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Zauber-Suche

Titel: Zauber-Suche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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blickte ihn mit plötzlicher Entschiedenheit an. »Bink, erinnerst du dich an unsere erste Begegnung?«
    Er lachte. »Als ob ich die vergessen könnte! Du warst so schön und verschmiert, fast so verschmiert, wie wir es jetzt beide sind! Und ich hatte gerade den Trank –« Achselzuckend brach er ab, weil er nicht schon wieder über diesen peinlichen Vorfall reden wollte. »Weißt du, fast tut es mir leid, daß es jetzt vorbei ist. Du bist wirklich eine schrecklich liebe Nymphe, und ohne deine Hilfe –«
    »Damals hast du mich geliebt und ich dich nicht«, sagte sie. »Du warst gerissen, und ich war dumm. Du hast mich angelockt, mich gepackt und geküßt.«
    Bink scharrte unruhig mit den Füßen. »Es tut mir leid, Juwel. Ich … es wird nicht wieder vorkommen.«
    »Das glaubst du!« sagte sie, warf die Arme um seinen Hals und gab ihm einen Kuß auf den halb geöffneten Mund. So schmutzig sie auch war, war es doch eine bemerkenswerte Erfahrung, und fast glaubte er den Zwang des Liebestranks wieder zu spüren. Vorher hatte er sie geliebt, ohne sie zu kennen. Nun kannte er sie und verstand ihre nymphische Beschränkung und achtete sie dafür, daß sie so angestrengt versuchte, über ihren eigenen Schatten zu springen. Und er mochte sie mehr, als schicklich war. Unter der künstlichen Liebe hatte sich eine echte Zuneigung entwickelt, und diese Zuneigung hatte Bestand. Was würde Chamäleon wohl denken, wenn sie diese Umarmung gesehen hätte?
    Juwel ließ ihn wieder los. »So dreht sich das Karussell«, sagte sie. »Ich bin komplizierter als noch vor ein paar Stunden, und du bist simpler geworden. Und jetzt mach, daß du raufkommst!«
    Was sie wohl damit meinte? Verwundert beschwerte Bink das Seil mit einem großen Stein und warf es in Richtung Wurzelstamm. Er verfehlte sein Ziel, weil das Seil so schwer war. Er versuchte es erneut, doch immer noch war das Seil zu schwer. Schließlich machte er aus dem Seil ein Knäuel, das er emporwarf. Es fiel wieder herunter – ohne über die Wurzel gefallen zu sein. Doch das war schon ein Fortschritt, und nach mehreren Versuchen hatte er endlich Erfolg. Der Stein fiel herab und riß das Seil mit sich, es verhakte sich, doch mit einem scharfen Ruck hatte Bink schließlich auch diese Schwierigkeit überwunden. Dann knotete er die beiden Enden zusammen und erhielt so eine Schlaufe, die klettersicher war.
    »Ich werde zuerst emporklettern, dann kannst du dich in die Schlaufe setzen, und ich ziehe dich hoch«, sagte er. Er wußte, daß sie zu schwach war, um aus eigener Kraft emporzuklettern.
    »Laß die Fackel hoch aufflackern, damit die Kobolde fernbleiben.«
    Sie nickte. Bink atmete mehrmals tief durch und merkte, wie dies seinem ermüdeten Körper neue Kräfte zuführte. Dann packte er das Seil und begann mit dem Aufstieg.
    Der Anfang war angenehmer, als er erwartet hatte, doch schon bald wurde es wesentlich schlimmer. Seine ohnehin schon müden Arme erlahmten sehr schnell. Er umklammerte das Seil mit beiden Beinen, um seine Arme auszuruhen, die sich auch zögernd erholten. Wenn er jetzt doch etwas Heilelixier gehabt hätte! Aber Juwel wartete – genau wie die Ratten und Kobolde. Er durfte keine Zeit verschwenden. Mit immer kleiner werdenden Klimmzügen zog er sich mühsam empor. Sein Atem ging schwer, und seine Arme fühlten sich an wie mit Wasser vollgesogene Holzstämme, doch er gab nicht auf.
    Plötzlich – es war wie ein Wunder – war er oben. Vielleicht war sein Verstand von der unablässigen Anstrengung auch etwas abgestumpft und erwachte nun zu neuem Leben. Er umklammerte die große, etwas pelzige Wurzel. Nie hätte er sich träumen lassen, daß er einmal froh sein würde, einen Gewirrbaum umarmen zu dürfen!
    Er warf ein Bein hoch, verfehlte sein Ziel, merkte, wie er stürzte. Fast eine Erleichterung, dieser freie Fall! Doch das Seil war auch noch da, und er umschlang es keuchend. Nur noch eine kurze Strecke, und doch – was für eine Anstrengung!
    Oben an der Spitze befand sich ein Knoten. Bink stemmte die Beine dagegen, um sich mit seinen relativ erholten Beinmuskeln emporzustemmen. Irgendwie gelang es ihm, um die Wurzeln herumzuklettern. Jetzt sah er, daß sich unter der pelzigen Schicht rauhe Rinde verbarg, an der man sich gut festhalten konnte. Er packte zu und gelangte schließlich auf die Oberseite, wo er ermattet nach Luft japste. Er war sogar zu erschöpft, um erleichtert zu sein.
    »Bink!« rief Juwel von unten. »Bist du in Ordnung?«
    Das rüttelte ihn auf.

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