Zauber-Schloss
hinab. Das war ja auch gar nicht derselbe Baum, denn der richtige Baum hatte etwas abseits von der Quelle gestanden und nicht direkt daneben. Seine Hoffnungen hatten ihm den Verstand verwirrt. Jetzt mußte er sich selbst aus dieser Patsche helfen, ohne die Hilfe der Dryade.
Na ja, aber nicht gänzlich ohne Hilfe. »Wie komme ich am besten hier raus?« fragte er den nächsten Stein.
»Flieg mit dem Rokhvogel heraus«, erwiderte der Stein.
»Aber die Flügel des Rokhs sind gebrochen!«
»Dann besprenkle sie gefälligst mit Elixier, du Idiot!«
Dor blieb wie angewurzelt stehen. Es war ja alles so offensichtlich! »Ich bin wirklich ein Idiot!« rief er.
»Sag ich doch«, meinte der Stein selbstzufrieden.
Dor rannte zum Rokh, holte die Krüge und lief zur Quelle zurück. »Hast du was dagegen, wenn ich etwas von deinem Elixier nehme?« fragte er rhetorisch.
»Und ob ich was dagegen habe!« erwiderte die Quelle. »Ihr kommt alle her und stehlt mir mein Wasser, das ich mit so viel Mühe verzaubere, und was erhalte ich für eine Gegenleistung?«
»Was für eine Gegenleistung?« wiederholte Dor. »Du verlangst doch den höchsten Preis von allen!«
»Wovon redest du da? Ich verlange nie was.«
Irgend etwas stimmte hier nicht. Doch dann begriff Dor, was los war: wieder der Achthundertjahrefaktor! Die Quelle hatte noch nicht ihren Gegenleistungszauber entwickelt. Na ja, vielleicht konnte Dor ihr ja einen Gefallen tun. »Paß mal auf, Quelle, ich werde für dein Wasser bezahlen. Gib mir zwei Krüge Elixier ab, dann sag’ ich dir, wie du von den anderen, die etwas von dir wollen, eine gerechte Gegenleistung bekommst.«
»Topp!« rief die Quelle.
Dor tauchte die Krüge ins Wasser, bis sie voll waren, und er sah, wie die Kratzer auf seiner Haut bei der Berührung mit dem Wasser verschwanden. Das war wirklich der richtige Quell! »Du brauchst nur noch einen Zusatzzauber, der von jedem, der von deinem Elixier profitiert, verlangt, daß er danach nicht mehr gegen deine Interessen verstoßen kann. Je mehr von deinem Wasser verbraucht wird, um so größer wird dann deine Macht.«
»Aber wenn jemand nicht auf meinen Bluff hereinfällt?«
»Es wird gar kein Bluff sein. Du wirst einfach deine Magie zurücknehmen. Es wird so sein, als wäre er niemals von dir geheilt worden.«
»He, klar, das ginge!« rief die Quelle aufgeregt. »Es würde zwar ein Weilchen dauern, vielleicht ein paar Jahrhunderte, bis ich diesen Zusatzzauber entwickelt habe, aber da das ja nur eine Verfeinerung meiner ursprünglichen Magie ist, sozusagen eine Endklausel – ja, das wird gehen. O danke, danke, Fremder!«
»Ich hab’ dir doch gesagt, daß ich dich bezahlen würde«, sagte Dor zufrieden. Dann fiel ihm etwas ein. »Äh… ich bin nur ein Besucher in diesem Land, und alles, was ich hier tue, könnte nach meinem Verschwinden ebenfalls wieder verschwinden. Also machst du dich besser sofort an diesen Zauber, damit du ihn nicht wieder verlierst, wenn ich fort bin.«
»Wieviel Zeit habe ich?«
Dor rechnete es schnell durch. »Vielleicht zehn Tage.«
»Ich werde es mir einprägen«, sagte die Quelle. »Ich werde es mir so genau merken, daß es durch nichts mehr erschüttert werden kann.«
»Prima. Mach’s gut«, sagte Dor.
»Tschö!« verabschiedete die Quelle ihn.
Kurz darauf hatte Dor die Flügel des Rokh geheilt und befand sich auf dem Rückflug. Der Vogel blieb zwar immer noch ein Zombie, war aber kräftiger als zuvor. Kein Wunder, daß der Zombiemeister das Elixier haben wollte! Damit würden seine Zombies doppelt so gut werden, wie sie es jetzt schon waren.
Doch nun zeigte sich ein neues Problem. Dor sah von oben, daß sich die Mundanier wieder zusammengerottet hatten und nun das Schloß belagerten. Offenbar hatten sie ihre gesamte Vorstoßarmee zu diesem Zweck zusammengezogen. Es waren ganz offensichtlich keine Feiglinge. Sie waren zwar vor dem heftigen Angriff der Zombies in Panik geraten, doch nun waren sie wütend wegen ihrer drei Toten und wollten Rache nehmen. Außerdem glaubten sie wahrscheinlich, daß ein derart gut bewachtes Schloß gewaltige Reichtümer verbergen mußte, deshalb war nun auch ihre Gier geweckt. Indem er seinem Freund Hüpfer half, hatte Dor den Zombiemeister in ernste Gefahr gebracht.
Der Rokh landete im Innenhof des Schlosses. Es war eine harte Landung, weil seine Füße nicht geheilt worden waren, und das Geräusch erschütterte das ganze Schloß.
Der Zombiemeister kam mit Millie herbeigestürzt. »Du hast
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