Zauber-Suche
Schwindel überkam ihn, doch das war keineswegs unangenehm. Im Gegenteil. Er fühlte sich plötzlich quicklebendig, kräftig und durchflutet von warmherziger Menschlichkeit. Das war aber wirklich sehr gutes Wasser!
Er ließ den Stoff wieder ins Wasser hängen, um ihn Chester bringen zu können. Das war zwar nicht gerade die wirkungsvollste Art der Flüssigkeitsaufnahme, aber wesentlich besser als gar nichts. Während er am Rande der Spalte lag, hörte er von neuem den Gesang. Es war eine Nymphe, die zwar mit ungeübter Stimme, aber dennoch sehr schön und freudevoll sang. Sie hörte sich sehr jung an, und ein angenehmer Schauer durchfuhr ihn.
Bink zog den Lappen wieder herauf und legte ihn auf den Höhlenboden. Dann nahm er die Laterne auf und folgte dem Klang der Stimme. Die Nymphe schien sich jenseits des Wassers zu befinden. Bald war Bink ans Ende des Seils gekommen, doch er band sich einfach los und ging weiter.
Als nächstes entdeckte er einen Lichtstrahl, der durch einen weiteren Riß im Fels drang. Die Sängerin befand sich offenbar in einer Höhle dahinter. Bink kniete lautlos nieder und spähte durch die Spalte.
Sie saß auf einem silbernen Schemel und beschäftigte sich mit einem Faß, das mit Edelsteinen angefüllt war. Ihr Licht brach sich tausendfach und schmückte bunt die Wände der Kammer. Es war eine typische Nymphe: hochgewachsen und barbeinig, mit einem winzigen Röckchen, das ihren strammen Po mit knapper Not bedeckte, gertenschlank, vollbusig und mit großen Augen in einem unschuldig dreinblickenden Gesicht. Ihr Haar stand dem Juwelenbottich an Glanz in nichts nach. Er war schon vielen Nymphen wie dieser begegnet, doch waren sie alle einander in ihrer Schönheit völlig gleich gewesen, so daß es schon langweilig gewesen war. Diese Nymphe war also nichts Besonderes, während ihre Edelsteine dagegen einen unglaublichen Schatz darstellten.
Und doch gönnte Bink den Juwelen kaum einen Blick. Wie gebannt blickte er hingegen die Nymphe an. Sie – er konnte es deutlich spüren, er war völlig hingerissen.
Was mache ich hier eigentlich? fragte er sich, Chester wartete durstig auf etwas zu trinken, so daß er hier nichts zu suchen hatte. Doch als Antwort seufzte er nur sehnsuchtsvoll.
Die Nymphe hörte es, unterbrach ihr Lied und blickte um sich, ohne ihn jedoch ausmachen zu können. Verwirrt schüttelte sie ihre mädchenhaften Locken und machte sich wieder an die Arbeit. Offenbar war sie zu der Meinung gelangt, einer Täuschung aufgesessen zu sein.
»Nein, ich bin doch hier!« rief Bink und war von seiner Reaktion selbst überrascht. »Hinter der Wand!«
Sie stieß einen herrlichen kleinen Schrei aus, sprang auf und floh. Das Faß kippte um und verstreute seine Edelsteine über den Boden.
»Warte! Lauf nicht davon!« rief Bink. Er hieb mit der Faust derart heftig gegen die Wand, daß der Stein brach. Er riß weitere Stücke heraus, bis der Spalt groß genug für ihn war, dann sprang er in die Kammer. Um ein Haar wäre er auf ein paar Perlen ausgerutscht, aber nach einem kurzen Tanz hatte er sich wieder gefangen.
Nun blieb er stehen, um zu lauschen. Er nahm einen seltsamen Geruch wahr, fast wie der nahe Atem eines angreifenden Drachens. Bink blickte nervös um, doch es war kein Drache zu sehen. Alles war still. Warum hörte er ihre Schritte nicht mehr?
Einen Augenblick später wußte er es. Wahrscheinlich war sie vor Angst geflohen, aber ihren Schatz würde sie wohl kaum unbewacht zurücklassen. Offenbar war sie hinter einer Ecke verschwunden und beobachtete ihn nun aus ihrem Versteck.
»Bitte, Fräulein«, rief Bink. »Ich will Ihnen nichts Böses. Ich möchte Sie nur –«
Umarmen, küssen –
Schockiert unterbrach er seinen Gedankenfluß. Er war schließlich ein verheirateter Mann! Was hatte er eine fremde Nymphe zu jagen! Er mußte zu Chester zurück, um dem Zentauren seinen Lappen voll Wasser zu bringen –
Wieder hielt er in seinen Gedanken inne. O nein!
Und doch hatte er keine Zweifel mehr, was seine plötzliche Empfindung anging. Er hatte aus einem Quell getrunken und sich in das erste Mädchen verliebt, das ihm begegnet war. Es mußte eine Liebesquelle gewesen sein!
Aber warum hatte sein Talent es dann zugelassen, daß er davon trank?
Die Antwort war geradezu schmerzlich offensichtlich. Er wünschte, daß er die Frage gar nicht erst gestellt hätte. Sein Talent kümmerte sich nicht um seine Gefühle oder um die anderer. Es schützte ihn nur körperlich, persönlich. Es mußte
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