Zauber-Suche
Seine Arbeit war noch lange nicht zu Ende!
»Das sollte ich eigentlich dich fragen! Halten die Ratten sich zurück? Kannst du dich in die Schlaufe setzen, damit ich dich hochziehe?« Er wußte zwar nicht, wie er das in seinem gegenwärtigen Zustand schaffen wollte, aber das konnte er ihr schlecht sagen.
»Ich bin nicht in Ordnung. Ich komme nicht mit hoch.«
»Juwel! Pack endlich das Seil! Wenn du das andere Ende hinter dir hochziehst, können die Ratten dich nicht erreichen!«
»Es sind nicht die Ratten, Bink. Ich habe mein ganzes Leben hier unten gelebt. Ich kann mit Ratten umgehen und zur Not sogar mit Kobolden, solange ich mein Licht habe. Du bist das Problem. Du bist ein attraktiver Mann.«
»Ich? Das verstehe ich nicht.« Doch das stimmte nicht ganz: Sie meinte keineswegs seine derzeitige Verfassung, in der er sicherlich noch häßlicher sein mußte als Chesters Gesicht (ach, der edle Zentaur – in welchem Zustand mochte er sich wohl befinden?). Die Zeichen waren deutlich genug gewesen, er hatte sich einfach nur geweigert, sie wahrzunehmen.
»Als du den Liebestrank eingenommen hast, da bist du ein ehrlicher Mensch geblieben«, rief Juwel ihm zu. »Du warst stark, stärker als jede Nymphe es sein kann. Du hast den Trank niemals als Entschuldigung benutzt, um deine Suche abzubrechen oder deine Freunde zu verraten. Ich habe diese Ehrlichkeit bewundert und versucht, ihr nachzueifern. Die einzige Ausnahme war der Kuß, den du gestohlen hast, und den habe ich mir zurückgeholt. Ich liebe dich, Bink, und jetzt – «
»Aber du hast doch nie von diesem Trank getrunken!« protestierte er. »Und selbst wenn, die Magie ist doch verschwunden –«
»Nein, ich habe nie davon getrunken«, stimmte sie ihm zu. »Deshalb konnte der Verlust der Magie mir auch nicht meine Liebe nehmen. Ich wurde gezwungen, aus meiner nymphischen Unschuld herauszuwachsen. Jetzt sehe ich, wie die Dinge wirklich sind, und ich weiß, daß es für mich kein Gegenmittel gibt außer der Zeit. Ich kann nicht mit dir kommen.«
»Aber da unten gibt es doch kein Leben für dich!« rief Bink erschüttert. Seine Liebe zu ihr war magischer Art gewesen, doch ihre zu ihm war wirklich. Ihre Liebe war besser, als die seine je gewesen war. In der Tat, ihre Nymphenzeit war wohl vorbei.
»Irgendwie muß sich doch eine Lösung finden –«
»Die gibt es auch, und ich werde sie wählen. Als ich sah, wie du mich opfertest, als der Zauber auf dir lag, wußte ich, daß es völlig hoffnungslos sein würde, wenn alles vorbei wäre. Es ist eine Ironie des Schicksals, daß meine Liebe zu dir nur dann erblüht ist, als du mich aufgegeben hast, eben weil du es getan hast. Denn du bist dabei deinen Prinzipien und deinen früheren Verpflichtungen treu geblieben. Das werde ich nun auch tun. Lebwohl, Bink!«
»Nein, nicht!« rief er. »Komm da unten raus! Es muß noch eine bessere Möglichkeit geben –«
Doch da rutschte das Seil bereits herunter und glitt über die Wurzeln hinweg. Sie hatte die Schlaufe unten wieder aufgeknüpft und zog das Seil nun in die Tiefe. Er wollte danach greifen – zu spät. Das Ende des Seils glitt über die Wurzel und fiel in die Dunkelheit hinab.
»Juwel!« schrie er. »Tu das nicht! Ich liebe dich zwar nicht, aber ich mag dich doch. Ich –« Aber das war eine Sackgasse. Sie hatte recht: Selbst als er sie geliebt hatte, hatte er gewußt, daß er sie nie besitzen würde. Und daran hatte sich nichts geändert.
Er erhielt keine Antwort aus der Tiefe. Die Nymphe hatte sich für den ehrenhaften Weg entschieden und war allein davongegangen, hatte ihn freigegeben. Er hätte an ihrer Stelle ebenso gehandelt.
Es blieb ihm nichts mehr übrig, als nach Hause zurückzukehren. »Lebwohl, Juwel!« rief er und hoffte, daß sie ihn noch hören konnte. »Du hast zwar nicht meine Liebe, aber meine Achtung. Du bist eine Frau geworden.«
Er hielt inne und lauschte, doch es war nichts mehr zu hören. Schließlich erhob er sich von der Wurzel und blickte sich um. Er befand sich in einer tiefen Erdspalte, die er nun als Teil der großen Spalte erkannte, die das Land Xanth in zwei Hälften teilte. Der Baum war unten in der Spalte verwurzelt, reichte aber bis an die Oberkante, und einer seiner Zweige wuchs über den Rand der Schlucht hinaus. Ohne Magie konnte man gefahrlos an ihm emporklettern. Das ganze Gebiet war jetzt frei von magischen Bedrohungen. Jetzt konnte er in einem Tag den Palast des Königs erreichen.
Er erblickte einige Käfer, die mit
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