Zauberhafte Versuchung
plötzlich ein völlig anderer Gedanke: Er erzählte ihr das alles nur mit der Absicht, eine Barriere zwischen ihnen zu errichten. Ihre erotischen Avancen waren ihm zu weit gegangen und zu einer Belästigung für ihn geworden. »Warum bist du eigentlich noch hier bei mir?«, fragte sie ihn.
»Weil ich herausfinden muss, wie ich diesen verdammten Goldreif von deinem Arm entfernen kann, um ihn und die anderen in die Schatulle zurückzulegen, bevor ich sie bei Solomons abliefere.«
Esme spürte, wie sich ihre Nasenflügel blähten. »Mit anderen Worten, ich bin nichts als eine Unannehmlichkeit für dich. Und du bist nur ein Schatzjäger?«
»Wenn du mich so sehen willst.« Sein Ton war arrogant, aber seine Augen sagten etwas ganz anderes. Etwas Düsteres, Gehetztes war darin zu lesen, als ginge es bei dieser Sache um etwas weitaus Ernsteres als den Diebstahl von Antiquitäten und das Zusammentragen eines Vermögens. Ein tiefer Schmerz sprach aus seinem Blick. Er hatte von einem Dach über dem Kopf und von dem Geld gesprochen, das man dafür brauchte. Vielleicht war er nicht immer so reich gewesen.
Esmes Herz verkrampfte sich, und so gern sie jetzt auch schlecht von ihm gedacht hätte und ärgerlich sein wollte, war sie dazu nicht imstande.
Sie seufzte schwer. »Dann sag mir, wen ich sehen soll, wenn ich dich ansehe.«
Fieldings Lippen waren nur ein schmaler, dünner Strich.
Er schien es ihr nicht sagen zu wollen, aber wenn sie ein bisschen in ihn drang ... »Als Viscount, sollte man meinen, müsstest du über ein ausreichendes Familienvermögen verfügen, um angenehm zu leben. Aber vielleicht hat deine Familie irgendwann einmal schwere Zeiten durchgemacht?«
Fielding sprang auf. »Sei nicht so naiv, Esme. Es gibt überall in diesem Land Aristokraten, die außer ihrem blauen Blut nichts haben.« Er wandte sich von ihr ab und ging zur Tür. »Ich gehe jetzt aus und werde erst in einigen Stunden wieder da sein.« Und damit verschwand er auch schon in der Eingangshalle.
Esmes Magen zog sich zusammen. Das war nicht gut gelaufen. Fieldings Leben ging sie gar nichts an. Es war nicht seine Schuld, dass sie zusammen in diesem Dilemma steckten. Vielleicht hätte sie ihm nicht so viele Fragen stellen sollen.
Mit ihrem Versuch, ihm näher zu kommen und ihn zu verstehen, hatte sie ihn vielleicht zu weit getrieben.
Das offene Fenster ging auf einen üppig blühenden Garten hinaus. Schmetterlinge flatterten von einer farbenfrohen Blüte zur nächsten, und in den Bäumen zwitscherten die Vögel. Was für ein friedlicher Kontrast zu ihren derzeitigen Gefühlen!
Fielding glaubte offensichtlich nicht, dass sie ihm bei ihrem gegenwärtigen Dilemma helfen konnte, ja, sie hatte sogar den Eindruck, dass er glaubte, sie machte es nur noch schlimmer. Er würdigte weder ihr Wissen über die Schatulle noch die Bücher, in denen darüber geschrieben stand. Und zu allem Übel hatten weder ihr Wissen noch ihre Bücher ihre Fragen zu beantworten vermocht.
Aber sie konnte ihm beweisen, dass sie noch mehr zu bieten hatte. Sie musste ihm ihre Nützlichkeit vor Augen führen. Ihm zeigen, was für eine wertvolle Partnerin sie war.
Während er aus dem Haus war, würde sie sich noch einmal die Bücher vornehmen, um zu sehen, ob sie nicht doch einen Hinweis darauf fand, wie dieser verflixten Armreif sich entfernen ließ. Im Recherchieren und Lösen von Rätseln war sie schon immer ganz besonders gut gewesen. Es gab also keinen Grund, warum sie die nötige Information nicht finden sollte. Und da Fielding sie allein gelassen hatte, würde sie auch in der Lage sein, sich voll und ganz auf ihre Aufgabe zu konzentrieren, statt sich von seiner Nähe ablenken zu lassen.
Einerseits freute es sie, eine körperliche Reaktion bei ihm hervorzurufen, weil es ihr das Gefühl gab, eine attraktive und begehrenswerte Frau zu sein. Mit diesem Gedanken schlug Esme das erste Buch auf und überflog die Seiten. Sie wäre eine Lügnerin, würde sie behaupten, sie sei ganz und gar bereit, den Armreif abzulegen ...
Aber sie wusste, dass Männer keine Frau wollten, die einen eigenen Willen oder eine eigene Meinung hatte. Sie wollten hübsche kleine Dinger, die schön brav an ihrer Seite saßen und zu allem Ja und Amen sagten. Ihre Mutter hatte sie gewarnt und sie wiederholt ermahnt, sie müsse lernen, ihre Zunge in Zaum zu halten.
Eine Zeit lang hatte Esme das auch versucht, war zu Bällen und Soireen gegangen, hatte freundlich gelächelt und versucht, sich in
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