Zauber-Suche
entschied der König. »Trotzdem, Sie haben mir etwas zum Nachdenken gegeben. Vielleicht besteht ja doch noch Hoffnung für mich! Bis dahin werde ich es jedenfalls nicht dulden, daß die Königin das Äußere meiner Frau annimmt. Vielleicht blamiere ich mich ja nur, wenn ich es versuche und dabei scheitere, aber –«
»Schade, daß Ihr Euch nicht selbst verwandeln könnt«, sagte Bink. »Dann könntet Ihr Eure Männlichkeit auf die Probe stellen, ohne daß jemand davon erführe.«
»Die Königin würde es merken. Und ich kann es mir nicht leisten, bei ihr eine Schwäche zu zeigen. Sie würde sich mir überlegen fühlen und erkennen, daß das, was wie eiserne Selbstbeherrschung aussieht, in Wirklichkeit Impotenz ist. Das könnte viel Ärger geben.«
»Könntet Ihr es vielleicht, äh, mit anderen Frauen versuchen? Wenn Ihr dann scheitern solltet –«
»Nein«, sagte der König entschieden.
»Die Königin ist zwar nicht meine große Liebe, aber sie ist meine legale Ehefrau. Ich werde sie nicht betrügen, ebensowenig wie jeden anderen Untertan meines Reiches, weder hierbei noch sonst.«
Ja, darin zeigte sich die Größe seines Edelmuts! Und doch würde die Königin ihn vermutlich betrügen, wenn sie eine Möglichkeit dafür sähe und wüßte, daß er impotent war. Dieser Gedanke gefiel Bink nicht. Er hatte die Herrschaft König Trents immer als Beginn eines Goldenen Zeitalters gesehen. Doch auf welch tönernen Füßen dieses Gebäude stand!
Dann hatte er einen neuen Einfall. »Eure Erinnerung an Eure Frau ist ja nicht nur die Erinnerung an sie, sondern auch an Euch selbst. An Euch selbst, als Ihr glücklich wart. Ihr könnt mit keiner anderen Frau zusammensein oder eine andere Frau so aussehen lassen wie sie. Doch wenn zwei andere Leute sich lieben – ich meine die Königin und ein Mann, der Euch nicht gleicht –, so würde doch keine Erinnerung befleckt werden, nicht wahr? Wenn die Königin also Euer Aussehen verändern würde –«
»Das ist ja lächerlich!« bellte der König.
»Ja, wahrscheinlich«, sagte Bink. »Ich hätte es nicht erwähnen sollen.«
»Ich werde es versuchen.«
»Tut mir leid, Euch belästigt zu haben. Ich –« Bink unterbrach sich. »Ihr wollt es versuchen?«
»Ich weiß, daß meine fortgesetzte Bindung an meine verstorbene Frau und an meinen Sohn objektiv gesehen unvernünftig ist«, sagte der König. »Dadurch werde ich in der Ausübung meines Amtes behindert. Vielleicht würde ein unvernünftiger Umweg das ausgleichen. Ich werde mir von Iris die Gestalt eines anderen Mannes verleihen lassen, und sie wird eine andere Frau sein, so daß wir es als Fremde miteinander versuchen können. Ich möchte Sie nur um die Höflichkeit der Diskretion bitten, Bink.«
»Ja, natürlich, auf jeden Fall«, sagte Bink verlegen. Er hätte es vorgezogen, wenn der König keinerlei menschliche Schwächen gehabt hätte, obwohl er ihn paradoxerweise doch gerade wegen dieser Schwächen respektierte. Doch er wußte, daß dies eine Seite des Königs war, die niemand sonst zu sehen bekam. Bink war ein Vertrauter, so unbequem diese Stellung manchmal auch sein konnte.
»Ich … äh, ich wollte Millies Gebeine suchen. Sie müßten irgendwo hier in der Bibliothek sein.«
»Bitte, bitte. Setzen Sie Ihre Suche fort. Ich werde die Königin aufsuchen.«
Der König erhob sich abrupt und ging.
Einfach so! Wieder wunderte er sich über den Eifer, mit dem der Mann ans Werk zu gehen pflegte, wenn er erst einmal zu einem Entschluß gekommen war. Doch das gehörte zu seinen Herrscherfähigkeiten, etwas, was Bink abging.
Bink musterte die Bücher. Plötzlich kam ihm der Gedanke, daß Millies Skelett vielleicht in ein Buch verwandelt worden war. Das würde auch erklären, wieso es jahrhundertelang unbeachtet geblieben war und wieso Millie sich hier so häufig aufzuhalten pflegte. Meistens schwebte sie an der Südmauer. Die Frage war nur: welches Buch?
Er schritt die dichtgefüllten Regale entlang und las die Titel auf den Buchrücken. Es war eine ausgezeichnete Bibliothek mit Hunderten von Werken. Wie sollte er da das richtige finden? Und selbst wenn ihm dies gelänge, wie konnte man seinen Urzustand wiederherstellen? Zuerst müßte man es wieder in ein Skelett zurückverwandeln – und das war Magie von Magierformat. Immer wieder traf er auf dieses Problem: Es war hier einfach zuviel Magie im Spiel! Soweit er wußte, lebte heute kein Magier, der tote Gegenstände verwandeln konnte. Also schien Millies Problem doch
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