Zauberhaft verliebt: Roman (German Edition)
»Heirat mit vierzig, Mutter mit zweiundvierzig, geschieden mit fünfundvierzig. Keine tolle Erfolgsbilanz, aber schließlich hat alles Schlechte irgendwo auch sein Gutes, nicht wahr?«
»Äh, ja, wahrscheinlich schon. Aber, hattest du denn zuvor, ähm, keinen einzigen Freund?«
Poll schüttelte den Kopf. »Dennis war mein erster – und letzter – Versuch in Sachen Beziehung. Ach je, wahrscheinlich sollte ich besser am Anfang anfangen. Weißt du, meine Eltern waren nicht mehr ganz jung, als sie sich kennenlernten, und schon mehr als zwanzig Jahre verheiratet, als ich zur Welt kam. Anders als bei meinem eigenen Hineinstolpern in ungeplante späte Mutterschaft war meine Ankunft für die beiden die totale Katastrophe. Sie wollten mich nicht.«
Ella zuckte zusammen.
Poll füllte ihre Saftgläser auf. »Ach, schau doch nicht so entsetzt. Das ist schon lange her. Ich nehme an, meine Mutter dachte, sie wäre schon in der Menopause. Genau weiß ich es nicht – über solche Dinge haben wir nie gesprochen. Sie waren sowohl geistig wie auch körperlich alt, als ich zur Welt kam. Und ich bin in einem sonderbaren, düsteren, strengen und lieblosen Elternhaus groß geworden. Dann wurden sie krank. Und ich war ihre Pflegerin. Von der Zeit an, als ich mit sechzehn Jahren die Schule verlassen habe, bis sie dreiundzwanzig Jahre später gestorben sind. Ich hatte nie einen Beruf – oder ein eigenes Leben.«
Ella schluckte. Arme, arme Poll. Was für eine grauenhaft traurige Geschichte. Was für ein scheußlich unglückliches Leben. Kein Wunder, dass sie es von Grund auf ändern wollte.
»Ähm«, sagte Ella und senkte die Stimme, als George seinen Konvoi kleiner Laster stehen ließ und mit einem »Thomas, die kleine Lokomotive«-Malbuch sowie einer Hand voller Buntstifte zum Tisch heraufkletterte, »das ist ja wirklich grauenhaft. Und es tut mir unheimlich leid, aber warum hast du denn nach all diesem Elend jemanden geheiratet, den du kaum kanntest?«
»Weil ich geliebt werden wollte, ich hatte nie Liebe erfahren. Und ich dachte, einen Ehemann zu haben, sei eine Garantie dafür. War es aber nicht.«
Ella seufzte. Polls Lebensgeschichte wurde ja zu einem echten Tränendrücker. Die Arme. »Aber du hättest doch sicher auch, tja, einfach anfangen können, auszugehen und Leute kennenzulernen und dich zu verabreden?«
»Ich war neununddreißig. Ich hatte keine erlebnisreichen Teenagerjahre. Keine Ausprobierzeit. Ich hatte keine Ahnung, wie man zu einem Rendezvous kommt oder mit Männern ein Gespräch anfängt oder so was. Meine einzige Freundin Marie hat das Speed-Dating als witzigen Weg vorgeschlagen, wie ich leicht einen Mann kennenlernen könnte.« Poll lachte. »Arme Marie. Sie war entsetzt, als ich ihr erzählt habe, dass ich Dennis – meine erste Begegnung beim Speed-Dating – heiraten würde.«
»Mensch, das kann ich mir vorstellen. Und ich kann auch verstehen, warum du – unter den gegebenen Umständen – dich Hals über Kopf darauf eingelassen hast. Aber wieso hat Dennis …«
»Ach, Dennis ist zum Speed-Dating und hat mich geheiratet, weil er einfach keine Zeit für geselligen Umgang mit Frauen hatte. Er hatte immer viel zu viel zu tun. Dennis war in einer Lebensphase angelangt, in der er einfach ein nettes, gefügiges, anspruchsloses Jasager-Weibchen wollte, das dafür sorgte, dass sich seine freie Zeit angenehm gestaltete.«
»Und da warst du die Richtige?«
»Tja, Liebe war es ganz bestimmt nicht.« Poll seufzte. »Aber zumindest haben wir beide geglaubt, wir hätten gefunden, wonach wir suchten. Natürlich wurden wir beide bitter enttäuscht.«
Oh Gott … Ella kratzte ihr restliches Rührei zusammen. Wie grässlich. »Aber immerhin hat deine Ehe dir George und dieses herrliche Haus beschert.«
»George ja.« Poll nickte, schob sich das widerspenstige Haar hinter die Ohren und half George beim Ausmalen einer kniffligen Stelle. »Und George brachte das bedingungslose Lieben und Geliebtwerden, nach dem ich mich immer gesehnt hatte. Aber nicht das Haus. Hideaway Farm gehört allein mir. Ich habe alles selbst bezahlt. Dennis hatte keinerlei Anspruch darauf. Dennis hat seine Firmenwohnung in der Stadt behalten. An den Wochenenden war er hier oder wann immer er nach unserer Heirat in England war, aber er hat dieses Haus gehasst. Es war nie sein Heim; Hideaway war immer meins.«
Mannomann … Ella schob eine Scheibe Toast auf ihrem Teller hin und her, da hatte sie ja ganz schön falsche Schlussfolgerungen
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