Zauber-Schloss
hatte das Bewußtsein verloren.
»Ein Horrorwesen, und doch intelligent und tapfer«, murmelte der Zombiemeister nachdenklich. Er blickte auf. »Ich werde für dieses Wesen so lange sorgen, wie es meiner bedarf. Egor, trag ihn ins Gästezimmer.«
Der Oger nahm Hüpfer wieder auf und stampfte davon.
»Ich wünschte, man könnte ihn irgendwie schneller heilen«, sagte Dor. »Irgendein Medizinzauber, wie das Heilelixier –« Er schnippte mit den Fingern. »Ich hab’s! Ich weiß, wo eine Heilquelle ist, eine Tagesreise von hier!«
Nun horchte der Magier auf. »Ein solches Elixier könnte ich für meine Kunst auch gebrauchen«, rief der Zombiemeister. »Ich helfe Euch, es zu holen, wenn Ihr das kostbare Naß mit mir teilt.«
»Es ist genug da«, willigte Dor ein. »Die Sache hat allerdings einen Haken: Man kann das Elixier nicht gegen die Interessen der Heilquelle anwenden, sonst verliert es seine Wirkung.«
»Eine gerechte Forderung.« Der Zombiemeister führte sie in einen Innenhof, wo ein monströser Zombievogel nistete.
Dor starrte ihn fassungslos an. Das war ja ein Rokh! Der größte aller Vögel, vom Talent dieses Magiers zu neuem Pseudo-Leben erweckt. Die gesamte Welt der Toten unterlag der Macht dieses Mannes!
»Trag diesen Mann dorthin, wo er hin will«, befahl der Zombiemeister dem Rokh. »Und bring ihn mit seiner Last sicher wieder zurück.«
»Äh, ich werde einen Krug brauchen oder so was…« warf Dor ein. Der Magier reichte ihm zwei Krüge, einen für jeden. Dor kletterte auf den stinkenden Rücken des Rokh, hielt sich an zwei verwesenden Federstummeln fest und vertäute die Krüge mit einem Stück von Hüpfers letztem Zugseil.
Der Rokh schwang seine monströsen Flügel, die den ganzen Hof umspannten und an beiden Seiten die Schloßmauern berührten. Schmierige Federn stoben davon, Fleischstückchen fielen herab, und das Knochengerüst des Vogels knarrte höchst bedenklich. Doch ein Rokh war ein immens kräftiger Vogel, und Dor war nicht so schwer, so daß selbst dieser wiederbelebte Leichnam noch stark genug für ihn war.
»Richtung Osten!« rief Dor.
Er hoffte, daß er das Gebiet aus der Luft hinreichend wiedererkennen würde, um den Ort zu finden. Er war nur einmal mit seinem Vater Bink an der Heilquelle gewesen, der das Elixier für irgendeinen obskuren Grund benötigt hatte, wie ihn Erwachsene haben. Bink hatte von seinen früheren Abenteuern an dem Born erzählt, und sie hatten auch einer Dryade, einer Waldnymphe, die in einem bestimmten Baum wohnte und einem hübschen Mädchen in Millies Alter glich, einen kurzen Besuch abgestattet. Sie hatte Dor den Kopf getätschelt und ihm alles Gute gewünscht. Ja, das war wirklich eine schöne Reise gewesen! Doch jetzt, hoch oben aus der Luft, konnte Dor die Dinge am Boden nicht befragen, wie sie zu dem Born finden konnten, und es waren auch keine Wolken da, die nahe genug gewesen wären, um sie zu befragen. Dabei schien sein Gedächtnis alles andere als unfehlbar zu sein.
Schließlich erspähte er einen Streifen besonders kraftstrotzenden Urwalds, der offenbar von dem fließenden Wasser der Quelle profitierte. »Dort unten!« rief er. »Oben an dem Strom.«
Der Zombierokh ließ sich wie ein Stein fallen, fing sich selbst wieder ab und setzte zum Gleitflug an. In seiner Schräglage streifte er einen Baum mit einer seiner großen Schwingen. Sofort knickte der Flügel ein, und der Rokh verlor die Kontrolle. Es war eine Bruchlandung, und Dor wurde von seinem Sitz geschleudert.
Zerschrammt, aber ansonsten unverletzt, stand er auf. Der Rokh war nur noch ein Wrack: Beide Flügel waren gebrochen, so daß das Wesen jetzt völlig flugunfähig war. Wie sollte er jetzt noch rechtzeitig zurückkehren, um Hüpfer zu heilen? Wenn er zu Fuß ging, würde er unter günstigsten Umständen mindestens einen Tag brauchen. Mit zwei schweren Krügen beladen, würde es noch länger dauern. Immer vorausgesetzt, daß er unterwegs nicht von einem Greifer, einem Drachen oder sonst einem Ungeheuer gepackt wurde…
Er versuchte sich zu orientieren. Den Quell hatten sie verfehlt, aber auf dem Hügel war ein stolzer Baum – und er erkannte ihn sogar! »Dryade!« rief er und rannte auf ihn zu. »Erinnerst du dich noch? Ich bin’s, Dor!«
Keine Antwort. Plötzlich fiel ihm ein: Er lebte ja jetzt achthundert Jahre früher! Selbst wenn die Dryade hier schon leben sollte, würde sie ihn nicht in seinem gegenwärtigen Körper erkennen.
Enttäuscht stieg er wieder den Hügel
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