bestehen bleibt.« Er ließ seinen Blick durch die Runde schweifen. »Wir sollten unsere Entscheidungen im Einklang mit unseren Prinzipien fällen.«
»Dann sollten wir auch dafür kämpfen, die Ordnung aufrechtzuhalten – so lange, wie es nur geht!« sagte Dor. »Für ein Jahrzehnt, für ein Jahr oder auch nur für einen Monat – was immer wir erreichen, ist gut.«
Murphy spreizte die Hände. »Wir werden zu gegebener Zeit feststellen, ob auch nur ein Monat realistisch ist.«
»Ich glaube, wir sind uns einig«, sagte König Roogna. »Wir werden das Schloß verteidigen. Und darauf hoffen, daß der Zombiemeister rechtzeitig eintrifft.«
Sie kehrten wieder an ihre Posten zurück. Fast sofort begann auch der Ärger. Im Süden waren die dunklen Banner der nahenden Koboldarmee zu sehen, deren Gleichschritt das Fundament der Schloßmauern erbeben ließ. Trommeln wurden geschlagen, und auch Hörner hielten den Rhythmus. Wie ein monströser schwarzer Teppich wälzte sich die Armee über das Feld vor dem Schloß. Die kleinen Waffen der Kobolde glitzerten, und über dem ganzen Lärm war ein leiser Singsang zu hören: »Eins, zwei, drei vier, Tod, zwei, drei, vier. Eins, zwei, drei, vier, Tod, zwei, drei, vier«, immer und immer wieder, endlos weiter.
Die Kobolde hatten auch Verbündete mitgebracht: Gnome, Trolle, Elfe, Zwerge, Ghule und andere. Alle Gruppen hatten eine eigene Standarte und einen eigenen Singsang. Langsam bildete sich ein grobes Webmuster, ein Flickenteppich aus verschiedenen Kontingenten: Elfe in Grün, Zwerge in Braun, Gnome in Rot, Trolle in Schwarz, und sie marschierten und marschierten. Es waren so viele Wesen, daß sie schon von ihrer reinen Menge her das Schloß mühelos unter sich hätten begraben können. Doch mit bloßer Masse ließen sich Befestigungsmauern auch nicht erklimmen.
Dann kamen die Harpyien aus dem Norden herbeigeflogen und warfen ihre unheilverkündenden
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